Kapitel 17

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„Verdammte Scheiße!", jammerte Helena und vergrub ihre Nase in den Sofakissen, die Augen rot vom Weinen.

Ich seufzte. Was sollte ich dazu groß sagen? In einer gewissen Weise war sie ja selber schuld. Helena sollte Quentin vielleicht mal sagen, was sie fühlte.

„Sie ist kaum ein paar Tage hier und schon krallt sie sich ihn! Das hätte ich echt nicht gedacht!", schniefte sie in die Sofakissen und ich fuhr ihr etwas hilflos über den Rücken. Ich wusste zwar wie Liebeskummer sich anfühlte, aber wie man da half war auch mir fremd. Ich meine, ich hatte versucht mir mein Leben zu nehmen, da musste, man glaube ich nicht diskutieren wie und ob ich gut mit Liebeskummer umgehen konnte.

Unschlüssig biss ich mir auf die Unterlippe, ehe ich versuchte sie irgendwie zu beruhigen. „Du kennst doch Quen!"

„Das ist es ja!", heulte sie auf und ich konnte sie verstehen.

Quentin ließ nie etwas anbrennen und wie es zuletzt schien, hätte er auch nichts gegen eine etwas längere Liaison, die auch etwas beständiger seine durfte. Im Klartext, Quentin suchte mal wieder nach einer Freundschaft Plus und das am liebsten auf Abruf und von nebenan. So war er eben und sie sollte dringend aufhören, sich falsche Hoffnungen zu machen. Sie und Quentin, das würde einfach nichts werden.

„Er sieht mich nicht!", fuhr sie mit zittriger Stimme fort und boxte wütend in die Kissen. Ihr Fäuste trommelten schlapp und kraftlos auf das graue Sofakissen ein, ehe sie die Arme schlaff neben ihren Körper sinken ließ.

Etwas ratlos stand ich neben dem Sofa und wusste, wenn ich ehrlich war, nicht ganz, was ich noch sagen sollte. Es wäre weit gefehlt, würde ich sagen, ich verstand sie nicht, aber ich verstand sie auch nicht zu einhundert Prozent.

Ich hatte Klara schließlich lange meine Freundin nennen dürfen, ehe sie sich dazu entschlossen hatte, Kai mir vorzuziehen. Wusste der Geier, warum!

Automatisch tastete ich nach meinem Handy und dachte an die Nachricht, die ich Klara gestern noch geschickt hatte. Ob sie jene wohl schon gelesen hatte? Geantwortet hatte sie jedenfalls nicht. Stattdessen noch eines dieser nervigen Kuschelfotos mit Kai gepostet. Solche Fotos hatten wir tatsächlich nie gemacht. Allgemein hatten wir nie viele Fotos gemacht. Ich hatte immer den Moment genießen wollen und nichts auf irgendwelchen sozialen Netzwerken zur Schau stellen müssen.

Plötzlich kam mir eine Idee Helena aufzumuntern, „Wir wissen doch beide. Quentin wird mit ihr spielen und sie dann gelangweilt fallen lassen. Erstens kannst du froh sein, dass du es nicht bist und zweitens ist die liebe Tamara danach aber mal ganz schnell weg!"

Helena strich sich die Haare aus dem Gesicht und zog die Nase hoch. Kritisch musterte sie mich, als ob sie sich nicht sicher wäre, dass ich es auch ernst meinte. Dann legte sie nachdenklich die Stirn in Falten und machte, „Hmh!". Darauf folgte Stille, in der sie mich einfach nur ansah und nach einer sich ewig anfühlenden Pause leise und eher unsicher fragte, „Leo? Willst du dich immer noch umbringen?"

Die Frage hatte ich mir seit ein paar Tagen nicht mehr gestellt. Ein Teil von mir wollte leben, hoffend, dass Klara zu mir zurückkam und ich wieder Erfolg im Sattel hatte. Ein anderer Teil, sah keinen Grund darin, immer noch diesen Druck zu ertragen und einfach nur in jeden dieser grauen und langweiligen Tage hineinzuleben. Die Farbe war gefühlt gegangen und jeder Tag war gleich. Mit dem einzigen Unterschied, dass der Zeitpunkt ab dem ich nichts mehr fühlte variierte.

„Mal so, mal so", gab ich zu und senkte meinen Blick auf den Boden. Die Lippen presste ich fest aufeinander und wartete angespannt auf Helenas Reaktion.

Die kam auch prompt. Sofort sprang sie auf und nahm mich einfach in den Arm, während sie nun wieder heulte wie ein Schlosshund. Ihre Wange drückte sie fest gegen meine Brust und schien mich nicht loslassen zu wollen.

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt