Kapitel 65

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Ich will die scheiße nicht mehr mitmachen, also betrat ich mein Zimmer, machte mir schnell einen Zopf, zog meine Sportsachen an und ging runter in den Trainingsraum. Mich sahen alle an, aber sie sagten nichts dazu. Als ich die Tür aufstieß, knallte ich die Tür hinter mir zu.

Lilous Sicht

Ich machte Musik an der Anlage an und fing an mit dem Sport. Ich wärmte mich auf und ging dann zu den Geräten.  Ich musste diese Wut aus mir herauskriegen, doch das klappte hier nicht. Immer wieder gingen meine Gedanken zurück zu Rudi und Katy. Mir stiegen die Tränen auf, weswegen ich abbrach und mir dann Boxhandschuhe herausnahm, um so meine Wut rauszulassen. Ich ging zum Boxsack und fing an drauf einzuprügeln. Du bist schuld! Du hättest dort bleiben müssen, du hättest mit ihnen sterben sollen!

Immer wieder kamen diese Gedanken auf und die Wut wurde immer größer. Meine Schläge wurden immer härter und plötzlich flossen mir die Tränen. Ich konnte es nicht glauben, wieso durfte ich leben, aber sie nicht? Die Musik verblasste und ich sah nichts mehr vor mir. Ich war in meinem eigenen Tunnel und konnte die Leichen von Rudi und Katy sehen. Ich wollte zu ihnen rennen, doch irgendwas hielt mich auf. Ich konnte mich nicht bewegen, ich war wie festgekettet. Schreien ging nicht, reden ging nicht und das Atmen viel mir schwer.

Ich wurde gerüttelt und bekam wieder eine klare Sicht. Jaydeen stand vor mir und hielt meine Arme fest. Seine Lippen bewegten sich, doch ich konnte nicht hören was er sagte. Ich sah ihn abgestumpft an und entriss mich seinem Griff. Ich merkte wie der Druck in meinen Ohren weniger wurde und ich langsam wieder anfing zu hören was er sagte. ,,Wieso redest du nicht mit mir? Wieso gehst du mir aus dem Weg? Was habe ich bitte gemacht, dass du mich so hasst?", fragte er verzweifelt.

Ich sah ihn fassungslos an. Hat er mich gerade wirklich gefragt, was er gemacht hat? Ist er wirklich so verblödet? Hatte er jemals funktionierende Gehirnnerven? Ich ging auf Abstand und wollte mich dieser Situation entziehen, doch er lies nicht locker. ,,Du sollst mit mir reden, du bist mir jetzt lang genug aus dem Weg gegangen! Rede doch mit mir verdammt nochmal!", schrie er mich an. Immer wieder versuchte er meinen Arm zu greifen, damit ich stehen bleibe, doch er erwischte ihn nicht.

,,Lass mich einfach in Ruhe.", sagte ich mit ruhiger Stimme. Er blieb vor der Tür stehen und lies mich nicht vorbei. ,,Solange du nicht mit mir redest, kommst du hier nicht durch. Weißt du eigentlich was ich alles für dich riskiert habe? Ich habe dich gerettet, du solltest mir dankbar sein. Ich hätte dich dort auch einfach sterben lassen können! Aber nein, ich wollte dich retten und habe es auch gemacht!". Ich wurde wütend. ,,Ich soll dir dankbar sein? Wofür? Dass du mich monatelang dort liegen gelassen hast?

Dass ich mich umbringen wollte? Dass ich gequält wurde und fast zur Prostitution gezwungen wurde? Dann kommen die Jungs dahin und ich werde von Jason gerettet und nicht von dir? Du hast meinen Freund umgebracht! Katy ist auch immer noch nicht hier! Also verarsch mich nicht und erwarte nicht von mir, dass ich dir den Arsch küsse. Denn genau das hast du nicht verdient! Du hast mich einfach im Stich gelassen. Und überhaupt, in der Zeit wo ich jetzt wieder hier war, warst du nicht einmal, nicht einmal Jaydeen, bei mir und hast nach meinem Wohlergehen gefragt.", schrie ich ihn an.

Er sah mich schockiert an und ihm stiegen die Tränen. Er wusste natürlich nicht, was er sagen sollte. Ich schüttelte nur enttäuscht meinen Kopf. ,,Geh mir aus den Augen Jaydeen. Ich will meine Ruhe haben.", blaffte ich ihn an. Er ging einen Schritt auf die Seite und ich konnte wieder zurück in mein Zimmer gehen. Auf dem gesamten Weg nach oben fluchte ich vor mich hin und ich knallte meine Zimmertür hinter mir zu. Ich hörte wie Jaydeen und Jason redeten, die Diskussion wurde immer hitziger.

Anscheinend wollte Jaydeen in mein Zimmer und mit mir weiter reden, doch Jason erklärte ihm, beziehungsweise versuchte ihm zu erklären, dass es nichts bringen würde und ich momentan meine Ruhe bräuchte. Jaydeen wollte dies nicht einsehen und lies sich nur schwer von der Idee abbringen. Jason kam kurz in mein Zimmer um zu fragen, ob ich wieder mit den Jungs essen möchte oder ob ich alleine in meinem Zimmer essen möchte. Ich sagte ihm, dass ich random entscheiden werde, wo ich essen will und er nickte nur.

Ich ging wieder raus zum Balkon und zündete mir eine Zigarette an. Währenddessen aktivierte ich die Anlage bei mir im Zimmer, um Musik zu hören. Ich hatte keine Lust mehr die Schwache aus der Gruppe zu sein. Ich hörte wie sich die Jungs unten für irgendwas bereit machten, wahrscheinlich machten sie sich für irgendeine Mission bereit. Nach einer Zeit knallte die Haupttür zu und man hörte Autos wegfahren. Ich rauchte zu Ende und ging wieder ins Zimmer rein. Ich beschloss nach unten zu gehen, um was kleines zu essen. Die Anlage lies ich laufen, während ich die Treppen runterlief.

Aus der Küche kamen Stimmen und Geräusche. Ich ging langsamer und schlich leise zur Küchentür. Die eine Stimme kam von Jaydeen, die andere von Jason, aber die andere Stimme konnte ich nicht zuordnen. Sie kam mir bekannt vor, aber ich hatte kein Bild vor Augen. ,,Du musst ihr sagen was passiert ist.", sagte Jason. ,,Nein, ich kann das nicht. Sie hasst mich jetzt schon, wenn sie alles wüsste, würde sie nie wieder mit mir reden!", sagte Jaydeen verzweifelt. ,,Sie kann aber nicht im ungewissen gelassen werden. Sie ist ein schlaues Mädchen und früher oder später kommt sie dahinter und wenn das passiert, wird hier die Hölle los sein.", sagte die unbekannte Stimme.

Ich stürmte in die Küche und wollte die Jungs zur Rede stellen, als mich zwei mir sehr bekannte Augen ansahen. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als vor mir Rudi saß. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mir stiegen die Tränen in die Augen und ich fing an zu zittern. ,,Lilou, ich kann dir das erklären...", sagte er verzweifelt, doch es war schon zu spät. Meine Augen verdrehten sich und ich sackte zusammen. Rudi lebt?

Entführt von ihm?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt