Kapitel 2

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P.o.V. Rezo

Einige Momente sagte keiner von uns etwas und kurz bevor es drohte, unangenehm zu werden, begann er zu lachen und stieß mir seine Faust gegen die Schulter. "Das hättest du ja auch gleich sagen können, dass du meine Augen sooo schön findest, dann hätte ich nicht die letzten Tage damit verschwendet, sauer auf den Unbekannten mit den blauen Haaren zu sein," zog er mich auf und ich stieg in sein Lachen ein. "Ey, ich hab mir voll die Vorwürfe gemacht," gab ich zu, "können wir einfach nochmal neu anfangen?" "Okay, ich bin Mexi, hab blaue Augen, bin 26 Jahre alt und normalerweise findet man mich nicht in Clubs," stellte sich mein Gegenüber vor und hielt mir seine Hand entgegen. Erfreut schlug ich ein und begann ebenfalls mich richtig vorzustellen: "Ich bin Rezo, hab blaue Haare und bin 30 Jahre alt, außerdem findet man mich ziemlich oft in Clubs."

Sobald wir wieder am Tisch saßen, wurde die Stimmung noch besser und schon bald war ich wieder an der Reihe die Drinks zu holen. An der Bar stand eine sehr hübsche Blondine, die bereits gut angetrunken wirkte. Wir unterhielten uns kurz und schon klebte sie regelrecht an mir. Ihre Hand wanderte an meinem Bein immer weiter hoch und bald hatte ich meine Zunge in ihrem Hals. Doch als ihre Freundin zu uns stieß, die noch wesentlich besser aussah, hatte ich die Erste schnell abserviert und beschäftigte mich mit Barbie Nummer 2.
Mit ihrer Nummer im Handy tauchte ich nun wieder bei der Gruppe auf, die Hände mit Getränken voll. "Alter, wo hastn du so lang gesteckt," wurde ich von Ju begrüßt, der seinerseits gut besoffen an Jasmin hing. "Sorry, war beschäftigt," meinte ich und schenkte ihm mein typisches Grinsen. Er bewegte Zeige- und Mittelfinger vor seinem Auge, um in Gebärdensprache zu signalisieren, dass er verstand. Wir hatten vor ein paar Jahren begonnen uns die Basics in dieser Sprache anzueignen, um nonverbale Kommunikation im Beisein von Anderen führen zu können.
Es schien alles in Ordnung zu sein, aber irgendwie verhielt sich Mexi mir gegenüber komisch. Als ich mit ihm anstoßen wollte, sah er mich nur mit einem undefinierbaren Blick an und wirkte angepisst.

Es war schon ziemlich spät geworden und gegen halb 3 beschlossen wir den Heimweg anzutreten. Draußen schien es kaum abgekühlt zu sein und ich zog meine Jacke wieder von den Schultern. Lisa schien sehr gut gelaunt und sprang mit Anlauf auf meinen Rücken, um nicht selbst laufen zu müssen. Also hielt ich sie fest, lehnte mich nach vorne und rannte, an den anderen vorbei, die Straße entlang. Während Lisa vor Freude jubelte und die Arme ausbreitete, musste ich so sehr lachen, dass wir beinah vorne übergefallen wären. Alle teilten unsere gute Stimmung, mit Ausnahme von Mexi und Tim, die am Schluss liefen und wenig begeistert wirkten. "Hat noch jemand Hunger," fragte T und alle außer Ju und Jasmin stimmten zu. An der nächsten Kreuzung verabschiedeten wir uns dann und während sie nach Hause gingen, betraten wir KFC.

Da ich herausfinden wollte, was Mexi die Stimmung vermiest hatte, setzte ich mich frech neben ihn an den Tisch. Allerdings ignorierte er jeden Versuch von mir eine Unterhaltung zu beginnen und bevor ich ihn direkt darauf ansprechen konnte, entschuldigte er sich kurz nach draußen. Anscheinend war T etwas aufgefallen, denn er formte unauffällig die Gebärden für "Was ist los?".  Als Antwort zog ich nur die Schultern nach oben und gebärdete "Hilf mir". Er verstand sofort und lenkte die Aufmerksamkeit der Gruppe von mir ab, sodass ich unbemerkt verschwinden konnte.
Auf einer Bank im Außenbereich saß Mexi alleine und blickte in den Himmel, der gerade begann, sich zu verfärben. "Hey, ist alles klar bei dir," erkundigte ich mich und setzte mich ein Stück entfernt zu ihm. Er schnaubte und wandte seinen Blick nicht vom Himmel ab. "Wenn ich etwas falsch gemacht hab, tuts mir echt leid, aber ich würde gerne wissen, was es war," setzte ich meinen Monolog fort und sah dabei in die gleiche Richtung wie er. Jetzt wandte er seinen Kopf und beobachtete mich: „Behandelst du alle Frauen so?"

„Wie meinst du das," wollte ich wissen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Naja, so wie ich es gesagt habe," äußerte mein Gesprächspartner nun, „ich will wissen, ob du alle Frauen oder Partner allgemein wie scheiße behandelst?"

„Partner allgemein? Also zuerst behandele ich sie nicht wie scheiße, sondern kläre sie vorher auf, dass ich nichts Festes suche und außerdem stehe ich nur auf Frauen," stellte ich rasch klar.

Daraufhin war es neben mir erstmal still, bis ich Mexis Stimme beinah fauchen hörte: „Du hast dich gegenüber der beiden Frauen wie ein vollkommener Arsch verhalten, die erste hast du nur abgeschossen, weil du die zweite besser fandest und dann auch die stehen lassen. Sowas ist ekelhaft."

„Achja und das hast du jetzt einfach so entschieden? Was ist dagegen einzuwenden etwas Spaß zu haben und sich zu amüsieren? Ich mache niemandem Hoffnungen und nutze niemanden aus, meistens jedenfalls und das geht dich auch gar nichts an," setzte ich ihm entgegen, langsam wurde ich ziemlich sauer auf den Jüngeren.

„Schön, es geht mich nichts an," gab er zu, allerdings nicht weniger sauer, „aber ich kann sehr wohl entscheiden mit welchen Menschen ich mich umgebe, vor allem wenn sie scheinbar nicht nur Idioten, sondern auch homophob sind."

Sofort wollte ich ihm etwas Böses zurückschleudern, doch dann stutzte ich: „Homophob, was soll das denn heißen? Ich stehe eben nur auf Frauen, mit Männern kann ich nichts anfangen und das ist auch besser so."

„Dein Tonfall sagt mir schon sehr viel," erwiderte er, stand auf und stellte sich vor mich, „allerdings ist mir das auch egal, denn jemanden wie dich brauche ich so oder so nicht."

„Du tust so, als bräuchte ich dich," giftete ich zurück, „aber wie du so schön meintest: jemanden wie dich brauche ich so oder so nicht, schönen Abend noch."

Mit stampfenden Schritten ging ich wieder zum Eingang des Fast Food Restaurants, hatte aber mittlerweile vollständig den Appetit verloren. Eigentlich wollte ich nur noch nach Hause. Schnell öffnete ich die Tür und machte T auf mich aufmerksam. Als dieser mich endlich ansah, gebärdete ich nur „Ich gehe nach Hause" und verschwand.

Blue •rezofyWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu