Kapitel 21

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Irritiert betrachtete ich das komische Schauspiel der Emotionen auf Maras Gesicht. Ihre Augen funkelten und sie starrte gebannt auf ihr Handy, dessen Bildschirm sie von unten anleuchtete und ihr Gesicht in eine beinahe geisterhaftes helles leicht bläuliches Licht tauchte. Sie schien sich über irgendetwas zu freuen und gleichzeitig mit sich zu hadern.

"Ist etwas passiert?", fragte ich daher und bemühte mich gleichgültig zu klingen. Wenn ich ehrlich war hatte ich mich gerade einigermaßen damit abgefunden, dass Mara nun für die nächsten Wochen ein Teil meines Lebens war, den ich nicht so einfach los werden würde. Mich beschlich nun das untrügliche Gefühl, dass sie eventuell gehen würde. Noch vor wenigen Tagen hätte mich das gefreut, aber jetzt, jetzt wurde mein Herz schwer und ich konnte ihr kaum ins Gesicht sehen.

"Nein, es ist alles gut", winkte sie ab und schaltet mit wehmütigem Blick ihr Handy wieder aus. Man konnte die Spannung, die von ihr ausging quasi nur so aus der Luft greifen. Sie log mich an. Was auch immer sie da gelesen hatte beschäftigte sie und ließ sie mich jetzt auch nicht ansehen. "Schön hier. Tatsächlich!", lenkte sie ab, aber ich konnte etwas wie ein schlechtes Gewissen in ihren Augen erkennen. Was hatte sie da gelesen?

"Hmh", machte ich nur und versuchte weiterhin irgendetwas aus ihrem Gesicht zu lesen. Ich wollte einen kleinen Hinweis. Irgendeinen! Es musste nichts großes sein, aber genug dass ich wusste warum sie so plötzlich ein schlechtes gewissen hatte.

"Wem hast du geschrieben?", fragte sie beiläufig und ich wusste sie wollte nur weiter von sich ablenken. Aber wollte ich die Antwort auf meine Frage was sie da gelesen hatte wirklich haben?

Ich lehnte mich etwas zurück und atmete tief durch "Freunden". Was sie konnte, konnte ich ganz klar auch. Sie musste eindeutig nicht wissen welche Nachrichten Klara mir geschickt hatte. Einige davon waren wohl nicht nicht ganz Jugendfrei und mir damit tatsächlich etwas unangenehm sollte mal jemand anders mein Handy in die Hand bekommen. Vor allem aber trösteten ihre Nachrichten mich. Sie waren wie Balsam auf meiner geschundenen und schmerzenden Seele. Sie war unglücklich mit Kai und wollte sich zurück in meine Arme flüchten. Mit Handkuss würde ich sie zurücknehmen. Gott, alleine bei dem Gedanken an sie packte mich diese Sehnsucht.

Mara lachte. "Spatzi, du hast keine Freunde, außer Quentin und Helena!" Verdammt, sie war zu gut informiert. "Ich glaube kaum, dass du aus dem was die beiden dir schicken ein großes Geheimnis machen würdest." Sie musterte mich und kniff die Augen im Dämmerlicht leicht zusammen. "Lass mich raten. Es war deine Ex"

Ich knirschte mit den Zähnen. Sie war wirklich zu gut und scharfsinniger als ich angenommen hatte. Sah man mir wirklich schon an der Nasenspitze an, dass es Klara gewesen war, die mir geschrieben hatte? Wenn das so war, sollte ich wohl dringend an meinem Pokerface arbeiten.

"Leo!", ihre Stimme wurde weich und ich spürte ihre Hand wohlwollend auf meiner Schulter. "Mach dir bitte nicht zu große Hoffnungen!" Ich konnte ihre Augen besorgt glitzern sehen und sie hatte die Stirn in Falten gelegt.

"Was weißt du schon!", wurde ich augenblicklich schroff! Sie sollte sich da mal raushalten! Von Liebe schien sie keine Ahnung zu haben! Helena konnte davon wohl ein Lied singen.

"Wenig!", gab sie zu. Ohne mit der Wimper zu zucken streckte sie die Hand nach meinem Handy aus.

"Nein!", protestierte ich postwendend und dreht mich weg. Niemals würde sie es in die Hände bekommen und schon gar nicht die Nachrichten lesen.

Sie seufzte und ließ ihre Hand sinken. "Leo, ich habe nur Angst, dass du dich da in etwas verrennst und vielleicht an jemanden gerätst, der es überhaupt nicht ernst mit dir meint!"

Diese Angst konnte sie sich schenken und für sich behalten. Ich rannte schließlich keinem Quentin Behring hinter her, sondern meiner Klara. Da lagen Welten dazwischen! Es war nicht dasselbe.

Des Springreiters Stolz- (2022 Version)Where stories live. Discover now