Kapitel 31 - Abwarten

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Axton

Ich wachte am nächsten Morgen leicht erschöpft auf und streckte mich ausgiebig, ehe ich ein Ziehen in meiner Brust spüren konnte, welches mich nach unten blicken ließ. Ich hatte noch die Kleidung von gestern an, bis auf das T-Shirt und ein großes Pflaster auf meinem Brustbereich.

Ich schüttelte leicht den Kopf und dachte an den vergangenen Tag als ich mir der letzten Nacht wieder bewusst wurde. Ich fuhr mir durch die Haare und setzte mich vorsichtig auf, bevor ich ausgiebig gähnte und in das angrenzende Badezimmer lief.

Ob ich es bereute, was ich letzte Nacht gesagt oder getan hatte? Ja und nein. Ich wollte sie. Mehr als alles auf dieser Welt. Sie war, nein ist meine Gefährtin und gehört zu mir. Vielleicht bereute ich, mich ihr so präsentiert zu haben. So verletzlich.

Aber meine Absichten waren immer noch die Gleichen. Ich will sie an meiner Seite. Will den Rest meines Lebens mit ihr verbringen. Ihr die Welt zu Füßen legen. Sie wie die Königin behandeln, die sie ist. Ich will sie ganz für mich allein haben.

Ich blickte verträumt in den Spiegel vor mir, während ich anfing meine Zähne zu putzen. Seit ich sie getroffen hatte, hatte sich etwas in mir verändert. Ich hatte mich verändert. Im Gegensatz, zu noch vor ein paar Monaten, schienen meine Augen mittlerweile zu leuchten.

Meine Haltung wirkte selbstbewusster und selbstsicherer. Ich hatte weniger schlechte Laune und fühlte mich meinem Wolf so verbunden, wie noch nie. Alles in meinem Leben schien endlich einen Sinn zu ergeben.

Meine Existenz schien plötzlich nicht mehr so belanglos, wie ich es immer gedacht hatte. Ich hatte endlich eine Aufgabe, welche nicht mein Rudel betraf. Meine Gefährtin zu beschützen. Sie zu lieben aber auch sie glücklich zu machen. Ihr ein Leben zu schenken, von welchem sie immer geträumt hatte.

Das Problem war nur, wie machte ich jemanden glücklich, den ich eigentlich kaum kannte und der niemanden an sich heranlässt? Der sich vor der Außenwelt verschließt. Ich meine klar, ich wusste das offensichtliche. Das, was jeder über sie erfuhr, nachdem er ein paar Wörter mit ihr gewechselt hatte.
Vielleicht kannte ich auch noch ein paar Hintergrundinformationen, welche mir zukünftig hilfreich sein könnten.

Doch ich wollte noch so viel mehr über sie erfahren. Ich wollte, dass sie mir ihre Vergangenheit anvertraut. Dass sie mir von ihren Ängsten erzählt, was sie Nachts nicht schlafen lässt oder wovon sie begeistert ist. Was ihre Träume sind, welche Wünsche sie hat, was sie glücklich macht oder richtig auf die Palme bringt. Außer mir natürlich.

Ich musste mir dringend etwas einfallen lassen, denn lange hielt ich diese Distanz zwischen uns nicht mehr aus. Mein Wolf drängte mich immer öfter ihre Nähe zu suchen. Und während er sich an ihrer Anwesenheit ergötzte, war ich der leidtragende, welcher sich wieder etwas dummes einfallen musste, um sie hierher kommen zu lassen. Vielleicht sollte ich anfangen ihr zu zeigen, was ich wirklich wollte. Dass ich mehr in ihr sah als sie sich wahrscheinlich vorstellen konnte.

Evelyn

Ich wachte am nächsten Tag mit einem Lächeln auf den Lippen auf. Fragt mich nicht warum aber irgendwie war ich das erste Mal, seit ich hierhergezogen bin, glücklich. Zufrieden. Ruhig. Entspannt. Zuversichtlich. Das beschreibt mein Empfinden wohl am besten. Hatte es mit letzter Nacht zu tun? Vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich wusste ja nicht mal, wie ernst ich das alles nehmen konnte und vor allem auch durfte.

Ich meine, er war vollgepumpt mit Schmerzmitteln. Zu viel Schmerzmitteln. So viel stand fest. Aber wie viele seiner Wörter waren dieser Tatsache geschuldet und wie viele nicht? Sah er das heute noch genauso? Wollte er mich immer noch für sich gewinnen oder wie er es formulierte: Wollte er sich immer noch in mein Herz schleichen? Ich musste schmunzeln bei seinen Worten. Als käme er aus einem anderen Zeitalter.

Die Bürde einer Werwölfin zu tragenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt