Kapitel 11

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Gedankenverloren saß ich auf dem schon alten Holzzaun und blickte auf den Waldrand. Hier neben dem symbolischen Grab von Scotty fühlte ich mich einer besseren Zeit näher.

Einer Zeit vor Clara. Eine Zeit vor der mir mein Herz gebrochen wurde und in der ich noch Erfolg und einen gute Ruf gehabt hatte. Verdammt war doch alles scheiße!

Diese Tamara war auch hoffentlich nur ein dummer Scherz meiner Eltern. Sie sah nicht aus wie jemand der auf mich aufpassen könnte. Ach was! Das musste man nicht mal!

Ich zuckte unvermittelt zusammen, als ich Schritte hinter mir hörte. Hatte sie mich also gefunden. Wer hatte bloß gepetzt? Quentin oder Helena? Ich tippte mal ganz Intuitiv auf Helena.

„Du hast nerven!", fuhr Tamara mich an und lehnte sich neben mich an den Zaun. Das Holz ächzte leicht.

Ich stöhnte auf „Lass mich einfach in Ruhe!"

„Das steht nicht zur Debatte. Ich habe einen Job und den erfülle ich." Sagte sie bestimmt.

Na super! Konnte sie mich nicht einfach sterben lassen oder zumindest mit meinen Gedanken alleine? Durfte ich überhaupt noch etwas alleine? Außerdem ärgere es mich schon wieder hier draußen sein zu müssen. Im Wohnzimmer die Decke anstarren wäre so viel gewinnbringender für mein Seelenheil, da musste ich nämlich keine Menschen sehen und nicht daran erinnert werden, was für ein Fehler ich doch war.

„Scotty, süßer Name" beäugte diese Nervensäge das etwas verwitterte Holzkreuz. „Was war es denn für ein Pony?"

„Lass es!" Knurrte ich.

Über Scotty reden wollte ich auch nicht. Scotty war tot, das war schon schlimm genug, da musste sie mich nicht auch noch über ihn ausfragen und nur noch mehr Wunden aufreißen!

„Schon gut, schon gut" seufzte sie und ließ ihren Blick weiter wandern.

Konnte sie nicht einfach die Klappe halten, verschwinden und nicht wieder kommen? Ja das wäre wünschenswert. Ich wollte allein sein! Drückte das nicht meine ganze Körpersprache aus oder war diese Tamara genauso ein sozialer Reinfall wie ich?!

Ein sozialer Reinfall, treffender konnte man mich doch nicht beschreiben! Ich hatte keine Freunde, war nie besonders beliebt gewesen, naja um ehrlich zu sein waren meine damaligen Freunde in der Schulzeit nur dicke mit mir wegen der Pferde, und meine Freundin, pardon, Ex-Freundin vögelte einen anderen.

„Ich bin ja echt etwas verliebt in eure Anlage" versuchte Tamara sich wieder daran ein Gespräch anzufangen.

„Dann heirate sie doch!" Rutschte es mir unvermittelt heraus und ich ärgerte mich etwas für diesen beinahe schon kindischen Vorschlag.

Tamara atmete hörbar aus „Leo, du wirst mich nicht los!".

Das hatte ich auch schon befürchtet. Ich hatte jetzt also offiziell einen Schatten. Mental und physisch. Aber nur einer von ihnen hatte einen Namen.

„Das ist ja die Scheiße!" Knurrte ich und fokussierte meinen Blick wieder auf den in der Ferne sanft rauschenden Wald. Die dicken und hohen Tannen wogen sich leicht in der warmen Sommerbrise.

Tamara seufzte erneut. „Können wir nicht wenigstens versuchen das Beste hieraus zu machen?" Wagte sie doch tatsächlich einen weiteren Vorstoß.

„Ich wüsste nicht warum. Verschwinde einfach. Geh in den Stall oder sowas. Ich will alleine sein" forderte ich sie noch einmal dazu auf endlich das weite zu suchen. Ich hoffte wirklich sie würde sich einfach in einen dr Ställe verkrümeln, eventuell in Quentin rein rennen und sich seinem Fanclub anschließen, damit mich dann für den rest des Tages vergessen.

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt