Kapitel 52

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P.o.V. Rezo

Kurz nachdem Julia in Handschellen abgeführt worden war, hatte ich Zara erneut angerufen, um ein paar rechtliche Details zu klären. Als sie hörte, was passiert war, beschloss sie sofort ihre Kanzlei zu schließen und alle Termine des Nachmittags auf den morgigen Tag zu verschieben. Noch während wir telefonierten hörte ich das Öffnen und Schließen von Türen, die Anweisungen an ihre Assistentin und schließlich ihre Stimme im schallenden Treppenhaus.
Sie kündigte an in circa zehn Minuten bei uns zu sein und beendete dann das Gespräch.

Mexi saß mittlerweile wieder in seinem Bett, allerdings war er in ein anderes Zimmer verlegt worden, da in seinem noch ein Haufen Polizisten ermittelten. Zuerst hatte ich Ju und Jasmin nicht anrufen wollen, allerdings hatte Mexi darauf bestanden und nun warteten wir darauf, dass einer der beiden das Gespräch annahm.

„Ja hallo, was ist los?" Das war Jus Stimme in der Leitung, er klang leicht besorgt.

„Äh ja wie sag ich das am besten: Julia hat Mexi angefahren und außerdem war sie eben hier im Krankenhaus und wollte ihn umbringen."

Es war eine ganze Zeit lang still, ein paar Mal überprüfte ich das Telefon, ob er nicht aufgelegt hatte, bis mir seine Antwort fast das Trommelfell zerlegte: „WAAAAASS?!"

„Alter schrei nicht so."

„Sorry, aber was zur Hölle?! Was ist passiert? Geht's euch gut?"

„Als Kurzfassung, damit ihr wisst was abgeht: Rezo war auf dem Weg hierher, als ihm eingefallen ist, dass er jemanden kennt, dem so ein Auto gehören könnte, also ist er zur Polizei und hat Jana dann ebenfalls dorthin geholt. Jana ist eingeknickt und hat den Polizisten alles erzählt, was sie wusste, bis Julia ihr eine Nachricht geschickt, in der stand, dass sie es heute zu Ende bringen würde. Also hat Rezo mich angerufen, ich habe mich versteckt, Julia kam hier ins Zimmer mit einer Waffe und hat einen Riesenanfall bekommen, weil sie mich nicht finden konnte. Kurz darauf kamen Rezo, Jana und die Polizei hier an, haben sie irgendwann entwaffnet, sie ist aus dem Fenster gesprungen und wurde dann unten festgenommen."

Zwischendurch war Jasmin scheinbar dazugekommen, denn statt Ju konnte ich jetzt sie aus dem Lautsprecher hören: „Die Irre hat ihn angefahren und wollte ihn dann umbringen?!"

„Ja, wäre Jana nicht gewesen, hätten wir das gar nicht mitbekommen."

„Kranke Scheiße, solange euch nichts passiert ist, ist ja alles gut."

„Uns geht es gut, Zara kommt gleich vorbei und klärt das rechtliche Prozedere mit uns, damit wir wissen, was wir jetzt machen müssen und was sie jetzt erwartet."

„Okay, könnt ihr uns bitte nochmal anrufen, wenn ihr mehr wisst?" bat Jasmin und hörte sich bereits etwas gelassener an.

„Und was ist jetzt mit Jana?" wollte Ju noch wissen.

„Sie sitzt momentan auf dem Revier und sagt über alles aus, was sie weiß, danach wollte ich sie abholen und zum Essen einladen, damit ich sicher gehen kann, dass es ihr gut geht."

„Sehr gut, gib mir dahingehend bitte auch ein Update."

„Mach ich, wir sprechen später nochmal."

„Bis später und passt auf euch auf."

Gerade als ich das Handy wieder weglegte, öffnete sich die Tür und Zara rauschte herein, ein dickes rotes Buch und eine große Mappe im Schlepptau. Das breitete sie auf der Bettdecke zu Mexis Füßen aus und schlug die Mappe direkt auf.

„So ihr Lieben, dass ist alles, was ich in der kurzen Zeit auftreiben konnte und hier haben wir den Gesetzestext aus meinem Studium. Wir machen jetzt eine systematische Aufstellung von allen Straftaten, damit wir einschätzen können, wie lange sie ins Gefängnis kommt. Die Aussage von Jana Willecke belastet ihre Schwesterziemlich schwer, weshalb sie aus der Sache keinesfalls wieder herauskommt."

„Woher hast du die ganzen Infos denn schon?"

„Das ist mein Job. Also fangen wir an: Erster Straftatbestand ist Stalking in sechs Fällen, einmal in besonders schwerem Fall, fünf Mal in leichten Fällen. Das sollte circa zwischen drei und sechs Jahre einbringen." Sie zog eine gerade Linie auf dem Papier, schrieb auf die eine Seite den Bestand und daneben die Jahre.

„Weiter haben wir versuchten Mord an Mexi, das solltennicht weniger als 15 Jahre sein, also haben wir schonmal zwanzig Jahre plusminus. Außerdem den unerlaubten Waffenbesitz und die Bedrohung mit einerSchusswaffe, was jeweils fünf und zwei Jahre einbringen sollte. Zum Schluss hat sie einen Polizisten angeschossen, das sind weitere fünf Jahre und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sollte bei einem Jahr liegen. Zusammengerechnet sind wir da bei circa 35 Jahren plus minus, also wird sie tatsächlich sehr viel Zeit im Gefängnis verbringen."

„Okay, das ist schon zu hören, was kommt in der nächsten Zeit dann auf uns zu?"

„Ihr werdet beide bei den Gerichtsverhandlungen aussagen müssen, viel mehr wird euch da nicht erwarten. Übrigens habe ich gehört sie werden in fünf Tagen entlassen, wenn alles gut läuft."

„Ja richtig, ich freue mich schon sehr auf Zuhause."

„Das kann ich mir sehr gut vorstellen, sollten keine Fragen mehr zu klären sein, würde ich mich auf den Weg zum Präsidium machen und, wie angefragt, Jana vertreten. Eine Sache müsste ich noch kurz mit dir klären Rezo, dann wäre ich auch wieder weg."

„Ja lass uns schnell draußen darüber reden," meinte ich ganz beiläufig, bemerkte allerdings den seltsamen Blick von Mexi in meine Richtung, „es wird nicht lange dauern."

Auf dem Gang drückte Zara mir die Mappe in die Hand und informierte mich über die Ergebnisse einer Sache, mit der ich sie vor einigen Wochen beauftragt hatte: „Bezüglich dieses Auftrags habe ich gute Nachrichten, der Besitzer ist soweit einverstanden und wir bereiten gerade den Vertrag vor. Allerdings muss ich noch ein paar Sachen mit der Stadtverwaltung besprechen und wir sollten nächste Woche hinfahren und es uns noch einmal ansehen."

„Alles klar vielen Dank, dass du dich darum kümmerst, wir telefonieren noch einmal wegen des Treffens."

„Gut, dann wünsche ich euch noch gute Erholung und werde dich heute Abend updaten, was bei der Polizei herauskam."

„Traumhaft, du bist die Beste."

„Weiß ich doch, bis später."

Schon war sie verschwunden und ich musste mir erst das freudige Grinsen aus dem Gesicht wischen bevor ich wieder hineinging. Wie sollte ich das noch länger vor ihm geheim halten können? Früher oder später würde er sicherlich etwas merken.

Blue •rezofyWhere stories live. Discover now