Kapitel 29

158 6 5
                                    

Ich hatte die letzten Tage regelrecht genossen. Die Therapie lief. Ich hatte mich endlich mal meiner Therapeutin geöffnet und das war gar nicht mal so schlecht gewesen, außerdem hatte ich die letzten Tage jeden Morgen nach meinen ersten zwei Pferden mit Quentin und Mara draußen gefrühstückt. Es hatte etwas beruhigendes gehabt.

Nur heute fiel das Frühstück ins Wasser, denn zum einen regnete es leicht und zum anderen waren wir schon um fünf Uhr morgens aufgebrochen um zum Turnier zu fahren. Helena und Quentin waren schon vor mir wach gewesen und hatten alle Pferde verladen. Ich hatte mir die Nacht den kopf darüber zerbrochen wie es wohl wäre Klara endlich über den Weg zu laufen und was ich ihr sagen würde. Daher hatte ich meinen Wecker auch verschlafen und wohl auch unsere Abfahrt, hätte Mara mich nicht angerufen und schließlich unsanft aus dem Bett geschmissen.

Die Sonne stand schon deutlich höher, als sich der Lkw über die Einfahrt zu den Stallzelten schob. Überall herrschte schon reges Treiben und hatten wir gedacht dass wir in Ruhe abladen könnten, da wir so früh waren, hatten wir uns eindeutig getäuscht. Die Schlange aus Lkws, Transportern und Autos mit Anhängern war lang und alle wollten am liebsten jetzt ihre Pferde runter bekommen, als in 10 bis 15 Minuten. Pfleger und Reiter wuselten durch die Stallgassen und Turnierschränke fuhren ratternd an uns vorbei.

Quentin trommelte genervt mit den Fingern auf dem Lenkrad und ich hing, wie immer verschlafen und an mein Bett denkend am Fenster. Bei den Mädels herrschte eisiges Schwiegen und nur das Radio dudelte.

Endlich konnten wir abladen. Routiniert brachten wir die Pferde erst vom Lkw, holten dann die Schränke und Quentin parkte unser Zuhause für das Wochenende an dem uns zugeteilten Platz. Wir anderen bauten indes alles auf der Stallgasse auf. Es war alles wie immer. Nur hatten wir ausnahmsweise mal eine Person mehr, die mit anpackte und fleißig Boxenvorhänge aufhängte, Wassereimer schleppte und Heu verteilte. Noch nie war mir aufgefallen, wie wenig Klara uns eigentlich geholfen hatte. Plötzlich war ich sehr dankbar für Mara.

Wir gingen Quentin gerade entgegen, da kamen uns natürlich Klara und Kai entgegen. Sofort versteifte ich mich. Mir wurde schlecht und ich ging einen Schritt schneller. Helena störte das alles nicht und sie zuckelte hinter her. Mara hingegen hielt eisern mit mir Schritt und musterte die beiden abfällig.

Klara tat so als würde sie mich nicht sehen. Sie schaute nach vorne, versteckte sich hinter den großen Gläsern ihrer verspiegelten Sonnenbrille. Kai hingegen sah mich an, als hätte er gerade einen Krieg gegen mich gewonnen und legte wie zum Beweis seinen Arm fester um Klaras Hüfte. Seine Lippen zierte ein unsympathisches Lächeln, das mich etwas an eine Hyäne erinnerte.

Natürlich blieb er stehen. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde annehmen er würde einfach an mir vorbei gehen. Fuck!

„Na, von Speyer. Wieder aus dem Irrenhaus zurück", setzte er zu einer Provokation an und lachte dabei über seinen eigenen Witz.

„Ach, du bist der Vollspast über den hier alle reden, der nicht reiten können soll und sein Ego nur mit Witzen auf kosten anderer füttert. Hatte mich dich irgendwie hübscher vorgestellt, aber passt schon so. Besonders mit dem Plastik in deinem Arm!", sprang Mara mir augenblicklich zur Seite.

Kai schaute perplex und auch Klara schienen die Wort zu fehlen. Damit hatte wohl niemand gerechnet. Mara sah ihn herausfordernd an. Sie schien nur so darauf zu hoffen, dass er noch einmal eine Boshaftigkeit fallen ließ.

„Verpass deiner Pferdepflegerin mal einen Maulkorb", fing Kai sich leider wieder.

Ich schüttelte den Kopf und sah zu Mara herüber. „Nö, brauche ich nicht. Ich muss meine Leute nicht knechten. Die arbeiten freiwillig für mich und nur weil sie die Wahrheit sagt? Da finde ich einen Maulkorb übertrieben."

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Where stories live. Discover now