London - Das ist Thyra!

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Ich stand vor unserem Anführer, welcher mich nun auffordernd musterte. „Also! Ich warte!"
Stockend berichtete ich, was ich im Wald getan hatte und das mich dieser Soldat oder was auch immer er war, erwischt hatte.
„Thyra! Was ist das für ein Verhalten! Vielleicht sollten wir dir endlich deinen Gatten suchen! Es wird Zeit, dass dir jemand den Unfug aus dem Kopf treibt!" seine Stimme erhob sich bei den Worten.
„Ja, Herr. Ich weiß..." resigniert ließ ich die Schultern hängen und wollte gerade noch eine bissige Bemerkung hinzufügen, als wir laute Rufe und das Horn von draußen vernahmen!
„Angriff!" und schon war ich unwichtig!
Ich warf mich in meinen ledernen Wams und schnappte mir meine Waffen und meinen Schild. Zusammen mit den anderen beiden Schildmaiden schritt ich auf den großen Vorplatz und gemeinsam mit den Männern stellten wir uns den Angreifern.

Es waren insgesamt 50 Mann, welche zum Teil zu Pferd in unser Lager preschten! Es waren Alfreds Leute, soviel wusste ich von den Bannern schon. Sie waren überall präsent um uns herum.
Wir waren jedoch in der Überzahl und der Überfall an sich dauerte nicht lange. Auch wenn die Männer des Königs zäh waren!
Zwei von ihnen droschen gleichzeitig auf mich ein mit ihren Schwertern. Dieser Stahl war härter als unserer und ich hegte die Hoffnung, endlich auch einmal so eines als Siegestrophäe zu bekommen!
Ich verteidigte meine Sippe und das Lager, so gut ich konnte. Meine beiden Soldaten versuchten es immer wieder aus der Höhe, weil ich wesentlich kleiner als sie war. Mit meiner Gegentaktik rechneten sie aber anscheinend nicht.
Ich duckte mich unter ihren Armen hinweg und hieb ihnen meinen Schild in die Seite und den einen Mann brachte ich sogar zu Fall, in dem er meine Axt direkt in den Rücken bekam. Leider hatte ich aber den Knochen getroffen und hatte meine Mühe, die Schneide wieder aus seinem leblosen Körper zu bekommen.
Das nutzte sein Kumpan nun aus und dachte, er hätte leichtes Spiel mit mir.
Seine Schwertspitze riss das Leder an meinem Oberarm entzwei und ich spürte einen brennenden Schmerz. Dann holte er erneut aus und traf meine linke Wange. Das Blut lief warm an meiner Haut herunter...
Plötzlich loderte eine immense Wut in mir auf und ich entriss dem toten Mann zu meinen Füßen sein Schwert! Ich hieb auf meinen Angreifer ein und traf.
Zuerst nur leicht auf seinem Oberschenkel, dann holte ich aus und sammelte meine letzten Kraftreserven. Dieser Schlag durchtrennte die Kehle des Soldaten. Ehe er noch reagieren konnte, sackte er röchelnd vor mir auf die Knie und kippte dann zur Seite weg.
Schwer atmend stand ich über ihm.
„Unterschätze nie eine Schildmaid, Arsling!" und trat ihm mit voller Wucht in die Seite.

Langsam kam ich wieder zu Atem. Der Kampf war vorbei und um uns herum lagen Verwundete und zahlreiche Tote.
„Zur Abschreckung werden wir ihre Toten vor der Siedlung an Pfähle binden!" schrie der Chief und seine Männer stimmten ihm mit lauten Götterpreisungen zu!
Ich selber versuchte nun meine Axt zu retten, was mir auch gelang und ging mit meinen beiden Mitstreiterinnen zu dem kleinen Bach hier in der Nähe. Dort konnten wir uns notdürftig waschen und etwas zur Ruhe kommen.
Kaum dass wir wieder bei der Sippe waren, hörten wir schon von weitem die Rufe nach Essen, Met und Ale. Sie hätten es sich nach diesem Sieg verdient!
Also ging ich in meine Hütte und zog mir mein Kleid an, flocht meine Haare und ging meinen Aufgaben nach. Es war immer so. Im Kampf gehörten wir dazu, danach waren wir fürs Essen und Bett zuständig.
„Thyra, wenn du weiter so missmutig schaust, leg ich dich hier vor allen übers Knie! Hast du mich verstanden!" maulte mein Bruder mich an.
„Ragnall, DAS ist eine hervorragende Idee. Zeig uns, wie du deiner kleinen Schwester ihren Platz deutlich machst." ich schluckte schwer, setzte ein breites Lächeln auf und goss den Kriegern ihren Met ein. Ihre Hände landeten nicht nur an dem Fleisch auf ihren Tellern, sondern auch auf dem Fleisch meines Hintern.
Diese Siegesfeier endete wie so viele davor. Irgendwann grölte diese Schar der Krieger nur noch irgendwelche Heldenlieder und lag kurz darauf schnarchend auf den Bänken, dem Boden oder in einem Bett der freien Weiber.

Irgendwann durfte auch ich mich dann zu meinem Nachtlager begeben und warf mich einfach auf die Felle. Ich war nur noch müde...
„Psssssssst... Mädchen..." zischte es aus der hinteren Ecke meiner Hütte und ich schrak hoch. Die Stimme hatte ich doch heute schon einmal gehört.
„Was willst du." sprach ich leise, weil ich niemanden hier wecken wollte. Ich war hier ja nicht alleine!
Zwei Hände zogen mich hoch und hinter sich her ins Freie. Wir bogen Richtung Wald ab, durch eine kleine Öffnung des Schutzwalls. Ich musste das morgen unbedingt melden, hier bestand Reparaturbedarf.
Etwas abseits ließen mich seine Hände los und ich sah im fahlen Mondlicht, dass es wirklich der Soldat von heute Vormittag am Bach war.
„Ich... habe euch vorhin beim Kämpfen beobachtet." seine Finger deuteten auf die Bäume.
„Du hast dich in den Ästen versteckt? Bist du ein Feigling?" fragte ich neugierig.
„Nein... also... das war nicht meine Einheit, die euch angegriffen hat!" seine Stimme klang wütend.
„Und was willst du jetzt, Herr?" ich war etwas zu müde, um noch einen klaren Gedanken finden zu können.
„Können alle Frauen bei euch so kämpfen? Du bist sehr geschickt mit der Axt umgegangen..." bevor er weitersprechen konnte, keimte in mir die Angst hoch, er könne uns einfach nur ausspionieren!
„Das geht dich nichts an!" fauchte ich zurück.
„Du glaubst, ich werde sofort meinem König von hier berichten, nicht wahr?" ein tiefes Seufzen, so als wäre er böse mit mir, war zu hören.
„Ja, das tust du doch auch. So wie alle anderen auch!" mein Instinkt und das was ich bisher erfahren hatte, ließ mich so reagieren.
„Nein, das werde ich nicht. Wie kann ich dich überzeugen?" für einen Moment sah er mich lächelnd an, dann rollte er mit den Augen. „Du hast Angst um deine Familie, richtig? Aber ich werde dir zeigen, dass sie unbegründet ist!" mit diesen Worten ließ er mich hier stehen und verschwand in der Dunkelheit der Bäume!
Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln, wandte mich dann um und ging wieder zurück. In dieser Nacht tat ich kein Auge mehr zu!

Von schicksalhaften Zeitreisen und dem Ruf der NornenWhere stories live. Discover now