7. Eine schwierige Zeit

69 7 0
                                    

Die Zeit mit Zedd zusammen hat mir wirklich gut gefallen. Er war ein netter Kerl und schien wirklich viel Ahnung von Musik und dem Business zu haben. Dazu war er auch noch witzig und amüsant. Gefühle für ihn verspürte ich noch nicht, jedoch hatte ich ein gutes Gefühl bei ihm. Vielleicht würde uns die Liebe ja doch noch zusammen führen.

In den nächsten Tagen blieb ich die meiste Zeit alleine im Hotelzimmer und durchforstete alte Kinderalben von mir mit der Hoffnung, dass ich mich doch an etwas erinnern könnte. Ich wollte für mich sein, was meine Mum auch verstand. Ich musste mich erst einmal richtig sammeln und herausfinden, wer ich eigentlich war und in was für einem Umfeld ich mich befand. Ich war beeindruckt von dem, was ich zu sehen bekam. Ich war ein großer Star und eine gefragte Schauspielerin meiner Zeit. Ich kam einfach noch nicht damit zurecht, dass ich berühmt war. Ich hatte totale Panik davor mich wieder vor Kameras zu stellen und zu spielen oder zu singen. Das konnte ich mir jetzt einfach noch nicht vorstellen. Ich wusste nicht, warum ich diese Angst hatte, doch ich wusste, dass ich diese Angst in mir trug. Ich glaube, ich hatte einfach Panik, etwas falsch zu machen und die Menschen dort draußen zu enttäuschen.

An einem Tag waren Mum und ich noch einmal im Krankenhaus gewesen, doch die Ärzte hatten keine Hoffnung auf Heilung. Ich musste wohl jetzt wirklich mit diesen Erinnerungslücken leben. Ich hatte keine andere Wahl als das einfach so hinzunehmen, wie es nun einmal war. Ich wusste nicht, ob ich wie die alte Selena werden konnte.

An einem anderen Tag skypte ich mit Taylor, meiner angeblichen besten Freundin, die sich zu diesem Zeitpunkt wegen ihrer Tour in Polen befand und mich somit nicht besuchen konnte. Ich wusste, dass sie bei dem Auftritt vor ein paar Wochen dabei war, als ich von der Bühne gefallen war. Meine Mum hatte mir alles davon erzählt, was passiert war. Taylor musste sich auch erst einmal daran gewöhnen, dass ich keine Ahnung hatte, wer sie war. Sie war nett und erklärte mir sofort, wer sie war und wie wir zueinander standen. Wir verstanden uns ganz gut, jedoch hatte ich irgendwie keinen blassen Schimmer, warum wir befreundet waren. Taylor machte irgendwie einen arroganten Eindruck auf mich. Sie schien sehr überzeugt von sich zu sein und auch ihre Art...ich wusste nicht ob ich einfach so damit umgehen konnte. Ich musste sie einfach mal treffen und näher kennen lernen. Vielleicht wurden wir ja doch noch beste Freundinnen wie es früher mal war.

Einen Tag war Demi, eine andere beste Freundin, zu Besuch bei mir. Sie war wirklich sehr nett und wir verstanden und wirklich super. Im Gegensatz zu Taylor hatte ich bei ihr das Gefühl, dass ich ihr vertrauen konnte. Sie war so ein herzlicher Mensch und sehr fürsorglich. Sie sagte mir alles, was ich wissen wollte und klärte mich noch ein bisschen mehr über das Star-sein und mein Leben auf. Ich kannte sie schon seit ich klein war, denn wir haben zusammen in der Serie „Barney and friends" mitgespielt. Unsere Freundschaft war sehr innig und vertrauten uns wirklich alles an. Sie war wie eine Schwester für mich. Dieses Gefühl übermittelte sie perfekt. Ich fühlte mich geborgen bei ihr.

So viele Leute schrieben mir in den Tagen Nachrichten auf allen möglichen Wegen. Fast alle Namen kannte ich nicht und schrieb erst einmal nicht zurück bevor ich nicht wusste, wer sie waren. Unter anderem hatten mir ein Justin Bieber, eine Cara Delevine, eine Katy Perry und eine gewisse Perrie Edwards geschrieben. Vorerst ließ ich meine Antworten offen.

Natürlich las ich in diesen Tagen im Hotel auch viele Artikel in Zeitschriften oder im Internet über mich. Viele wünschten mir gute Besserung, aber es waren auch viele dabei, die mein Karriere-Aus schon vorhersagten. Ich konnte schon verstehen, dass viele Leute sich dies denken konnten, jedoch wollte ich nicht aufgeben. Ich will versuchen in mein Leben zurück zu finden und meinen Job so gut es geht fortzuführen. Es war eine schwierige Aufgabe für mich, das wusste ich zu 100%, jedoch wollte ich meine „Selenators" nicht enttäuschen und mich wieder bei ihnen melden. Ich bekam viele Nachrichten von Fans, die wissen wollten wie es mir geht. Sie sorgten sich wirklich sehr um mich. Schließlich schoss ich ein „Selfie" von mir uns lud es auf Instagram hoch. Darunter kommentierte ich: „Hallo Welt! Ich lebe noch! Danke für all die süßen Nachrichten von euch! Mir geht es ganz okay, den Umständen entsprechend. Ich werde für euch kämpfen und euch nicht enttäuschen! Ich liebe euch alle! Eure Sel xx"

Meine Mum hielt mich in diesen Tagen immer noch schön von der Presse fern. Sie wollte einfach nicht, dass die Leute mich jetzt so belästigen würden. Ich brauchte meine Ruhe und meine Eingewöhnungszeit. Bald würde ich wieder damit anfangen, doch davor brauchte ich erst einmal Zeit für mich. Ich musste erst einmal herausfinden, wer ich wirklich war.

Nachdem ich mich dann ein paar Tage nur im Hotel aufgehalten hatte, wollte Mum, dass ich mit ihr zusammen zu ihr nach Hause flog und meine Familie kennen lernen sollte. Ich wusste, dass sie in Texas wohnte und ich auch dort geboren wurde. Am 22. Juli 1992. Also war ich jetzt in diesem Jahr, 2015, 23 Jahre alt. Bald hatte ich also Geburtstag, denn der Juni neigte ich langsam dem Ende. Die Sonne strahlte schon die ganze Zeit in mein Zimmer hinein. Ich wusste nicht, wie der Sommer war, jedoch fühlte ich, dass er schön war.

Ich war total gespannt auf meine kleine Schwester und mein Vater. Während des Fluges nach Texas erklärte Mum mir, dass sie von meinem leiblichen Vater getrennt war und sie nun mit einem neuen Mann, meinem Stiefvater, zusammen lebte. Zusammen mit ihm hatte sie dann meine Schwester bekommen. Gracie war ihr Name, richtig? Oh Gott, es war einfach zu viel, was ich mir neu einprägen musste. Hoffentlich behielt ich das alles...

Okay, auf jeden Fall waren wir dann knapp eine Woche nachdem ich wieder aufgewacht war auf dem Weg zum Haus meiner Mum. Es war ein sonniger Montagmorgen und die Sonne schien durch die Fenster des Flugzeuges. Halt, es war gar kein Flugzeug! Es war mein Privatjet! Nur reiche Leute konnten sich so etwas leisten, richtig? Es war komisch, von sich selber zu denken, dass man reich war. Ich kam mir vor wie ein normales Mädchen, das mit ihrer Mutter nach Hause flog. Ich fühlte mich einfach nicht in dieser Star-Rolle.

Verträumt sah ich aus dem Fenster des Jets. Ich dachte an Demi, mit der ich fast jeden Tag Nachrichten schrieb. Auch mit Zedd schrieb ich sehr oft. Ich mochte ihn wirklich, doch Gefühle waren bis jetzt noch keine vorhanden. Vielleicht kam das ja noch.

„Alles okay mit dir, Sel?", wollte meine Mum wissen, die gerade ihre Zeitschrift zur Seite legte und mich nun ansah. „Du bist so still. Das kennt man gar nicht von dir."
Ich widmete mich dem Fenster keine Sekunde länger und sah zu Mum rüber. Unsere Blicke trafen sich. Leicht zuckte ich mit den Schultern.
„Ich hab nur nachgedacht", gestand ich und lächelte kurz. „Rede ich sonst immer so viel?"
Mum nickte und wendete ihre Augen auf das Zeitschriftcover. Dabei lächelte sie; ich konnte es genau sehen. „Manchmal kannst du einfach nicht aufhören zu reden."
Ich lachte kurz auf. „Wirklich? Ich bin eine Quasselstrippe?" Ich konnte mir das gar nicht vorstellen! War ich wirklich so redebedürftig?
Mum fing an zu kichern. „Nun ja...irgendwie schon."

Kurz sagte keiner etwas.
Dann ergriff Mum wieder das Wort: „An was hast du denn Schönes gedacht?"
„Ach...nichts Wichtiges", entgegnete ich ihr mit einem Schulternzucken. Mein Blick galt dabei immer noch ihr.
„Ach ja?", fragte Mum und runzelte ihre Stirn. „Nichts Wichtiges?"
Ich grinste wieder. „Ja, wirklich nichts wichtiges", versuchte ich ihr weiß zu machen und wendete meinen Blick wieder ab.
„Das sah aber nicht so aus!", diskutierte Mum weiter. Ich drehte innerlich meine Augen und seufzte. „Hast du nicht an Zedd gedacht?"
Ich sah aus dem Fenster hinaus. „Nun ja...nein", entgegnete ich gekonnt.
„Wirklich nicht?", harkte Mum noch einmal nach.
Meine Augen wanderten wieder zu ihr. „Nein, wirklich nicht!"
Mum lächelte mich an und sagte einen Moment lang nichts.
„Hast du immer noch Gefühle für ihn?", wollte sie dann wissen.
Ich seufzte wieder. Musste Mum mich jetzt ausquetschen? Dafür hatte ich jetzt keine Lust. Ich wollte einfach in Ruhe nach Hause fliegen und kein Interview haben.
„Ich...weiß nicht", antwortete ich unsicher. „Ich habe keine Ahnung, was ich für ihn empfinde, jedoch fühle ich noch keine Liebe für ihn."

Kurze Zeit später waren wir dann endlich angekommen! Voller Vorfreude verließ ich den Jet und rannte auf das Haus zu. Mum kam mir schnell hinterher gerannt und schloss dann die Tür auf. „Willkommen in deinem Heimatshaus!", sagte Mum, als wir eintraten.
Ich zog meine Jacke aus und hing sie an die Gaderobe. Der Eingangsbereich sah wirklich schön aus und war groß. Das Haus war nicht das größte, doch es hatte schon eine gute Größe. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie groß mein Haus dann war...

„Hey", hörte ich aus einer Richtung sagen. Ich fuhr herum und sah einen Mann mit einem Baby auf dem Arm im Türrahmen stehen. Als ich die beiden sah, fühlte ich etwas ganz komisches in meinem Bauch. Es war nicht das Gefühl, auf das ich gehofft hatte. Ich dachte, ich würde mich heimisch fühlen und meine Familie direkt in dir Arme schließen, jedoch war es anders. Ich hatte mich überschätzt. Der Mann und das Baby waren keine Familie für mich in diesem Moment. Sie waren nicht mehr als nur irgendwelche Fremde für mich.

Without one less MemoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt