„Ja haha.. Verrückte Story, was?" Cyrena starrte mich nur nachdenklich an. Heute trug sie ihr langes rotes Haar offen und es fiel ihr in Wellen über die Schulter. „Wir müssen echt aufpassen" sagte sie, nachdem sie ihre Denkpause beendet hatte.

Ich nickte zustimmend.

Als ich wieder in meinem Zimmer angekommen war, hatte ich mich direkt nochmal geduscht und meine Haare trocken geföhnt. Später war ich in einen gemütlichen einfachen grauen Hoodie geschlüpft und hatte eine schwarze Jeans angezogen. Da meine Augenringe bis zu meinen Nasenflügeln reichten, hatte ich mich dazu entschieden, noch etwas Concealer aufzutragen und war dann direkt zum Frühstück gegangen. Motivation, um mich weiter zu schminken, war bei mir nicht vorhanden.

Und nun saß ich hier.
Immer noch genauso motivationslos.

„Und das Rätsel mit deinem Geist?" stocherte Cyrena weiter, während sie ihren veganen Eiscafé trank. Als Amanda das Wort ‚Geist' hörte, blickte sie mich ängstlich an. „Achja richtig.." Ich hatte sie noch gar nicht auf den neuesten Stand gebracht. Schnell ratterte ich also die ganze Story in guten 10 Minuten runter und trank meinen Cappuccino mit einem Schluck aus, in der Hoffnung, er würde meine Müdigkeit etwas unterdrücken.

Cyrena schaute mich ernst an. „Okay, das ist echt merkwürdig." „Ja, definitiv" stimmte ich ihr schnell zu und wischte mit meinem Ärmel über meinen Mund. „War sie nochmal bei dir?" Ich schüttelte den Kopf. „Ausgerechnet jetzt, wo ich sie bräuchte, kommt sie nicht" sagte ich bedrückt und stützte meinen Kopf auf meine Hände. Plötzlich räusperte sich Amanda laut. „Wisst ihr Ladies, bei so einer Krisensituation hilft nur eins.." Erwartungsvoll starrten wir sie an. „Ein Mädelsabend!" säuselte sie grinsend. „Wieso eigentlich nicht.." stimmte Cyrena zu. Plötzlich sah ich zu Loelia rüber, die sich ganz alleine an einen der Tische setzte.

„Okay, aber nur unter einer Bedingung.." säuselte ich schnell. „Die wäre?" fragte Amanda. „Wir laden Loelia auch ein" sagte ich und zeigte mit dem Kopf in ihre Richtung. „Dein ernst?" stöhnte Cyrena auf. „Wieso nicht.. Sieht nett aus" schoss es aus Amanda. Cyrena sah sie stirnrunzelnd von der Seite an.

Doch dann seufzte sie laut auf. „Na schön.. Von mir aus. Aber wenn sie einmal bitchig ist, werfen wir sie raus, Okay?" „Klar" sagte ich lachend. „Ich hab nachher eh Aufsichtsdienst mit ihr. Da frag ich sie.." sagte Cyrena und biss in eine Erdbeere.

„Oh shit.. Da war ja noch was.."

Den Aufsichtsdienst hatte ich völlig vergessen.
Miriel schickte in uns in zweier Teams in das Gebiet um das Hauptquartier herum, damit wir Ausschau hielten nach auffälligen oder verdächtigen Sachen. Ein paar von Miriels Spionen hatten nämlich die Vermutung, dass der Niederlassung Punkt des dunklen Zirkels, nicht weit von uns weg war. „Jep. Mit wem musst du los?" fragte sie neugierig.

„Marlon." „Ahh du glückliche" seufzte sie neidisch. Grinsend sah ich sie an. „Na schön." Plötzlich erhob sich Amanda voller Tatendrang. „Während ihr auf der Suche nach den bösen Jungs seid, werde ich uns Snacks und Filme für heute Abend besorgen gehen." „Viel Spaß. Aber kläre das vorher mit Miriel, damit sie dich mit Schutzzaubern belegt" sagte ich schnell und erhob mich ebenfalls. „Klar, klar. Sieh es quasi als erledigt an" säuselte sie grinsend, während sie schon halb auf dem Weg nach draußen war. „Na gut. Dann bis heute Abend" verabschiedete sich Cyrena und erhob sich ebenfalls.

- - -

„Okay, also wohin jetzt?" fragte ich Marlon, während wir durch den Wald gingen. „Miriel hat uns den Bezirk rund um den alten Bahnhof zugeteilt" sagte er, während er auf die magische Karte blickte, die Miriel ihm gegeben hatte. Darauf war das ganze Gebiet von oben abgebildet, die verschiedenen Bezirke leuchteten in unterschiedlichen Farben, und in ihnen waren eine Menge kleine Punkte, die sich in unterschiedliche Richtung bewegten.

„Die zwei sind wir" erklärte Marlon und zeigte auf die zwei kleinen Punkte, die sich zum Bahnhofsbezirk bewegten. Direkt neben unserem Bezirk befand sich der Friedhofsbezirk. „Wer ist dort?" fragte ich Marlon. „Sieht aus wie Cyrena und Loelia." Plötzlich sah ich ein kleines Funkeln in seinen Augen, als er Cyrena's Namen aussprach.

„Achso." Ich musste grinsen. „Wieso redest du eigentlich nicht mit ihr über deine Gefühle?" fragte ich nach einer Weile. Überrascht blickte er mich an. „Was meinst du?" „Ach komm schon.." lachte ich. „Ich weiß auch ohne Gefühle lesen zu können, dass du Cyrena echt gerne hast." Ertappt blickte er mich an. „Ist das echt so offensichtlich?" „Naja, man erkennt es an den Kleinigkeiten. Zum Beispiel wie du sie immer anstrahlst, oder ihr hinterher lächelst." „Verstehe.. oh man.. weiß sie es?" fragte er verwundert, als würde er denken, dass ich ihn bei ihr verpetzt hätte. „Also ich hab ihr nichts von meiner Vermutung gesagt, aber hallo.. sie kann Gefühle lesen. Also natürlich weiß sie es.." lachte ich.

„Ich versuche es immer zu unterdrücken, wenn ich bei ihr bin, und denke an etwas anderes, was mich ablenkt. Ist echt nicht so einfach.." sagte der blonde Feenjunge und fuhr sich durch sein lockiges Haar. „Willst du einen Rat von mir?" „Einen Rat von einer die mit Geistern reden kann?" scherzte er. „Immer raus damit." „Gut. Versteck es nicht. Rede mit ihr über deine Gefühle. Ich bin mir sehr sicher, dass sie genauso für dich fühlt" sagte ich ernst.

„Wieso bist du dir da so sicher?" fragte er unsicher. „Intuition" grinste ich. „Außerdem hättest du sehen müssen, wie besorgt sie die ganze Zeit um dich war, als du auf der Krankenstation lagst. Um ehrlich zu sein, das war der Moment, an dem sich meine Vermutung verfestigt hat." Er lächelte vor sich hin. „Verstehe." „Nein jetzt aber mal wirklich Marlon. Ihr würdet so gut zusammen passen. Ich wäre eure Nummer 1 Supporterin, ehrlich" schwärmte ich vor mich hin. „Gut zu wissen" lachte er.

Freundschaftlich schlug ich ihm gegen die Brust. „Also häng dich rein, Feenprinz." „Ich versuch's" grinste er. Nach einer weiteren viertel Stunde voller Scherzen, kamen wir am alten Bahnhof an. „Okay, dann schauen wir uns mal um" murmelte ich und ging voran. „Jup" erwiderte Marlon und ging in die andere Richtung.

Der alte Bahnhof stand nur noch zur Hälfte und war von Efeu und anderen Pflanzen überwuchert. Vorsichtig schaute ich mich um. Ich konnte nichts auffälliges sehen oder spüren. Die Energie fühlte sich neutral an. Ich wollte gerade umdrehen, als ich plötzlich etwas merkwürdiges fühlte.. Es war wie eine kleine Welle von negativer Energie..

Sie musste von hinter den Bäumen kommen.

Langsam kroch ich durch die Bäume hindurch, und war schockiert über den Anblick, der sich mir dahinter bot. „Marlon! Komm mal her!" rief ich hastig und ging weiter auf die freie, verkohlte Fläche, die vor mir lag, zu. Hier musste ein harter Kampf stattgefunden haben.. Die Bäume waren abgebrannt, der Boden abgestorben und überall lagen Trümmer. Endlich kam Marlon angerannt. „Yuna, was is- ach du meine Güte.." „Schau dir das nur an.." wisperte ich mit traurigem Blick. „Alles ist zerstört.. Hier muss ein krasser Kampf gewütet haben" sagte er und begutachtete die Fläche. „Aber zwischen wem?" fragte ich nachdenklich. „Ich glaube, das finden wir leicht heraus" sagte er und stieß einen lauten Pfiff aus. Verwirrt blickte ich ihn an. Ich verstand nicht ganz, was er damit meinte. Doch plötzlich hörte ich ein lautes Flügelschlagen und drehte mich zur Seite. Drei Amseln kamen auf uns zugeflogen.

Nun wurde mir klar, was er vorhatte.. Sie landeten auf den Trümmern vor uns und schauten Marlon eindringlich an. „Ahh, jetzt verstehe ich.. Du willst deine Gabe nutzen und die Tiere fragen, was hier geschehen ist." „Richtig. Sie leben hier, sie wissen also besser Bescheid als wir" sagte er und starrte konzentriert auf die Vögel. Diese begannen plötzlich wie wild los zu zwitschern, und Marlon nickte verständnisvoll mit dem Kopf.

„Ich verstehe.. danke ihr kleinen" säuselte er lächelnd und schickte sie wieder davon. „Und? Was haben sie dir zu gezwitschert?" fragte ich erwartungsvoll. „Es gab hier einen Kampf zwischen Adriks Bruder Leyric und einem älteren Mann, der einen Umhang mit Kapuze getragen haben soll. Es war ganz schön heftig.. Alle Tiere sind aus Angst geflohen." „Ein älterer Mann mit Umhang?" „Ja. Mehr haben sie nicht gesagt." „Ich denke, das sollten wir Miriel melden" sagte ich überrascht.

„Definitiv. Lass uns schnell zurückgehen."

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