Kapitel 5

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Ich wickelte mich fester in meine Bettdecke ein. Sie war warm, fühlt sich geborgen an und hier schien die Welt nicht zu existieren. Hier in meinem Bett, zwischen den Kissen und mit der großen grau bezogenen Bettdecke bis zu Nasenspitze gezogen. Hier war ich sicher. Sicher vor der Welt und ihrer harschen Realität, die mir den Ruf zerstörte und die Freundin nahm.

Ich hörte meine Zimmertür quietschen. Ein leises seufzten kam über meine Lippen. Es war also wieder Zeit. Die Matratze senkte sich etwas unter dem Gewicht, als sich der Eindringlich auf mein Bett setzte. Eine feingliedrige Hand an der ein schmaler goldener Ehering aufblitzte bahnte sich den Weg unter die Decke und zog sie mir vom Kopf.

Meine Mutter lugte vorsichtig auf mich hinab. Eine steile Sorgenfalte türmte sich zwischen ihren Augenbraunen auf und sie blinzelte aus ihren blauen Augen besorgt auf mich runter. Ich hasste diese Blick schon seit ich denken konnte. Diese Mischung aus Besorgnis und Anklage. Besorgnis um mein Seelenheil und Anklage dafür, dass ich nicht einfach sein konnte wie andere, Quentin zum Beispiel, der selbst in diesem Zustand wohl Witze reißend am Zaun des Springplatzes stehen würde. Seine Gruppe aus Fangirls darf man natürlich nicht vergessen, die sich ihm mit Freuden an den Hals werfen würden.

„Willst du nicht aufstehen?", fragte sie sanft und stich mir mit ihren langen dünnen Fingern über die Wange. Wortlos griff ich mit meinem gesunden Arm wieder nach der Bettdecke und zog sie wieder hoch. Die Welt sollte weg gehen! Mich in Ruhe lassen! Sie zog die Decke wieder runter. „Leo!", kam es ihr vorwurfsvoll über die Lippen und ich wartete nur so auf die tägliche Ansprache, dass ich mich gehen lassen würde, ich mich zusammen reißen sollte, etc, etc. Ich schloss die Augen. Gegen weg wünschen sprach ja nichts, oder?

„Du musst zumindest etwas essen! Das geht so nicht. Ich weis es ist gerade schwer und alles andere als angenehm sein Herz gebrochen zu bekommen, besonders nach so einem Sturz." Das war die Untertreibung des Jahres. Es war nicht schwer, es war alles beschissen! Selbst das war noch untertrieben. Es war aussichtslos, frustrierend, enttäuschend, einfach richtig scheiße und was schlimmste war ich war Schuld! Das Gefühl gab mir zumindest jeder.

Leonard von Speyer- der Fehler im System! Der, der zu blöd war sich auf dem Pferd zuhalten und so dumm war dass seine langjährige Freundin ihn ganz leicht hatte betrügen können. Wie sollte ich dann nur jemals dieses Gestüt übernehmen? Ungeeigneter konnte man wohl kaum sein, oder?

„Komm aufstehen", stieß Mama mich gegen die Schulter. Es war natürlich die Kaputte gewesen. Sofort verzog ich das Gesicht und stöhnte auf, als der ziehende Schmerz sich bemerkbar machte. „Das hatte ich vergessen", murmelte sie leise und entschuldigte sich. Als ob das meine Schmerzen wieder gut machen würde...

„Ich mache dir frühstück und du bist in spätestens fünf Minuten unten in der Küche", beschloss sie schließlich einfach ehe sie ihre dürre Gestalt aus dem Zimmer schob.

Seufzend ergab ich mich meinem Schicksal. Sonst würde sie wohl in weniger als fünf Minuten wieder hier im Raum stehen. Dieses Mal würde ich wohl schon zum Frühstück mit dem was ich vermeiden wollte konfrontiert werden, der Realität.
Müde und mit meinem Arm wieder in der Schlinge wankte ich die Treppe ins Untergeschoss hinunter. Mama hatte wohl beschlossen heute groß aufzutischen. Zumindest wehte mir der Geruch nach Pfannkuchen entgegen, als ich auf der Mitte der Treppe angelangt war. Wann gab es das letzte Mal Pfannkuchen? Keine Ahnung! Zum Frühstück gab es sie zumindest seit ich mich erinnern konnte noch nie. Da hatte jemand ein Schlechtesgewissen. Warum wohl? Wegen mir! Jetzt war meine Laune endgültig im Keller!

Eine ziemliche Fresse ziehend ließ ich mich an den gedeckten Frühstückstisch fallen und mir lachten tatsächlich Apfelpfannkuchen entgegen. Eigentlich die perfekte Henkersmahlzeit.

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Where stories live. Discover now