23. Plutos [2]

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»Ein Geheimnis?«, fragte Kamilla. »Was für ein Geheimnis?«

»Eine Seele«, erwiderte der Dämon. Seine Nonchalance verwandelte sich in herrschaftliche Strenge. Er schien genau zu wissen, dass er am längeren Hebel saß.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Laurent.

»Wir verschwinden auf der Stelle«, sagte Derrick. »Dann entkommen wir, noch bevor die Megamon hier auftauchen.«

»Das stimmt«, sagte der Dämon. »Ihr entkommt, aber ihr werdet niemals erfahren, was ich weiß, über die Morgenwind und den schwarzen Kaiser

»Der schwarze Kaiser?« Kilian fuhr herum. »Was wisst Ihr über ihn?«

Das Kind grinste breit und spielte mit der Nabelschnur, die es noch immer mit dem Leib seiner Mutter verband. Seine Hände färbten sich rot. »Das würdet Ihr wohl nur zu gern wissen, nicht wahr?«, fragte der Dämon. »Und Ihr wisst, was ich benötige, um Euch zu geben, wonach Ihr sucht. Wonach ihr all die Jahre gesucht habt.«

»Hör nicht auf ihn!«, rief Derrick. »Er spielt nur mit dir.«

»Derrick, Sohn des Desmond«, tönte der Dämon. »Was wärt Ihr wohl bereit zu opfern, wenn ich Euren Vater von seiner schweren Verletzung kurieren könnte?«

Derrick spuckte auf den Boden. »Nichts würde ich opfern.«

»Dann ist Euch Euer Vater wohl nicht mehr als ein paar Tropfen Spucke wert.«

»Er ist es mir Wert, dass ich mich auf das besinne, was mir wirklich wichtig ist«, entgegnete Derrick und rollte die Schultern zurück, als könnte er den Dämon mit dieser Bewegung abschütteln.

Es funktionierte. Der Dämon wandte sich an Kamilla. »Und Ihr, Baronesse?«, säuselte er. »Ich könnte Euren Leib wieder fruchtbar werden lassen.«

Kamilla verschränkte die Arme vor der Brust. »Lieber würde ich mir ein Messer in den Bauch rammen!«

»Was ist mit Euch, Laurent de Trébonne?«, fragte der Dämon. »Begehrt Ihr noch immer einen Käfig, um Euch vor dem Rest der Welt wegzuschließen?«

»Fällt dir nichts Besseres ein?«, fragte Derrick, bevor Laurent antworten konnte.

»Ganz genau«, stimmte ihm Hilde zu. »Ich nehme an, Ihr habt mich nicht nach meinem Wunsch gefragt, weil Ihr wüsstet, dass es ein Fehler wäre, mir eine solche Waffe auszuhändigen.«

Das Kind legte sich die Nabelschnur wie einen Seidenschal um den Hals. »Ihr seid Euch also ganz sicher, dass Ihr mein Angebot ausschlagen wollt, Herr Baron von Morgen?«

Kilian nickte. »Ich werde einen anderen Weg finden, um Emma und die Morgenwind zu retten. Spart Euch Eure Versuchungen für einen anderen Kunden auf.«

Der Dämon lachte. »Nun gut. Ihr habt gewonnen.«

Emma spürte die Erleichterung wie einen sich lösenden Knoten in ihren Innereien.

»Allerdings habt Ihr mir einige Minuten meiner wertvollen Zeit gestohlen. Dafür muss ich ein Trinkgeld einfordern.«

Kilian zückte den Schneidenden. Aus ihrer Perspektive konnte Emma genau sehen, wie er sich den Dorn am Griff der Klinge in die Handfläche rammte. Mit dem Blut, das seinen Körper durch die Wunde verließ, erwachte die Klinge zum Leben. Er machte einen Schritt nach vorne, sodass er zwischen Emma und dem Tresen stand. Gleichzeitig rückte die Gruppe enger zusammen. »Wir werden jetzt gehen!«, erklärte Kilian.

»Oh nein«, erwiderte der Dämon. Das Kind setzte sich auf und schlug die Beine übereinander. »Ihr geht nirgendwohin, bevor ich nicht habe, was mir zusteht. Eine sterbliche Seele.«

Morgenwind - die fliegende Stadt [Buch 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt