40. Krankenhausreife Befriedigung

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Hey, Carter", grüßte Lindas helle Stimme mich, als ich ohne zu überlegen an den Anruf der unbekannten Nummer ging. „Ich bin's, Linda."

„Hi", erwiderte ich leicht verwirrt und stellte sie laut, damit ich meine Haare weiterhin im Spiegel richten konnte. Die Arbeit rief und ich hatte das Gefühl, als Model und nicht in einem Restaurant zu arbeiten. Das letzte Mal hat Pia mir geraten auf graue Sweater zu verzichten und stattdessen mal rot zu tragen, weil die Farbe mich lebendiger wirken lassen würde, da schwarze Augen und Haare mit einer blassen Haut nicht die beste Kombination darstellten. Ihrer Meinung nach. Aber solange ich kein Blush auftragen musste, war das okay.

Rate mal, wer ab heute mit dir gemeinsam Spaghetti servieren wird?"

Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch und stockte kurz. Sie lachte sofort los und seufzte anschließend leise. „Ja, richtig geraten. Anscheinend fehlt es dem Schuppen an Kellnerinnen, also habe ich die Ehre, ab heute mit extra tiefem Dekolleté Kunden zu bedienen."

„Für jeden Zentimeter bekommst noch einen extra Pfund die Stunde", meinte ich amüsiert, woraufhin sie leise kicherte.

Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob du mich auf dem Weg zur Arbeit mitnehmen kannst?"

„Ja, klar", antwortete ich und wusch mir schnell die Hände. „Ich fahre in 10 Minuten los. Bist du schon fertig?"

Fast", ein Schmunzeln war aus ihrer Stimme rauszuhören. „Ich schminke mich eben zu Ende. Danke, Carter. Bist ein Schatz."

„Kein Problem", erwiderte ich. „Bis gleich."

Ja, bis gleich."

Sie legte auf und ich blickte nochmal kurz in den Spiegel, bevor ich seufzend das Bad verließ. Wahrscheinlich hatte Pia Linda angequatscht und ihr eine Stelle angeboten. Schlecht sah sie ja nicht aus, ganz im Gegenteil.

Das wird bestimmt ein riesen Spaß.

* * *

„Danke nochmal", lautete Lins Begrüßung, als sie bibbernd in mein Auto stieg.

„Kein Problem", ich schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln und checkte die Straße, bevor ich wieder losfuhr.

Sie räusperte sich leicht und seufzte anschließend leise. „Sorry, aber ich platze vor Neugier, also gibt's heute kein Smalltalk. Was war jetzt eigentlich mit Elaine?"

Ich zuckte fast schon zu schnell die Achseln, um einer Antwort auszuweichen. „Wir haben das geklärt..."

„Hast du sie nun flachgelegt, oder nicht?"

Stockend eiste ich meinen Blick auf die Straße fest. „Ne."

„...Ich frage wegen Daniel. Du weißt doch, der ist unsterblich in El verliebt und obwohl er ihr dermaßen in den Arsch kriecht, merkt sie das nicht. Oder sie ignoriert es, bis er irgendwann ausflippt und sich die Worte auf die Stirn tätowiert."

„Er hat sowieso keine Chance bei ihr."

Linda hielt überrascht inne, bevor sie sich interessiert vorbeugte. „Warum?", und dann mit bedächtiger Stimme: „Hat sie etwa schon einen Freund?"

Ich verdrehte die Augen: „Nein."

„Och, Carter...", sie lehnte sich wieder zurück und blickte aus dem Fenster. „Okay. Tut mir Leid. Wollte dich nicht wegen meiner Neugier löchern, aber Selbstbeherrschung war noch nie meine Stärke."

„Ist okay. Mittlerweile bekomme ich das einfach von jedem zu hören, deshalb reagiere ich so zickig."

Linda zuckte die Achseln. „Ihr würdet halt ein süßes Paar abgeben, deswegen wahrscheinlich."

„Niemals", brummte ich nur halbherzig.

„Niemals?"

Ich schüttelte den Kopf. Sie lächelte nur stumm und blickte wieder aus dem Fenster. Die nächsten zehn Minuten herrschte Stille — nur das Radio lief leise und die Musik erinnerte mich an die vorletzte Autofahrt mit dem Äffchen. Als ich sie noch nicht besoffen krankenhausreif befriedigt hatte. Da ging es um britische Bands und Eheschließung. Hätte nie gedacht, dass ich solche Gespräche mit dem frechen Mops dem hier  bevorzugen würde. 

Es war schwer, ein Seufzen zu unterdrücken, als ich endlich hinter dem Restaurant parkte. Linda räusperte sich leicht und hielt mich so davor ab, schnell auszusteigen.

„Also, Carter", hob sie zögerlich an und biss sich kurz auf die Unterlippe. „Du bist wirklich Single?"

Skeptisch und mit hochgezogener Augenbraue sah ich sie an. Den Schlüssel aus der Zündung ziehend nickte ich schließlich. „Ja, Linda. Bin ich. Folgt gleich noch ein Heiratsantrag oder warum hackst du so auf dem Thema herum?"

„Naja, für die Ehe fühle ich mich noch nicht bereit, aber so ähnlich...", sie nahm tief Luft und gerade, als mir ihre nervös zitternde Hand auffiel, machte sie plötzlich eine Blitzbewegung. Kaum eine Sekunde verging, da schwang sie ihre Beine plötzlich über mich, mit einem festen Griff an meinem Oberteil.

Vielleicht tat sie das öfter, denn mein Auto war nicht gerade geräumig groß, doch sie schaffte es trotzdem, in einer ganz angenehmen und gleichzeitig sehr unanständigen Position auf meinem Schoß Platz zu finden.

„Ich will nicht schon wieder den Freund eines armen Mädchens küssen", sagte Linda in einem leisen, vorsichtigen Ton, sodass ich kurz die Luft anhalten musste.

Schwerschluckend lehnte ich mich etwas zurück, um Raum zwischen uns zu schaffen. „Ich habe keine Freundin--"

Das reichte ihr. Im nächsten Moment nahm sie mir die Sicht, indem sie ihre weichen Lippen gegen meine drückte. Erst sah ich blond, dann verschwommen ihren braunen Lidschatten und anschließend schwarz, da sie eindeutig viel zu nah war. Auf jede erdenkliche Weise, an mehreren Stellen meines Körpers.

Aber ich verzichte trotzdem auf den Kuss. So hätte der Satz geendet, wenn sie es zugelassen hätte. Jetzt war ich zu verwirrt, um sie wegzudrücken oder ihre Geste zu erwidern. Letzteres wollte ich gar nicht. Und Ersteres? Ich weiß es nicht.

„Nicht so schüchtern", murmelte sie gegen meine Lippen und rutschte absichtlich auf meinem Schoß herum. Normalerweise hätte ich meine Hände jetzt zu ihrem Lieblingsort geführt; Dem weiblichen Hintern. Da fühlten sie sich immer wie Zuhause, doch das hier konnte ich nicht genießen.

Nicht jetzt und auch nicht mit ihr. Wahrscheinlich wäre die ganze Sache mit Lucien angenehmer gewesen als mit Linda, egal wie hübsch oder heiß sie war.

„Sorry", unterbrach ich den Kuss endlich und versuchte sie so sanft wie möglich von mir wegzudrücken, als wäre sie gefährdet, jeden Moment in tausend Scherben zu zerbersten. Passend dazu wurden ihre Augen fast reflexartig glasig. „Wir... Wir sollten reingehen. In ein paar Minuten beginnt unsere Schicht."

Linda schluckte schwer und senkte den Blick. „Du hast Recht", meinte sie dann nur knapp und presste die Lippen aufeinander.

Ich öffnete die Tür und sie schnappte sich schnell ihre Tasche vom Beifahrersitz, bevor sie erneut hastig aber merkwürdig elegant von meinem Schoß nach draußen floh. Als wäre sie vor Scham geschmolzen und so auf den Boden geflossen, mit einer Röte im Gesicht, die sicher nicht von der Kälte stammte.

BorderlineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt