Kapitel 49 - Entkräftet

2.2K 126 5
                                    

Evelyn

Zwei Wochen sind seit meiner Rückkehr vergangen und auch wenn es mir schwer fällt das zuzugeben aber wirklich besser ging es mir dadurch nicht. Mein Herz pochte immer noch schmerzhaft in meiner Brust. Jede Bewegung war geprägt durch Anstrengung, Muskelschmerzen und Kraftlosigkeit.

Ich fühlte mich als würde ich auf mein Ende zugehen. Ich hatte weder die Kraft mein Zimmer zu verlassen, noch die Energie überhaupt irgendetwas zu tun. Essen war zu einer Qual geworden, ich lag den ganzen Tag im Bett und stand nur auf, um zur Toilette zu gehen.

Auch Hunter fielen diese Veränderungen an mir auf, weswegen er mich weiterhin bei sich wohnen ließ, um ein Auge auf mich zu haben und um wahrscheinlich zu verhindern, dass ich vollends den Geist aufgab und das zeitliche segnete. Aber soweit wollte ich noch nicht denken. Ich konnte es auch gar nicht. Denn ich würde einen Teufel tun von der Erde zu verschwinden, ohne zu wissen ob Axton wirklich mein Gefährte war.

Vielleicht war das auch der Grund, warum ich schon drei Bücher über die Gefährtenverbindung verschlungen habe. Schenkt man den dort geschriebenen Wörtern glauben, so durchlebe ich gerade einen Entzug von meinem Seelenverwandten. Natürlich mit allen bekannten und überhaupt möglichen Nebenwirkungen die es gibt.

Aber in Angesicht der Tatsache, dass sich ein Teil meiner Seele gerade abspaltet, vielleicht auch ein bisschen verständlich. Immerhin ist unsere Seele der Bestandteil unseres Körpers, der für unser Fühlen, Empfinden und Denken verantwortlich ist. Was würde also von mir übrig bleiben, wenn sich genau dieser Part von meinem Körper gelöst hat? Würde eine leere Hülle zurückbleiben?

Ein Körper, welcher nur noch existiert und nicht mehr lebt? Ich schloss frustriert die Augen als Hunter plötzlich meine Aufmerksamkeit erregte. „Lynn, es ist jetzt schon das siebtzehnte Mal, dass er hier anruft. Ich habe wirklich besseres zu tun als deinen Gefährten ständig zu vertrösten. Das muss aufhören!" Ich sah ihn mit leeren Augen und ein wenig perplex an.

„Dann vertröste ihn. Sag ihm, dass es mir gut geht, du aber nicht weißt, wo ich bin. Dass ich noch Abstand brauche." Er setzte eine wütende Miene auf. „Ich werde den Alpha des Blackwood Rudels sicher nicht anlügen! Nachher fliegt noch alles auf und er erklärt mir und dem Rudel den Krieg, weil wir eine Flüchtige vor ihm versteckt haben."

Ich prustete empört meine Wange auf, ehe ich versuchte aufzustehen, um mich ihm gegenüber zu behaupten. Doch leider ging mein Versuch nach hinten los, denn sobald meine Füße den Boden erreicht hatten, knickte ich um, ehe Hunter mich stützen konnte und ich in mir zusammenbrach.

„Okay, das war es jetzt! Du bist völlig am Ende! Dein Körper ist entkräftet und du kannst dich nicht mal hinstellen, so schwach bist du. Du wirst dich jetzt von einem Arzt untersuchen und behandeln lassen!
Danach isst du etwas und wenn ich es dir persönlich in den Mund schieben muss! Im Anschluss sprechen wir über die Zukunft. Das ist ein Befehl!

Denn so kann das nicht weitergehen! Hast du mich verstanden?" Ich kräuselte die Lippen, nickte ihm aber kaum erkenntlich zu. Eine andere Wahl hatte ich schließlich nicht. „Wenn du das sagst. Aber glaub nicht, dass ich damit einverstanden bin." Ich ließ ihn mich weiter stützen, während er mich aus seiner Wohnung begleitete und in Richtung Ärztehaus brachte.

„Was erhoffst du dir eigentlich von diesem Besuch? Ich kann dir schon jetzt sagen, was der Arzt "herausfinden" wird." Ich deutete mit meinen Fingern Anführungszeichen an. „Ich weiß auch, was er sagen wird! Und da du nicht auf mich hörst, hoffe ich, dass du wenigstens seine Meinung ernst nimmst." Ich rollte mit den Augen und schnaufte genervt aus.

„Ich hatte dir doch bereits gesagt, dass er mich nicht bei sich haben will! Das hat er mir direkt und ohne Umschweife mitgeteilt! Also warum sollte ich wohin zurück, wo meine Anwesenheit nicht erwünscht ist." Hunter schnaubte ebenso genervt aus. „Dann erklär mir doch mal, warum er mich immer noch ständig anruft, in der Hoffnung etwas über dich herauszufinden!" Ich ließ einen kleinen Schrei los und stampfte wütend mit dem Fuß auf.

Die Bürde einer Werwölfin zu tragenWhere stories live. Discover now