{ prologue }

15.3K 523 460
                                    

Die Augen an die Hallendecke gerichtet wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Die grellen Lichter erhellten das blau-orangene Spielfeld, den Jubel der Zuschauer und die euphorischen Schreie meiner Teamkameraden hatte ich für einen Moment komplett ausgeblendet. Der Pfiff-mit einer gekonnten Handbewegung schleuderte ich den Volleyball hoch in die Luft und trat einige Schritte zurück.

Anlauf nehmen, abspringen, ausholen, schlagen.

Mein Aufschlag verfehlte sein Ziel nicht. In einem perfekten Bogen flog der Ball über das Netz und traf mit einem lauten Knall im gegnerischen Spielfeld auf. Der Jubel war ohrenbetäubend, meine Mitspielerinnen atmeten erleichtert aus und grinsten.

"Und bereits das zweite Aufschlagsass für Y/N N/N. Das 16-jährige Ass der deutschen Mannschaft übertrifft sich heute wieder einmal selbst!" schallte die Stimme des Ansagers durch die Halle.

"Der war ja mal Hammer Y/N!" rief mir Ella, meine beste Freundin und Teamkapitänin zu und umarmte mich glücklich. Ich nickte. Insgeheim war ich ein wenig erleichtert, denn obwohl ich meine Aufschläge gut beherrschte und kontrollieren konnte, gingen manche eben doch immer daneben. Der Trainer am Rand hob bestätigend den Daumen. Das Zeichen, dass ich den nächsten einfach wieder genauso schlagen sollte.

"Den Engländern steht nun ein weiterer Aufschlag des gefürchteten Asses bevor. Die Libera macht sich schon zur Annahme bereit, doch wird es ihr wirklich gelingen?" heizte der Sprecher das Publikum an, welches inzwischen allerdings auf das Zeichen des Schiedsrichters verstummt war, um mir genügend Konzentration zu gewährleisten. Ich atmete tief durch. Wir, die deutsche Jugendnationalmannchaft der Frauen, spielten gegen England um den Titel des Europameisters 2021 - ein wichtiger Titel, auf den wir über lange Zeit hinweg hingearbeitet hatten. Nach meinem letzten Aufschlag stand es 22:21 für uns. Wenn ich auch diesen noch verwandeln würde konnten wir es tatsächlich schaffen. Deutsche Europameister des Jugendvolleyballs. Inständig versuchte ich meinen schnellen Puls zu beruhigen und ließ den Ball unter dem angehaltenen Atem meiner Mitspielerinnen in die Luft gleiten. Alle Kraft sammelte sich in meinen Füßen und ermöglichte es mir einen sagenhaften Sprung hinzulegen, bei welchem wohl den meisten Volleyballexperten die Kinnlade hinunter gefallen wäre.

Der Schlag an sich war gut, kraftvoll und ging in die Richtung, die ich beabsichtigt hatte, doch ich hatte die analysierenden Augen der gegnerischen Libera übersehen, welche die Flugbahn meines Balles bereits bestimmt zu haben schienen. Er wurde angenommen. Ein leiser Fluch entwich mir, als ich Ella entschuldigend einen Blick zuwarf. Sie war durch und durch eine Perfektionistin und nahm dieses Spiel ernster als all wir anderen, weshalb ich mich trotz des guten Aufschlags ein wenig schuldig fühlte.

"Hab ihn!" rief eine unserer Außenangreiferinnen, während sie ohne große Mühe den von den Gegnern angenommenen Ball nach oben pritschte. Die Annahme meiner Teamkameradin war gut gewesen und so erreichte sie die Zuspielern unserer Mannschaft ohne Probleme.

"Kaya, der ist für dich!" hallte der Ruf der Braunhaarigen durch die Halle, als sie ein sauberes Zuspiel in die Richtung unserer Mittelblockerin schickte. Der Ball kam gut, doch die gegnerische Zuspielerin verhinderte unseren Punkt, indem sie ihn in letzter Sekunde mit dem Fuß in die Luft katapultierte. Ella neben mir knirschte angespannt mit den Zähnen und zog an Tempo an. Immer schneller erfolgten die Rufe unserer Kapitänin.

"Ella nimm die Geschwindigkeit aus dem Spiel heraus." rief ich dem Blondhaarigen Mädchen neben mir zu. Sie war der Dreh und Angelpunkt unseres Teams und hatte so Einfluss auf die gesamte Spielqualität. Normalerweise kannte ich sie als ruhige und besonnene Person, die sich durch nichts und wieder nichts aus der Ruhe bringen ließ, aber dem war heute augenscheinlich nicht so.

"Y/N mach den nächsten rein und beende dieses hin und her Gespiele." ich nickte und gab unserer Zuspielerin das Zeichen mir den nächsten Ball zuzuspielen. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als ich einige Schritte zurücktrat, um Anlauf zu nehmen. Sie wusste was ich im Sinn hatte.

Das verschwundene Ass || HaikyuuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt