Virginia - Taufen, Weihen und Erziehungsratgeber

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Komm' an den Quell,
Weih' deiner Seele,
Wecklieder, leise;
Wirst dann verstehen
Botschaft deiner Ahnen:
Wahrhaft und wert!

Liebe Florence, wir nehmen Dich auf und begrüßen Dich in unserer Mitte, auf der heiligen Mutter Erde, die uns trägt und nährt, im Kreise aller Wesen und im Kreise unserer Sippe. Wir weihen Dich mit dem Wasser des Lebens. Es ist das Wasser Deiner Heimat, es stammt aus dem James River, der an Deinem Geburtsort fließt.

Das warme Wasser lief durch unsere Finger auf den Kopf von Florence bei diesen Worten und völlig fasziniert sah sie auf die kleine Schale, wo sich ihr Gesicht spiegelte.
Bragi begann dieses Kind zu segnen und dann war auch sie in unsere Reihen aufgenommen.

Doch noch fehlte die Patin meiner Tochter. Brünhild erschien, durchschimmernd auf einem Pferd. Gekleidet in ein weißes Kleid, aber mit Brustpanzer, Schwert und Schild bewaffnet. Sie stieg ab und legte vorsichtig ihre Hand auf die Brust von Florence.
Man sah, wie sich Zeichen auf ihrer Haut auftaten, welche genau konnte ich nicht deuten. Ich kannte sie leider nicht.
Das Zeichen der Walküren, mein Kind. Sprach mein Allvater in meinem Geist.
So leise wie die Walküre gekommen war, so leise verschwand sie auch wieder und meine Tochter sah ihr mit großen Augen hinterher.
Mit einem Male dröhnte Odins Stimme durch die Dunkelheit und löste den Festkreis damit auf. Leider hatte er damit unsere Tochter erschreckt, die jetzt lautstark weinte. Frigg nahm sie auf den Arm und wiegte sie hin und her und sang. Langsam wurde das Weinen weniger und Florence war eingeschlafen.

Wir gingen nun alle wieder hinein, weil es doch recht frostig wurde und wärmten uns vor dem Kamin auf. Unsere Kinder wurden ins Bett gesteckt und wir Erwachsenen ließen den Abend mit netten Geschichten ausklingen.


~~~


In diesem Jahr waren wir für den Silvester-Empfang verantwortlich. Es war ein voller Erfolg und unsere Gäste verließen uns am darauffolgenden Tag mit zufriedenen Gesichtern.
Mr. Doyle verkündete dann noch stolz, dass seine Gattin in anderen Umständen sei und er sich auf den Nachwuchs freute. Wenn auch recht spät, wie er lachend betonte. Da hatte er recht, er war bereits Mitte 50 und Mrs. Doyle mochte so an die 40 sein. Ich wünschte noch viel Glück und eine gute Geburt, weil wir nicht genau wussten, wann wir uns wieder sehen würden.

Das neue Jahr begann trist und grau. Meine Laune war im Keller, ich hatte meine Tage und meine Tochter wurde immer mehr die Prinzessin auf der Erbse. Haytham begann sie nach Strich und Faden zu verwöhnen. Dort wo er noch vor kurzen gemeckert hatte, ich solle sie auch mal weinen lassen, sprang er sofort auf und eilte zu ihr.
Beim Essen wollte sie nur noch bei ihm auf dem Schoss sitzen, sie aß nur das, was ihr Vater ihr gab und Abends durfte ich gnädigerweise noch vorsingen. Einschlafen ging aber nur, wenn mein Mann nach ihr gesehen hatte.
Oft saß ich im Salon und stöhnte vor mich hin, weil es so anstrengend war.

Auch Edward ging es mit dieser Situation nicht gut, ich spürte, dass er immer wütender auf seinen Vater wurde. Eines Abends brach sich das auch Bahn, gerade als wir beim Essen saßen.
„Vater, warum magst du mich nicht mehr?" in diesen Worten klang eine enorme Wut mit, aber ich sah, wie klein Kenway sie zügelte und sich versuchte zu beherrschen. Er hatte wirklich gut gelernt von Thor.
„Wie kommst du darauf, Edward?" das war echtes Erstaunen, weil er es noch nicht bemerkt hatte, oder nicht bemerken wollte. Auch wenn ich ihn schon ein paar Mal dezent auf dieses Verhalten hingewiesen hatte.
„Mich tadelst du immer, aber Florence wird nie geschimpft." jetzt traten Tränen in seine Augen und ich konnte nur schwer an mich halten, ihn nicht postwendend in den Arm zu nehmen.
„Deine kleine Schwester hat ja auch noch nichts anstellen können, dafür ist sie noch zu klein. Du hingegen gehorchst nicht immer, wie gestern, wo du einfach wieder in meinem Arbeitszimmer dir die Federkiele genommen hast." mit hochgezogener Augenbraue musterte er seinen Sohn.
„Deswegen hast du mich nicht mehr lieb?" kam es jetzt laut schniefend und ich stand auf. Ich konnte das nicht mit ansehen!
„Wie in drei Teufels Namen kommst du denn darauf, Edward? Natürlich hab ich dich lieb, genau wie deine Mutter und deine Schwester!" Haytham sah mich kopfschüttelnd an, ich sollte Edward jetzt nicht in den Arm nehmen, ich tat es dennoch.
„Ich denke, ihr beide solltet für einen Moment für euch sein." sagte ich leise, gab Edward einen Kuss auf die Wange, nahm Florence von Haythams Schoß und ging dann hinauf in ihr Zimmer.

Von schicksalhaften Zeitreisen und dem Ruf der NornenWhere stories live. Discover now