Kapitel 6

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P.o.V. Rezo

Mexi inspizierte mein Büro und alles darin mehr als fünf Minuten, bevor er wieder etwas sagte: „Also ich finde die Einrichtung super, aber eine Sache fehlt da noch." „Was meinst du denn?" Daraufhin schmiss er sich auf die Couch und blieb einfach liegen: „Mich." Die Anspannung von eben war komplett von ihm abgefallen und ich fühlte mich sehr geschmeichelt, dass er sich in meiner Gegenwart so wohlzufühlen schien. „Ich muss kurz ein paar Unterlagen bearbeiten, du kannst dich gern noch etwas umsehen," schlug ich vor und ließ mich auf meinen Stuhl fallen. „Ich denke ich bleib hier," meinte er nur und kramte sein Handy aus der Tasche.

Als ich das nächste Mal aufsah war es schon 14.30 und Mexi lag schlafend unter einer Decke. Irgendwie sah das furchtbar niedlich aus, also stand ich auf und schoss heimlich ein paar Fotos, bevor ich ihn weckte: „Mexi, aufwachen." „Nur noch fünf Minuten," nuschelte dieser und kuschelte sich noch enger in die Decke. „Aber es gibt Eiscreme," lockte ich ihn und beugte mich zu ihm runter. „Was Eiscreme wo," er schoss hoch und war plötzlich nur noch wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Erschrocken bewegte ich mich nicht und wir starrten uns einen unangenehm langen Moment in die Augen, bis ich mich räusperte: „Es gibt keine Eiscreme, aber ich bin fertig und hab jetzt noch knapp eineinhalb Stunden Zeit." „Keine Eiscreme," er wirkte enttäuschter, als ich dachte und zog eine Schnute. „Oh Gott, wenn du willst, können wir auch Eis essen gehen, hier ist ein Café um die Ecke," beschwichtigte ich ihn und hielt ihm die Hand entgegen, damit ich ihn hochziehen konnte. Mexi grinste glücklich und fuhr sich kurz durch die Haare, die in mehrere Richtungen abstanden: „Los geht's!"

Die Gelateria am Elisenbrunnen hatte eine riesige Auswahl verschiedener Eissorten und ich lud Mexi auf einen großen Becher ein. Meine Laune war blendend und auch Mexi war in absolut bester Stimmung.

„Was machst du eigentlich beruflich," wollte ich wissen, während ich eine große Portion Stracciatella von meinem Löffel leckte.

„Grafikdesign, aber meine Firma gefällt mir schon länger nicht mehr, ich suche langsam was neues."

„Das klingt cool, Lisa und Tizian sind unsere Grafikdesigner, du kannst dich gerne zu ihnen setzen, wenn ich gleich im Termin bin."

„Gute Idee, dann muss ich mich nicht langweilen," stimmte er zu und steckte sich einen Löffel Schokolade in den Mund, „und was machen wir danach?"

„Eigentlich wollte ich einen Film schauen."

„Dann kaufen wir noch Popcorn auf dem Weg."

„Moment mal, wer hat dich denn eingeladen?"

„Ich mich gerade selbst," sein Grinsen wurde immer breiter, während er die Reste von seinem Eis auskratzte.

„Na super, jetzt laden sich die Leute schon von ganz alleine ein," beschwerte ich mich, lächelte aber, denn ich hatte absolut nichts dagegen einzuwenden.

Als ich Mexi nach dem Termin, der überraschenderweise wirklich ziemlich kurz gedauert hatte, abholen wollte, saß er tief gebeugt über eines unserer Tablets und kritzelte wild darauf herum. „Also ich wäre so weit, aber du scheinst noch ein bisschen zu brauchen," kommentierte ich und stellte mich so, dass ich sah, was er da zeichnete. Es war ein Cartoon mit einem Jungen, der einen Dino Onesie trug und einem, der blaue Haare hatte. „Sind das wir," fragte ich und musterte sein Werk näher. „Nicht gucken, ich brauche noch 5 Minuten," er zog das Tablet aus meinem Blickfeld und drehte sich weg. „Okay, dann verabschiede ich mich schonmal von Ju," informierte ich ihn und machte mich auf den Weg in sein Büro.

„So wir verschwinden gleich, brauchst du noch was, sonst sehen wir uns erst morgen wieder?"

„Wir? Geht ihr noch auf ein Date oder was habt ihr vor?"

„Quatsch, wir schauen einen Film bei mir."

„Also doch ein Date."

„Laber keinen Müll, ich bin straight und nur, weil er das nicht ist, ändert das nichts."

„Wenn du meinst."

„Ja genau das meine ich."

„Ey sei nicht so sauer, ich zieh dich doch nur auf, wir sehen uns dann morgen."

„Bis morgen." Nach dieser mehr oder weniger erfreulichen Unterhaltung trat ich zurück in die Grafikabteilung wo Mexi gerade strahlend sein Werk betrachtete. „Schau mal, das bist du und das bin ich." Ich staunte, auf der Zeichnung waren die zwei Figuren in einem Park zu sehen, der Junge, der Mexi darstellte saß auf den Schultern meiner Figur und schleckte lächelnd an einem Eis. „Das ist richtig gut," stellte ich fest, „willst du das irgendwie mitnehmen?" „Darf ich," seine Augen strahlten und ich nickte. „Lisa könntest du das bitte ausdrucken," bat ich die Dame neben mir und sie stimmte zu. Gemeinsam verließen wir wenig später das Gebäude und machten uns auf den Weg zu meiner Wohnung.

„Isst du lieber süßes oder salziges Popcorn?"

„Süßes, das andere schmeckt doch nicht."

„Zu Befehl werte Dame."

„Danke- warte, hey."

Lachend stand ich vor der Mikrowelle und legte die Pappverpackung mit Maiskörnern hinein. Mexi stand jetzt im Türrahmen und betrachtete mich gespielt wütend: „Das ist nicht komisch."

„Wenn du dein Gesicht sehen könntest, würdest du auch lachen."

Seine Miene wurde hochmütig und er verschränkte die Arme vor der Brust: „Du bist blöd."

„Du wolltest unbedingt herkommen, dann musst du damit leben."

Er bewegte mehrfach nachdenklich den Kopf hin und her, bevor er etwas erwiderte: „Als Ausgleich musst du mir nh Hose geben, die Jeans wird langsam furchtbar unbequem."

„Von mir aus, der Kleiderschrank ist im Schlafzimmer, zweite Tür rechts."

Mexi verschwand und ich fragte mich woran es lag, dass ich ihm so vertraute. Normalerweise würde ich einen fast Fremden niemals alleine in mein Schlafzimmer lassen, geschweige denn an meinen Schrank. Irgendetwas an ihm erweckte mein Vertrauen und war mir nicht sicher, ob das gut oder schlecht war.

Blue •rezofyWhere stories live. Discover now