Kapitel 37

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Die Sonne war noch nicht komplett über den Dächern der Ställe aufgegangen, trotzdem stand ich schon mit einer Tasse Kaffee in der Hand am Fenster und blickte in den klaren, nebelverhangen Morgen. Alles an ihm versprach ein schöner Tag zu werden und ich wäre am liebsten schon um diese Uhrzeit aus dem Haus gestürmt um eine Runde mit Bumble oder Iris, oder auch einem anderen Pferd durch den Wald zu drehen. Meine Handgelenke schmerzten immer noch und ich durfte sie noch nicht der Belastung aussetzten, obwohl die Fäden gestern gezogen wurden. Allgemein war der Arzt mit der Heilung ganz zufrieden.

Der Kaffee schmeckte bitter, brachte aber meine Lebensgeister zurück. Ich hätte vielleicht doch nicht mit Helena, Quentin und Mara die halbe Nacht Filme gucken sollen. Wir hatten mit Jappaloup angefangen, dem besten Pferdefilm überhaupt und hatten uns schließlich durch die halbe Mediathek geguckt. Dabei hatten wir viel gelacht, Helenas gutes Essen noch einmal gelobt und Pläne für den nächsten Tag gemacht.

Ich war inzwischen wieder echt dankbar für meine Freunde. Sie war einfach klasse. Als hätten sie sich abgesprochen war ich seit dem letzten Versuch nicht mehr alleine gewesen. Mara war in den ersten zwei Nächten hier, Quentin in der darauffolgenden und darauf dann Helena. Spontan hatten wir den halben Abend über unsere Lieblingsbücher geredet und es hätte eigentlich nur gefehlt, dass jemand eine Flasche Wein hervor zaubert. Dann wären wir beinahe sowas wie der Cliché Buchclub aus amerikanischen Serien gewesen.

Mein Blick glitt über die Weiden, auf die nun die erste Pferde gelassen wurden. Als ich Bummbels geschecktes Fell erblickte musste ich grinsen und stellte meine Tasse auf dem Fensterbrett ab. Mama hätte mich dafür wohl ermordet. Gut, dass sie in Italien war und gestern Abend erst das beste Tiramisu ihres Lebens gegessen hat. Das hatte sie mir zumindest am Telefon erzählt, als sie mich wie beinahe täglich um achtzehn Uhr angerufen hatte.

Vielleicht sollte ich heute etwas Lesen und mich dazu in den Garten setzten. Es war Sonntag also musste ich keine Mails beantworten. Quentin und Helena waren auf einem Turnier und Mara schlief wohl mal aus. Wenn man mich fragte war das auch höchste Zeit.

Sie schien sich Vorwürfe zu machen und daher schlecht zu schlafen. Helena hatte gestern erzählt, dass Mara Angst davor hätte zurück zu dieser Holzapfel zu müssen, weil sie mich aus den Augen verloren hatte. Das würde ich allerdings Verhindern! Mara gehörte jetzt hier her und musste sich damit abfinden, dass ich Himmel und Hölle in Bewegung setzten würde nur um sie behalten zu können. Wenn sie schon keine Ausbildung hier machen wollte konnte sie immer noch als Turnierpflegerin bleiben! Man konnte ja bekanntlich niemanden zu seinem Glück zwingen.

Der Ton der Haustürklingel ließ mich zusammen fahren. Irritiert warf ich einen Blick auf die Uhr am Backofen. Wer auch immer an einem Sonntag um diese Uhrzeit etwas von mir wollte musste eindeutig etwas wichtiges auf dem Herzen haben. Niemand von unserer Belegschaft würde sonst einfach so klingeln und das Tor der Hauptzufahrt war bestimmt noch verschlossen, also konnte es auch kein Fremder sein.

Hastig stellte ich meinen Kaffee auf dem Esstisch, wischte mir die Hände an meiner Jeans ab und eilte zur Tür.

„Hallo, ist etwas..." Ich riss die Tür förmlich auf und verstummte augenblicklich, als ich sah wer da komplett verheult und mit schuldbewusstem Blick vor mir stand. Das musste ein schlechter Witz sein! Sofort suchte ich mir den Augen nach einer versteckten Kamera oder ähnlichem.

„Morgen, kann ich rein kommen?" Klara schniefte und wischte sich über die Augen. Ihr Augenmake-Up war komplett zerlaufen. Sie verteilte es daher eher weiter in ihrem Gesicht, anstatt es besser zu machen. Mitleid überkam mich.

Schwer seufzte ich auf und trat aus der Tür. Auch wenn sie mich verletzte hatte, war ich nun wirklich kein Unmensch. Sie draußen stehen lassen war etwas das würde Kai machen, aber nicht ich. Ich bildete mir zumindest ein so etwas wie eine gute Erziehung zu haben.

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Where stories live. Discover now