Des Springreiters Stolz- (2022 Version)

Kapitel 1- überarbeitet

Dieses Kapitel ist ab 10.06.24 auf meinem Patreon als Hörbuchfolge verfügbar.

Die Sonne brannte auf den kleinen Turnierplatz bei Münster. Der Himmel war klar und es versprach ein wunderschöner Sommertag, auf dem lokalen Springturnier zu werden. Zahlreiche Zuschauer hatten sich, am mit bunten Werbebannern geschmückten Zaun des Parcours eingefunden und ein fröhliches Stimmengewirr empfing mich, als ich auf meiner langbeinigen Hannoveranerstute Glowing Iris zum Einritt des Parcours ritt. Mein Herz schlug kräftig gegen meine Brust. Iris spielte mit den Ohren. Sie wusste bald- bald würde es losgehen. Als müsste ich mich absichern drehte ich mich zu meinem bester Freund Quentin und meiner Freundin Klara, die dicht an Iris Flanke, mit uns zum Einritt liefen.

Quentin hatte, wie so oft, einen Becher Kaffee in der Hand und eine Sonnenbrille etwas tief auf der Nase. Von Zeit zu Zeit, linsen er über das goldene Brillengestell, um die Anzeigetafeln zu checken, oder den gewagten Springstil einiger unserer Konkurrenten zu kommentieren. Auch jetzt linste er über die dunkelbraun getönten Gläser und hob nur müde eine Augenbraue.

Klara hingegen war heute schweigsam. Normalerweise genoss sie es, mit uns auf Turniere zu fahren. Je größer desto besser und sie kam meist gar nicht aus dem Schwärmen heraus, wenn sie all die Zuschauer, edlen Springpferde und bunten Zelte, in den allerlei Reitsportequipment verkauft wurde, sah. Heute zierte nur ein stummes und verhaltenes Lächeln ihre vollen Lippen, die sie sich vor wenigen Jahren zu ersten Mal hatte aufspritzen lassen. Ich hatte es nicht verstanden, warum sie sich kurz nach unserem Abitur dafür entschieden hatte das Geld, das sie zum Abschluss bekommen hatte, für einen Schönheitseingriff zu verwenden. Er war zwar nur temporär und musste immer wieder wiederholt werden, aber er hatte dafür gesorgt das aus dem kleinen schüchterten Mädchen, welches ich in der 10 Klasse kennen und lieben gelernt hatte, eine selbstbewusste starke junge Frau geworden war, die davon träumte nach den Sternen zu greifen. Manchmal wunderte es mich, dass sie immer noch bei mir war, aber ich wüsste auch nicht was ich ohne sie tun sollte. Ein warmes Gefühl setzte sich in meiner Brust fest. Es war nicht mal die Gewohnheit sie immer um mich zu haben, seit einer Stufenfahrt vor mittlerweile vier Jahren. Es war eher das Gefühl der tiefen Verbundenheit, das mir ohne sie fehlen würde. Sie machte mein Leben auf eine einzigartige Art und Weise komplett. Ich könnte wohl kaum glücklicher sein!

Seit jener Stufenfahrt nach Weimar, verging kein Tag, an dem wir nicht zusammen ausritten, sie mir ab und an mal ein Pferd im Training anreichte, oder wir gemeinsam am Abend auf dem Heuboden unseres ältesten Stalls in die Sterne blickten, und uns die Zukunft in den schillerndsten Farben ausmalten. Das müssten wir dringend mal wieder tun! Am besten Morgen, dann sollte der Sternenhimmel besonders gut zu sehen sein.

Zärtlich lächelte ich zu ihr herüber und sie legte mir, wie so häufig vor einem Start, die Hand auf den Oberschenkel. Ihr Lächeln war heute allerdings halbherzig und erlosch, als sie unseren größten Konkurrenten und selbsterklärtes Großmaul, Kai Machtzek erblickte.

Er stand ebenfalls, wie so oft, mit seiner eingeschworenen Gruppe aus Lackaffen am Ausritt und beäugte hochnäsig die anderen Starter, die nach ihm kamen. Er tat immer so, als würde die Welt ihm gehören und nur auf den großen Springreiter Kai Machtzek warten. Dass der Erdball sich dabei nicht um ihn drehte, schien auf eine beeindruckende Art immer an ihm vorbeizugehen.

Ich kannte Kai schon seit meiner Kindheit, und schon damals hatten wir uns nie auch nur einen Augenblick verstanden. Da war sogar der Kader egal gewesen, aus dem wir beide wohlgemerkt unehrenhaft mit sechzehn rausgeflogen waren. Wir hatten uns vor versammelter Mannschaft geprügelt . Das hatte zu Hause vielleicht einen Ärger gegeben, und seither schien sich unser Hass und die Missgunst, die wir einander entgegenbrachten nur noch verstärkt zu haben.