Im Angesicht des Todes

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Shachis Lungen begannen bereits aufgrund des Luftmangels zu brennen, als er plötzlich den Boden unter seinem Hintern spürte. Er riss die Augen auf und schnappte gierig nach Luft. Das Wasser umspielte zunächst seine Schultern bis er den Sog nur noch an den Knöcheln spürte. Verwirrt sah sich um. Seine Kameraden und der Käpt'n lagen im Raum verstreut und schienen ebenso überrascht wie er selbst. Über das was passiert war und wieso sie überhaupt noch lebten.
Sein Blick blieb an der einzig aufrechten Person kleben. Majikku stand mit angespannten Muskeln und grimmiger Miene vor dem großen Loch in der Wand und hielt ihre Hände vor sich. Die sichtbaren Tattoos schienen einen eigenen Herzschlag zu haben und ihre Augen glühten förmlich. Shachi stockte der Atem.
Das war also ihre Kraft.
Innerlich schlug er sich gegen die Stirn. Ihr Steckbriefname war Ozeania, wer hätte da nur ahnen können, dass es etwas mit Wasser zu tun hatte?

Der Kapitän der Hearts spannte seinen Kiefer an. Durch den plötzlichen Einschlag waren sie wild durch den Raum gewirbelt worden, sodass sich einige Crewmitglieder verletzt hatten. Penguin hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Seite. ‚Rippenfraktur', diagnostizierte Law gedanklich. Jean Bart war ohnmächtig, Uni und Clione schienen mehrere Prellungen erlitten zu haben und Bepo hatte eine stark blutende Platzwunde am Kopf. Wenigstens waren sie nicht ertrunken. Er richtete sich auf und heftete seinen Blick auf die ungeplante Wandöffnung, welche etwa zwei mal zwei Meter groß war. Das Salzwasser wurde durch eine unsichtbare Kraft am Eindringen gehindert und war nun wie ein übergroßes Fenster in das dunkle Blau des Ozeans.

Schmerzhaft und langsam zog sich Penguin an einem umgefallenen Sofa auf die Beine. Sie waren so tief unter der Oberfläche, dass das Meer fast wie Tinte wirkte. Trotzdem erkannte er den riesigen Schatten, der an ihnen vorbeizog. Dann ein zweiter.
„Seekönige.", hauchte er verängstigt.
Plötzlich folgte ein weiterer Schlag und zerstörte die Außenwand in Bodenhöhe, was wohl hauptsächlich den darunter befindlichen Raum betraf. Diesmal trat jedoch kein Tropfen Salzwasser ein. Anscheinend hatte Majikku es sofort verschlossen. Dahinter erkannte man deutlich eine riesige Schildkröte mit einem einzelnen goldenen Horn auf der Stirn.
„Scheiße! Die durchlöchern uns wie ein Nadelkissen Käpt'n!!", schrie Penguin.
Sein Tod war wohl nur wenige Minuten nach hinten gerückt worden, denn bald würde Majikku in die Knie gehen. Ihm war es sowieso schon fragwürdig, wie sie Teufelskräfte gegen das Meer hatte einsetzten können. Er hatte eigentlicht vermutet, dass sie ein Logia-Nutzer des flüssigen Elementes wäre, als sie Law vor ein paar Tagen einfach abgeduscht hatte, aber im Nachhinein betrachtet, wäre sie dann bei der anschließenden unfreiwilligen Badeaktion ertrunken und nicht zurück aufs Deck geklettert.

„Das sehe ich.", quittierte der Chef ruhig. Panik half ihnen jetzt auch nicht weiter. „Bepo? Wir tauchen sofort auf. So schnell es eben geht.", schließlich durfte der Druckausgleich nicht zu abrupt sein, wenn sie alle ihre Trommelfelle behalten wollten. „Uni du überprüfst das Schiff auf weitere Beschädigungen und listest die betroffenen Räume auf. Nimm eine Teleschnecke aus dem Schrank mit. Der Rest der fit ist, geht in den Keller und holt bei Ikkaku unsere Metallplatten für außen und beginnt mit dem Zuschweißen der Löcher.", die Mannschaft sah sich verblüfft an.
„SPRECHE ICH UNDEUTLICH?!", setzte der schwarzhaarige Kapitän nach, woraufhin sich die Angesprochenen sofort in Bewegung setzten.

„Majikku.", er tauchte direkt neben ihr auf. „Kannst du das Wasser am Eindringen hindern und gleichzeitig nachsehen, was da draußen los ist?" Die präzise Einteilung seiner Männer setzte voraus, dass er genau um ihre Fähigkeiten wusste, was ihm bei der Blauhaarigen einfach fehlte. Sie war in ihrem Element stärker, das hatte er mitbekommen. Aber nicht wo die Grenzen ihrer Kräfte lagen. Er würde es wohl bald herausfinden.
Das ganze Schiff wurde durchgerüttelt und warf sie erneut durch den Raum. Anscheinend rammte sie der Seekönig.
Aber sie blieben weiterhin trocken.

Penguin hielt sich mit Mühen aufrecht. Immer wieder überraschte ihn der kühle Kopf seines Käpt'ns, den er auch in brenzligen oder ausweglosen Situationen behielt. Er arbeitete binnen weniger Augenblicke einen logischen Plan aus, der Penguin selbst wohl erst Stunden später unter der Dusche gekommen wäre. Wenn überhaupt. Deswegen war er umso verwunderter über den Auftrag an Majikku. Sie hielt bereits erstaunlich lang die Wassermassen zurück und sollte jetzt noch Informationen sammeln. Im Meer?
Und als wäre er nicht bereits verwirrt genug darüber, nickte die Blauhaarige nur knapp bevor sie mit dem Kopf zuerst durch die Öffnung nach draußen sprang.

Das Wasser war bissig kalt. Majikku schaute sich fröstelnd um und erkannte sofort ihre Niederlage.‚Das erklärt zumindest mein mulmiges Gefühl in diesem Gewässer', stellte sie wenig erleichternd fest, denn es nutzte ihr nichts mehr.
Sie aktivierte ihre Kräfte, wie sie es normalerweise nur tat, um einen neuen Gefährten zu finden. Womöglich funktionierte es auch bei den Seekönigen.
>>Ozeania<< ,erklang eine Stimme, die von tausenden gleichzeitig und doch nur von einem zu stammen schien. Sie wurde also erkannt. >>Warum sollten wir diese Wesen verschonen, die sich so bereitwillig in unsere Mitte begaben?<<
Weil es ihre Kameraden waren. Ihre Freunde.
>>Die ewige Nacht dauert noch an. Und du wirst die Dämmerung nicht bringen.<<
Majikku wurde nervös. Sie konnte nur intuitiv mit ihren Gefühlen kommunizieren und nicht logisch Argumentieren, obwohl das eine ihrer Stärken war. Und sie musste unbedingt einen Kampf verhindern, sonst würde es definitiv hässlich werden.

Langsam begann das U-Boot mit dem Auftauchen und entfernte sich von der Szene. Penguin hielt sich entsetzt die Hand vor den Mund, als sich die ersten Sonnenstrahlen durch das Wasser bohrten und ihm so Informationen zuspielten, die er lieber nicht hatte bekommen wollen. Und als er sich wortlos zu seinem Käpt'n drehte, wurde er in seiner Vermutung bestätigt. Law war das Blut aus dem Gesicht gewichen, als er das Bild in sich aufnahm, dass sich ihm bot. Da waren nicht nur zwei Seekönige. Es waren hunderte. Und in jedem Stückchen Blau erkannte er weitere dunkle Flecken in der Entfernung. Soweit das Auge reichte. Mit zweien wäre Majikku mit Sicherheit fertig geworden. Aber das hier...
‚Da hat sich das Rätsel mit dem mystischen Verschwinden der Schiffe in der Elysium-Strömung auch geklärt.', stellte Law beiläufig fest. Schade, dass sie es niemandem mehr berichten würden.

Das Boot wurde zwei Mal heftig gerammt und die Teleschnecke des Plüschmützenträgers rappelte laut in der sonst so gespenstischen Stille. Er reagierte nicht. Penguin spürte die Verzweiflung in sich aufsteigen. Auch wenn sie es rechtzeitig an die Oberfläche schaffen sollten, was unmöglich war, würden sie spätestens dann volllaufen und sinken, wenn Majikku fiel. Und da sie mitten auf dem offenen Meer waren, würden sich auch die besten Schwimmer nicht retten können.
Das schien Law wohl auch zu wissen. Natürlich tat er das.

Dir gehört mein Herz - [Law x Oc]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt