51. Oxford Street

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Hallo hihi

„So... Jetzt wo du wieder aussiehst wie Elaine — was steht als Nächstes auf dem Plan?"

Das Äffchen betrachtete sich zufrieden in der Spiegelung der Schaufenster und ignorierte mich. Seufzend drehte ich sie zu mir. „Du siehst aus wie immer, El."

„Nicht ganz", erwiderte sie und deutete auf ihren Pulli. „Ich trage nie V-Ausschnitte."

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Warum hast du dann nicht den anderen Kragenpullover mitgenommen?"

Sie verdrehte die Augen. „Ich wollte ausnahmsweise mal auf dich hören."

„Wann habe ich bitte gesagt, dass du den nicht nehmen sollst?"

„Andersrum", sie grinste plötzlich. „Du hast bei dem hier länger gestarrt."

Damit warf sie mich dezent aus der Bahn. „Hast du die Sekunden gezählt, oder was?"

Elaine zuckte nur die Achseln. „Erklär mir mal aus der Sicht eines Typen, warum du den Pullover mit dem V-Ausschnitt schöner findest, ohne das Wort Brüste zu nutzen."

Ich grummelte leise vor mich hin und versuchte an einen anderen Grund zu denken. „Naja...", ich deutete auf ihr Dekolleté, woraufhin sie direkt knallrot anlief. „Schlüsselbein."

„Aha", sie legte sich die Hand auf ihr Schlüsselbein und nickte langsam. „Joa, habe schon davon gehört, dass das ein Schönheitsmerkmal sein soll. Hätte nicht gedacht, dass du auf sowas achtest. Dachte eher, du bist ein ganz primitiver Bursche, der sich den Po einer Frau als Lieblingseigen—"

„Primitiver Bursche?", unterbrach ich sie. „Was findest du denn bitte attraktiv an einem Typen?"

Kleine Erinnerung: Wir führten diese Konversation mitten in der Oxford Street. Es war kalt und extrem überfüllt.

Elaine trat näher und legte den Kopf schief. „Ich habe keinen bestimmten Geschmack. Mensch ist Mensch."

„Mensch ist Mensch? Würdest du Julie daten?"

Jetzt verdrehte sie die Augen. „Korrektur: Mann ist Mann. Abgesehen davon, würde ich Julie nichtmal daten, wenn ich lesbisch wäre. Ich liebe sie, aber... einfach nein."

Nichtmal ihre beste Freundin würde sie unter passenden Umständen daten. Aua. Jake war wahrlich ein tapferer Soldat.

Ich musste grinsen und nickte in die Richtung des nächsten Coffee Shops. „Wollen wir uns was Warmes zu trinken holen? Sonst erfriere ich gleich noch."

„Aw", machte El und verdrehte die Augen. „Wird ja immer romantischer hier."

„Halt einfach mal die Klappe und sei froh, dass ich überhaupt mit dir abhänge."

„Du bist hier eher derjenige, der dankbar sein sollte", erwiderte das Äffchen trotzig und drehte sich erhobenen Hauptes weg.

Ich zog sie seufzend mit mir, sodass es entweder so wirkte, als würde ich a) ein Kind entführen oder b) mit meiner Freundin kuschelnd durch die Straßen spazieren. Ausnahmsweise wäre Letzteres erwünscht.

„Okay, okay", murrte El, aber machte sich nicht los von mir. Ich sah, wie sie auf meine Hand auf ihrem Oberarm schielte und musste schmunzeln, als sie nervös schluckte. Sie relaxte ihre Schultern etwas und riss sich dann mit einem Male von mir los.

Überrascht sah ich unter den bunten Lichtern all der Läden wie sie rot anlief. Jemand rempelte sie an — was ohnehin nur eine Frage der Zeit war, so wie sie hier herumsprang — weswegen sie praktisch in meine Arme stolperte.

BorderlineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt