Kapitel 36

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Tief atmete ich die Hofluft ein. Verdammt liebte ich es hier. Dass ich bald weg gehen könnte machte mich etwas wehmütig.

Leo seufzte und schlug die Autotür zu.

„Kommst du? Kochen kann ich leider immer noch nicht alleine."

Klar, mit seinen Handgelenken wäre das wohl eine Kunst. Er schien auch immer noch Schmerzen zu haben.

„Sicher. Aber wollten wir nicht noch auf Helena und Quentin warten?"

Zumindest hatten wir dieses Vorgehen gestern so besprochen. Helena wollte umbedingt kochen und zum Nachtisch irgendetwas mit Erdbeeren machen. Ich hatte zumindest alles eingekauft was auf ihrer Liste gestanden hatte.

„Hmh!", machte Leo nur und stand etwas Fehl am Platz neben seinem schwarzen Wagen. Er mied es gerade die Hände mehr zu benutzen als nötig. Man konnte in seinem Gesicht ablesen wie sehr ihn die Tatsache nervte.

Ich holte die Tasche aus dem Kofferraum und drückte dieses überaus komfortable kleine Knöpfchen an der Heckklappe. Automatisch senkte sich die Heckklappe wieder und schloss sich beinahe lautlos. Sowas wollte ich auch! Gott, mein eigenes Auto kam mir immer mehr wie eine Drecksmühle vor, die eigentlich nur noch von ihrem eigenen Rost zusammengehalten wird.

„Ich meine wozu habe ich all das hier besorgen müssen, wenn du jetzt ohne die beiden Essen willst!"

„Du hast ja recht. Die Therapie war heute etwas anstrengend. Mir könnte das nur alles etwas viel werden!", murmelte er und sah zum Haupthaus herüber.

Überrascht hob ich eine Augenbraue. Seit wann sprach Herr von und zu bitte offen über seine Gefühle? Das war eindeutig eine Entwicklung, die ich begrüßte. Sofort schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Er hatte heute wohl echt Fortschritte gemacht.

„Das ist okay Leo, wenn es zu viel wird sagst du es einfach. Wir können das alle verstehen und geben dir Raum dass du dich zurückziehen kannst. Wir verstehen das. Sag uns aber bitte auch wenn es dir nicht gut geht." Ich versuchte so weich wie möglich zu klingen. Mit wenigen Schritten stand ich neben ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

Er teilte mit der Zunge seine trocken aussehenden Lippen. Kurz wartete ich ab ob er etwas sagen wollte, aber als er stumm blieb, drückte ich nur kurz seine Schulter und schob mich dann an ihm vorbei.

„Komm. Hier sind auch gefrorene Sachen drin und ich bekomme bestimmt Ärger von Helena, wenn auch nur etwas geschmolzen ist und diese schrecklichen Kristalle bildet."

Leo musste lachen. „Oh, darauf kannst du Gift nehmen!"

Kurz wollte ich sagen, dass ich mein Leben doch sehr liebte und nicht darauf scharf war es zu beenden, aber biss mir noch rechtzeitig auf die Zunge. So ein Spruch war einfach noch nicht angebracht. Nicht nachdem was vor wenigen Tagen noch passiert war.

Ich räumte alles in Kühl- und Gefrierschrank, während Leo stumm am Küchentisch saß. Er sah müde aus und irgendwie fragte ich mich worüber er wohl mit seiner Therapeutin gesprochen hatte. Es beschäftigte ihn jedenfalls immer noch. Diese nachdenkliche Denkfalte auf der Stirn stand ihm nicht und ließ ihn seinem Vater unheimlich ähnlich wirken. Sonst hatte er ja mehr Züge von seiner Mutter.

Langsam ließ ich mich zu ihm an den Tisch fallen und stöhnte auf. Es war so eine stickige und schwüle Luft, dass sich langsam ein leichter Kopfschmerz bei mir bemerkbar machte. Sofort stand ich wieder auf und holte mir ein Glas aus einem der Schränke. „Möchtest du auch etwas Wasser?"

„Hmh?" Leo blinzelte mich verwirrt an, als hätte ich ihn aus seiner Blase geholt.

„Wasser?", fragte ich und hob das Glas in meiner Hand in die Höhe.

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Where stories live. Discover now