Kapitel 7

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Sogar zum Selbstmord war ich zu blöd! Risiko Faktor Quentin hatte ich nicht einkalkuliert. Beste Freunde konnten echt die Plage sein! Natürlich hatte er gemerkt, dass etwas nicht stimmte und hatte mich da gerade noch rechtzeitig gefunden.

Das war doch einfach nicht fair! Ich hätte nicht mehr hier sein dürfen! Ich hätte endlich Erlösung finden sollen von alle dem Weltschmerz in meiner Seele, aber nein!

Wütend starrte ich aus dem Wohnzimmerfenster raus auf den Hof!

Wenigsten war mir durch Papas Wortgewandtheit die Klinik erspart worden, heiß allerdings keinesfalls, dass ich mich frei bewegen konnte.

Ich war wie ein Vogel im goldenen Käfig und meine Mutter hatte ihn so fest verschlossen, dass egal wie sehr ich an den metaphorischen Stäben rüttelte, sie einfach keinen Millimeter nachgaben.

Im Gegenteil, je mehr ich versuchte mich gegen diesen Hausarrest zu wehren, desto enger zog sich die Schlinge um meinen Hals, desto trauriger wurde meine Mutter und desto verzweifelter mein Vater.

So verzweifelt, dass er einen Termin bei einer Therapeutin angeleiert hatte und Mama hatte mir sehr deutlich gemacht, dass ich darum nicht herum kam. Sie würde mich persönlich in das Behandlungszimmer schleifen und persönlich wieder ins Auto zerren, ehe ich auf weitere lebensmüde Ideen kommen könnte.

Alleine diese Aussicht machte meinen Tag nicht gerade besser. Eher das Gegenteil.

Wäre ich eine Katze würde ich wohl verzweifelt an der Fensterscheibe kratzen und so lange maunzen bis ich rausgelassen werden würde.

Nun, war ich ja leider keine Katze sondern ein Mensch. An Fensterscheiben kratzen, hätte etwas noch psychopathischeres an sich, als ich wohl in Wirklichkeit war und das maunzen konnte ich gegen Worte ersetzten. Letzteres half aber wenig, da Mama auf Durchzug schaltete, sobald ich nur den Mund öffnete.

So stand ich also alleine am Fenster und beobachtete in meiner Langeweile, Einsamkeit und Tristesse was sich an der Einfahrt abspielte.

Eine junge Frau in einer etwas zu großen Bluse, Stiefeletten und Jeans lief gerade die Einfahrt runter. Eine rote Mappe in der Hand und blickte sich immer wieder fasziniert um. So wie sie aussah hatte sie so eine Anlage noch nie in ihrem Leben gesehen. Das sagten alleine schon ihre Klamottenwahl und die gewagte Haarfarbe über sie aus. Außer ich hatte in der Zeit seit der ich nun ohne Handy war den neusten Instagramtrend verpasst.

Was hatte sie wohl hier gewollt?

Der Mappe nach zuurteilen war es ein Bewerbungsgespräch gewesen und ihrer Haltung nach war es schwer zu sagen ob die den Job kommen hatte oder nicht. Fragte sich nur noch welchen Job.

Da gab es in ihrem Alter nur zwei Optionen. Pferdepflegerin oder sie hatte sich auf eine Ausbildungsstelle beworben.

Mein Bauchgefühl sagte ersteres. So jemanden hätte meine Mutter niemals zur Ausbildung durchgewunken. Wir waren ja schließlich wer und da hatte man einfach keine bunten Haare, wenn man für uns ritt.

„Leo?", ich zuckte zusammen und löste meinen Blick von der Einfahrt. Wenn man vom Teufel sprach.

„Wir müssten so langsam mal los!".

Na super die Seelenklempnerin rief also und ich durfte springen.

Mama ließ ihren Blick über mich wandern, als wöge sie mir jeden Moment vorschlagen, doch lieber das hell blaue Ralph Laurent Poloshirt, die schöne beige Chino und die Bootsschuhe anzuziehen, als mein zugegeben etwas verwaschenes Kingsland T-shirt und die Jeans, die auch schon mal bessere Tage gesehen hatte. Ich fühlte mich wohl darin.

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon