Kapitel 51

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P.o.V. Rezo

Noch während Jana die Nachricht auch den Beamten zeigte, sprang ich auf und griff auf dem Weg nach draußen zu meinem Handy. Mexi war auf Kurzwahl und ich presste mehrmals den grünen Knopf, um den Anruf zu tätigen. Es tutete und kurze Zeit später hörte ich zum Glück seine Stimme am anderen Ende der Leitung: „Endlich, man wo bleibst du denn, ich warte schon eine Ewigkeit."

„Keine Zeit, versteck dich im Badezimmer und schließ die Tür ab, komm nicht raus, bevor du meine Stimme hörst."

„Okay, was ist denn los?" Im Hintergrund hörte ich wie er aufstand und eine Tür ins Schloss fiel.

„Julia ist auf dem Weg zu dir und ich weiß nicht, wie nah sie ist, aber die Polizei und ich sind auf dem Weg. Bleib ruhig und öffne keinesfalls die Tür."

„Alles klar, ich versteck mich hier in der Ecke."

„Gut, ich bin gleich bei dir, pass auf dich auf."

Jana und die beiden Polizisten waren hinter mir aus dem Präsidium gekommen und folgten mir, während ich in Richtung des Krankenhauses rannte. An der Ampel holten sie zu mir auf und ich hörte, wie einer der Männer um dringende Verstärkung bat. Während wir fieberhaft auf Grün warteten, stellte sich Jana zu mir und griff nach meiner Hand. Gemeinsam sprinteten wir los, achteten fast gar nicht mehr auf die Polizisten, die versuchten mit uns mitzuhalten. 

„In welche Etage müssen wir?"

„Nummer 3."

„Dann laufen wir."

In der Eingangshalle angekommen, liefen wir sofort an den Fahrstühlen vorbei und ich riss die Tür zum Treppenhaus auf. Trotz der Schwierigkeit, die das Hände halten bei dieser Aktion mit sich brachte, ließ ich nicht los und zog sie mit mir Stufe um Stufe nach oben. Am Ende angekommen, pingte der Aufzug neben uns und Kommissar Geiger kam mit seinem Kollegen herausgestürmt. Der Aufzug musste, unmittelbar nachdem wir den Weg über die Treppen gewählt hatten, angekommen sein. Schnell und leise betraten wir den Gang und steuerten das Zimmer an, in dem Mexi lag. Vor der Tür war nichts zu hören, aber gerade als der andere Polizist die Klinke greifen wollte, dröhnte im Inneren ein Schuss. In Millisekunden hatten sie ihre Waffen gezogen und uns angewiesen auf dem Gang zu bleiben. Zwar wollte ich dringend zu Mexi, hatte aber nicht vor mich davor erschießen zu lassen.

Als ich Jana ansah, bemerkte ich Tränen in ihren Augen und zog sie hinter mich in meine Arme. Die Realisation, wie verrückt ihre Schwester tatsächlich war, traf sie langsam und sie brauchte jemanden, der in diesem Moment für sie da war.

Kommissar Geiger drückte die Klinke nach unten und riss mit einem großen Schwung die Tür auf, da knallte ein zweiter Schuss und er stolperte zurück, woraufhin der andere, er hieß Kemmer, wie ich feststellte, sich sofort von der Türöffnung zurückzog.

„Frau Willecke, legen sie die Waffe auf den Boden und schieben sie sie zu mir herüber. Nehmen sie die Hände hoch und kommen sie ganz langsam auf mich zu."

Im Inneren des Raumes war es still, Mexi konnte ich auch nicht hören, allerdings versteckte er sich hoffentlich noch hinter der Mauer, die Dusche vom Rest des Bads trennte. Lange konnte ich mir darüber aber keine Gedanken machen, weil eine Stimme aus dem Raum drang, die ich erst nicht hatte zuordnen können, bis sie meinen Namen nannte.

„Eigentlich fände ich es besser, wenn ich hier die Regeln aufstelle. Rezo, ich weiß, dass du auch da bist. Dein kleiner Schatz wird dafür leiden, dass du mich abgewiesen hast. Jana, du kleine Verräterin, dich wird ich mir als nächstes vornehmen."

„Zum zweiten Mal Frau Willecke, legen sie die Waffe nieder und kommen sie mit erhobenen Händen heraus!"

„Ihr könnt mich alle mal, ich schieß hier alles kurz und klein, wenn es sein muss!"

„Bist du dir wirklich selbst so wenig wert, dass du Mexi erschießen willst, nur um einem Mann zu gefallen? Das ist erbärmlich Julia." Jana hatte sich eingemischt, ihr Gesicht war Wut verzerrt und hätte ich sie nicht festgehalten, wäre sie in den Raum gerannt.

 „Wenn du noch einmal den Mund aufmachst, zeig ich dir was erbärmlich ist!"

Da riss sie sich von mir los und stürmte zur Tür. Diesmal knallte kein Schuss, sondern es wurde still. Kommissar Geiger hatte sich mittlerweile langsam von dort entfernt und wurde von zwei Schwestern in Empfang genommen, die beim Ertönen des ersten Schusses sofort den Gang gesperrt hatten.

„Weißt du Schwesterherz ich wollte immer so sein wie du. Hab zu dir aufgesehen und dich immer verteidigt, aber jetzt reicht es. Ich kann es nicht fassen, wie lange ich gebraucht habe, bis ich erkannt habe was für ein Mensch du wirklich bist, aber ich habe nicht mal mehr einen Funken Respekt für dich übrig."

Die Verstärkung war eingetroffen und schlich leise auf uns zu. Bis jetzt wurde sie von Janas verbaler Attacke so abgelenkt, dass die beiden sich unbemerkt hatten nähern können. Kommissar Kemmer gab Jana ein Zeichen noch weiter mit ihr zu sprechen, bis man sich mit Handzeichen verständigt hatte.

In der Zwischenzeit hatte ich mich mit einem kurzen Nachrichtenaustausch versichert, dass es Mexi gut ging. Er hielt sich weiterhin im Bad versteckt und belauschte von dort die Situation. Außerdem hinterfragte er die Anwesenheit von Jana, die ich ihm kurzgefasst erklärte und beteuerte, dass ich ihn ohne sie nicht hätte warnen können.

„Du bist so ein Stück Scheiße Jana. Erst willst du mir nicht helfen, als ich dich brauchte und jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken. Ich hätte dich schon vor langer Zeit abschießen sollen."

Das Klicken im Inneren des Zimmers gab den Start an und wie in Zeitlupe zog Kommissar Kemmer in einer geschmeidigen Bewegung Jana aus der Türöffnung und stürmte mit beiden Kollegen den Raum. Es ertönte ein weiterer Schuss, der allerdings in die Wand ging. 

Ein wildes Geschrei brach aus und ein Handgemenge war zu hören, dann quietschte ein Fenster. Die Schreie erstarben und nur noch eine Stimme erklang wieder: „Rezo, komm her ich will dich sehen. Versteck dich nicht dort draußen wie ein Feigling."

„Sie ist entwaffnet, es besteht keine Gefahr mehr," die Stimme von einem der Männer, die als Verstärkung eingetroffen waren.

Also löste ich mich von der Wand und steckte langsam meinen Kopf am Türrahmen vorbei. Alle drei Polizisten standen mit gezogener Waffe im Raum. Gerichtet waren sie auf Julia, die auf der großen Fensterbank vor dem geöffneten Fenster stand. In ihren Augen loderte Wahnsinn, sie war überhaupt nicht wiederzuerkennen.

„Weißt du, am Anfang hast du mir noch ein bisschen leidgetan, trotz der Sachen, die du mir angetan hast. Mittlerweile habe ich nur noch Verachtung für dich übrig und wenn du es wissen willst, ja ich liebe Mexi. Ich liebe ihn mehr, als ich dich jemals geliebt habe und kein perfider Plan von dir, wird das ändern können."

Darauf erwiderte sie nichts und starrte mich nur sehr lange an, als müsste sie erstmal verarbeiten, was ich gesagt hatte. Und dann, ohne eine Vorwarnung, sprang sie aus dem Fenster. Geschockt betrachtete ich die Stelle, an der sie gerade noch gestanden hatte, während die Polizisten bereits zum Fenster gerannt waren und nach unten blickten.

„Die Kollegen haben sie, sie bekommt gerade Handschellen angelegt."

Scheinbar hatte ihre grandiose Flucht bereits nach ein paar Sekunden ihr jähes Ende gefunden. Als ich mich aus meiner Starre gelöst hatte, spürte ich eine Hand au meiner Schulter. Mexi hatte das Badezimmer verlassen und stand nun neben mir. Überglücklich schloss ich ihn in die Arme und küsste ihn, erleichtert, dass ihm nichts passiert war.

„Die junge Dame wird für eine sehr lange Zeit hinter Gitter wandern, sie müssen sich keine Sorgen mehr machen."

Blue •rezofyWhere stories live. Discover now