Kapitel 60

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Er schüttelte nur den Kopf und stieß mich ins Auto rein. Er knallte die Tür zu und schon rasten wir vom Parkplatz runter. Ich wurde panisch und verstand nichts mehr. Alles lief gut, bis dieser Typ kam. Wer war das nur? Wieso schieben jetzt alle Panik? Bekomme ich jetzt Ärger?

Lilous Sicht

Wir kamen an und gingen in das Haus. Während der ganzen Fahrt herrschte totenstille. Ich war wieder alleine mit meinen Gedanken und wusste nicht, wie ich auf das Ganze reagieren sollte. Hatte ich wirklich irgendwas falsch gemacht? Ich habe doch nur meinen Job erledigt. Rudi redete nicht mit mir. Er schwieg die ganze Zeit und dachte über irgendwas nach. Der Mann der als letztes bei mir bestellt hatte, kam mir nicht bekannt vor. Doch er wusste irgendwas.

,,Rudi, was soll das? Hör auf mich anzuschweigen und rede endlich mit mir! Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, was los ist. Ich habe nichts falsch gemacht, ich habe nur meinen Job erledigt. Also sag mir verdammt nochmal was zur Hölle hier los ist?!", schrie ich ihn an. Er zeigte mir mit dem Zeigefinger das ich leise sein soll, griff nach meiner Hand und ging mit mir in mein Zimmer. ,,Zieh dich um, dann reden wir. Aber schrei mich nie wieder an!", die Strenge in seinem Ton zeigte mir, dass ich mich dagegen nicht wehren sollte.

Ich ging zur Kommode und griff mir ein paar Klamotten raus. Nachdem ich aus dem Bad geduscht rauskam, setzte ich mich neben ihm aufs Bett und wartete gespannt, was jetzt kommen könnte. Er sah mich schweigend an und atmete tief durch. ,,Ich habe dir versprochen auf dich aufzupassen. Ich halte mich an meine Worte Lilou. Ich habe seitdem du bei uns bist auf dich aufgepasst. Als du im Keller warst, habe ich tagelang mit dem Boss diskutiert, dass er endlich aufhören soll, dich zu foltern.". Ich sah ihn schweigend an und nickte nur.

Er atmete tief ein und wartete kurz. ,,Der Boss hat dich dauerhaft getestet. Er wollte dich wirklich als Stripperin anheuern, ich habe aber die Barkeeperin gefeuert. Ich wollte dich in Sicherheit wissen und habe alles dafür getan.". Ich war schockiert. ,,Wieso?", fragte ich verdutzt. Er sah mich an und schüttelte nur den Kopf. Ich lachte auf. ,,Ich bin kein kleines Kind mehr. Ich habe ein Recht darauf alles zu erfahren, was um mich geht. Also habe ich auch darauf ein Recht!", fauchte ich ihn an.

Ich sah wie er Tränen in den Augen bekam. ,,Ich kann es dir nicht sagen, auch wenn ich es gerne würde. Ich bringe uns damit in Gefahr und ich will das nicht. Aber solange ich hier bin, wird dir nichts passieren, das verspreche ich dir.". Damit ging er aus dem Raum. Verdutzt und mit meinen Gedanken alleine gelassen, war ich nun in meinem Zimmer. Es klopfte an der Tür und einer der Jugs brachte mir mein Abendessen. Ich nahm es an und schon war die Tür zu.

Ich aß schnell auf und ging mich dann abschminken. Als ich fertig war, fing ich an zu weinen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Mir selbst wehtun konnte ich jetzt nicht mehr, ich brauchte aber irgendetwas was mich runterbringen könnte. Ich dachte nach und kam zu einem Entschluss. Wenn ich mir nicht wehtun konnte, musste ich halt anfangen zu rauchen. In der Bar wurde mir schon oft eine Zigarette angeboten, doch ich habe immer abgelehnt.

Ich ging aus dem Bad heraus und öffnete die Tür. Ich lief zum Zimmer von Rudi und ging einfach herein. Rudi war gerade am trainieren und fragte mich, was ich da mache. Ich ignorierte ihn, ging an seine Jacke, holte die Zigarettenpackung heraus und verlies das Zimmer. Ich kontrollierte in meinem Zimmer, ob es einen Feuermelder gab und zu meinem Glück, gab es dies nicht. Ich ging zu meiner Fensterfront und öffnete die Tür zum Balkon. Ich wusste, dass Rudolf früher oder später in der Tür stehen würde.

Als ich mir die Zigarette angezündet hatte und den ersten Zug genommen hatte, stand Rudolf wie erwartet in der Tür. Er hatte Schweißperlen auf der Stirn und sah mich mit großen Augen an. ,,Wieso rauchst du? Woher wusstest du, dass ich Zigaretten besitze?", fragte er mich. Ich nahm einen Zug und sagte nichts. Er ging auf mich zu, nahm sich auch eine heraus und zündete sie sich an. ,,Ich hatte im Auto kurz die Packung gesehen und habe mich gerade daran erinnert. Außerdem darf ich mir anders nicht schaden, also gehe ich halt diesen Weg.", erklärte ich kurz und knapp.

Er nickte nur und setzte sich zu mir. Wir schwiegen uns an und rauchten die Zigarette zu Ende. Die Stille war sehr angenehm und auch seine Anwesenheit tat mir sehr gut. Wir saßen da für eine Stunde und schauten uns den Nachthimmel an. Diese Ruhe war einfach angenehm. Es gab niemanden der Stress machte, es gab nichts, außer die Stille. Ich lehnte meinen Kopf an die Mauer und atmete tief durch. Rudi kaute an seinen Lippen herum und überlegte die ganze Zeit.

,,Was machen wir jetzt?", fragte ich ihn. Er seufzte und zuckte mit den Schultern. ,,Ich weiß es nicht. Wir müssen durchhalten, zusammen schaffen wir das alles schon. Wir sind ein Team, zusammen schaffen wir das.". Ich nickte nur und atmete tief durch. Er hatte Recht, wir müssen durchhalten, anders geht es nicht. Ich hatte jedoch nie eine Wahl. Ich musste schon immer durchhalten, nie hatte ich die Chance mich auszuruhen. Ich musste mich schon seit dem ich klein bin selbst um alles kümmern. Und wofür? Um zum zweiten mal entführt zu werden? Konnte ich nicht einmal aufgeben? Jemand anderes das Alles regeln lassen?

Die Sterne leuchteten am Himmel und die Nachtruhe war angenehm. Ich wusste, dass ich morgen abend wieder arbeiten gehen müsste. Ob ich mir das zutraue, weiß ich nicht. Doch ich hatte keine andere Wahl, ich musste es durchziehen. Nicht wegen mir, sondern wegen Rudolf. Ich gähnt und streckte mich. Rudi stand auf und zog mich auf die Beine. ,,Wir sollten schlafen gehen. Morgen müssen wir wieder auf die Arbeit. Schlaf wird dir gut tun.". Ich nickte und zusammen gingen wir rein. Bevor Rudi durch die Tür ging, rief ich ihm noch hinterher. ,,Der Erste der wach ist, weckt den anderen auf!", er drehte sich kurz um, grinste und nickte dann. Das wird ja mal lustig morgen...

Entführt von ihm?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt