Kapitel 27 - Hand in Hand

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Evelyn

Wahrscheinlich war ich einfach zu kaputt. Zu erschöpf. Zu erledigt, als dass ich hätte mit ihm streiten können. Ich meine, wer war ich schon, wenn ich mich mit einem Schwerverletzten anlegte, welcher gerade um sein Leben kämpfte oder es zu mindestens noch vor ein paar Stunden getan hatte?

Unabhängig davon, was zwischen uns gelaufen war oder wie ich oder besser gesagt wir zueinander standen aber ich gab ihm nach. Ich war kraftlos und völlig am Ende. Dementsprechend hatte ich auch nicht die Motivation mich jetzt noch mit ihm zu befassen oder darüber nachzudenken, was das für Konsequenzen mit sich ziehen würde.

Ich war einfach zu müde und sah nur noch das eine vor meinem inneren Auge. Ich kehrte daher um und zog den Stuhl von seinem Bett weg. Mit der Hoffnung ihn irgendwie bequem positionieren zu können, sodass ich morgen nicht als völliges Wrack aufwache.

Ich setzte mich also auf meinen Hintern und bewegte mich unschlüssig hin und her. „Was machst du?" Seine leise und kratzige Stimme ließ mich zu ihm aufschauen. „Wonach sieht es denn aus? Ich versuche zu schlafen. Irgendwie." Er schüttelte den Kopf, während sich seine Mundwinkel nach oben bewegten.

Doch kurz darauf zischte er auf und wollte seine Hand in die Richtung bewegen, was ich mit einer schnellen Bewegung verhindern konnte. „Keine gute Idee. Versuch einfach dich so wenig, wie möglich zu bewegen." Er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an.

Bis sein Blick zu unseren Händen wanderte, welche immer noch einander festhielten. Ich riss mich schnell von diesen los, was ihn leicht verärgert knurren ließ. Doch kurz darauf bewegte er sich mit schmerzverzerrten Gesicht auf der Liege umher, was mich nur die Augen rollen ließ.

„Hast du mir gerade nicht zugehört? Du sollst dich nicht bewegen." Doch er zischte nur verärgert auf, ehe er sich weiter links im Bett positioniert hatte. „Ich bin kein Weichei Evelyn. Ich weiß, was ich mir zumuten kann und was nicht." Er blickte in meine Richtung und zwinkerte mir zu, was mich erneut die Augen rollen ließ.

„Alphas und ihre sture Verbissenheit es anderen beweisen zu wollen. Was sollte die Aktion überhaupt?" Er sah zwischen mir und der Lücke auf seinem Bett hin und her, was ich mit einem verwirrten Kopfschütteln kommentierte. „Du spinnst, also wirklich. Ich glaube die Schmerzmittel tun dir nicht gut." Jetzt rollte er mit den Augen.

„Wenn du schon nicht mit in das Bett willst, dann lehn dich wenigstens an das Bett an." Ich wusste selbst nicht, warum ich immer noch damit beschäftigt war mir zu überlegen, wie ich die Nacht hier verbringen könnte, ohne am nächsten Tag gerädert aufzuwachen, anstatt einfach in mein Zimmer zu gehen.

Aber hier stand ich nun und wägte meine Möglichkeiten ab, ehe ich mich seufzend auf den Stuhl fallen ließ und ihn näher an das Kopfteil seines Bettes zog. Er konnte sich ein schmunzeln natürlich nicht verkneifen und sah mich abwartend an.

„Hey, denk ja nichts Falsches. Ich will morgen nur kein herumlaufender Zombie sein. Außerdem ist das hier die Grenze. Kapiert?" Ich deutete auf die unsichtbare Linie, welche ich soeben gezogen hatte. „Chinesische Mauer, du verstehst? Meine Seite, deine Seite."

Ich deutete auf die jeweiligen Stellen und sah ihn warnend an. Doch er lächelte mich weiterhin blöd an und nickte mir mehr oder weniger zustimmend zu. „Wenn du es sagst." Ich nickte zögerlich, ehe ich meinen Kopf auf dem zweiten Kissen bettete, was er mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte.

Ein echter Gentleman, wenn ihr mich fragt. Findet ihr nicht auch? Überlässt mir eines seiner zwei Kissen, wie überaus gütig von ihm. Der arme wird sich morgen vor Nackenschmerzen gar nicht aufrichten können. So etwas ist er schließlich nicht gewöhnt.

Die Bürde einer Werwölfin zu tragenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt