I LIE TO YOU

By larellee

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Du kennst jemanden, wenn du weißt, wovor er sich fürchtet ... Ihr Lächeln zieht jeden in den Bann, seine Auge... More

Vorwort
Aesthetics
Letzter Atemzug
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Epilog
Nachwort + Dankesagung

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By larellee

Paige

Den Samstagvormittag habe ich mehr oder weniger im Bett verbracht. Eigentlich habe ich bis zum Mittag geschlafen und habe mich auch noch für den halben Nachmittag in meinem Bett verkrochen. Meinem Bett bestehend aus weichen Kissen, himmlischen Bezügen und einer Matratze, die mir das Gefühl gibt, auf einer Wolke zu schlafen. Warum soll ich auch woanders hingehen?

Nur zum Essen holen habe ich meine gemütliche Höhle doch verlassen - notgedrungen. Aber jetzt, fast schon am frühen Abend, warte ich angespannt auf Lillian. Eigentlich wollte sie schon vor zehn Minuten da sein. Nachdem sie mir geschrieben hat, wegen der Party, die ich völlig vergessen hatte, habe ich mich tatsächlich dazu aufraffen können, zu duschen.

Und nun sitze ich verloren in der Eingangshalle, auf einem gepolsterten Stuhl, und warte auf ein Lebenszeichen von ihr. Vielleicht sollte ich ihr besser mal den Zahlencode für den Aufzug schicken, sonst fährt er nämlich nicht in unser Appartement. Schnell schicke ich ihn ihr und frage ein weiteres Mal, wann sie denn endlich kommt. Nach fünf weiteren Minuten kündigt sich der Fahrstuhl mit einem leisen Klingen an. Sofort springe ich auf und laufe zum Fahrstuhl. Die Tür geht auf. »Na endlich! Wo warst du denn?«

Lillian umarmt mich kurz. »Tut mir leid, ich bin ein wenig zu spät.«

»Allerdings. Aber das ist jetzt auch egal, lass uns schnell anfangen mit dem zurechtmachen!«

»Und warum müssen wir nochmal auf diese Party?«, jammert Lillian, doch ich ziehe sie schon in mein Zimmer. Sie schnappt sich meine halb aufgegessene Tüte Chips und setzt sich auf meinen Teppich. »Oh mein Gott, der ist so flauschig«, murmelt sie kauend.

»Wir brauchen etwas absolut Heißes für dich zum Anziehen!«, rufe ich. Sie antwortet nicht, bleibt stumm. Ich verdrehe die Augen und ziehe sie in mein Ankleidezimmer. »Such dir was aus.« Stumm deute ich auf die Schränke. Völlig überfordert drückt sie mir die Chipstüte in die Hand und reißt den einen Schrank auf. »Nein, das ist der Falsche. Da sind Pullis und so drin. Hier, da sind Kleider und die restliche Palette drin.«

Ich öffne den anderen Schrank und Lillian kommt zu mir gelaufen. »Wozu hast du bitte die ganzen Kleider? Ich habe dich auf dem Campus noch nie mit Kleidern gesehen.«

Ich zucke nur mit der Schulter. »Keine Ahnung, vermutlich weil sie mir anfangs gefallen haben, aber später eben doch nicht.«

Lillian zupft an dem ein oder anderen Kleid.

Am Ende, nach ungefähr tausend unsicheren Blicken und Worten wie »Das kann ich nicht annehmen, du bist zu gut zu mir« (doch, kannst du und wirst du auch), nimmt sie sich ein zitronengelbes Cocktailkleid mit langen Ärmeln aus dem Schrank. An der Schulterpartie ist es offen und würde ihr ausgeprägtes Schlüsselbein durch den einladenden Ausschnitt herrlich betonen. Am Dekolleté beginnend, säumen sich gelbe Glitzersteine, die im Fluss nach unten in einem immer größeren Abstand zueinanderstehen.

»Das sieht doch ganz niedlich aus, oder?«

Von oben bis unten nehme ich Lillian in Augenschein. »Warum eigentlich nicht? Ich hätte eher an ein verführerisches bordeauxrot, oder an ein schönes schwarzes Kleid gedacht, aber das könnte auch ganz süß werden.«

Munter gehe ich zu meinem Schrank mit Schuhen, und hole ihr dunkelgraue Stiefeletten aus dem Schrank. Und dazu eine Lederjacke, ungefähr im selben Ton.

»Zieh das mal an«

Entsetzt starrt sie auf den Absatz, obwohl das gerade einmal sieben Zentimeter sind. Nichts Dolles. Lillians Gesichtsausdruck nach könnte es sich genauso gut um schätzungsweise hundert Zentimeter handeln.

Ihre Augen werden riesig. »Ich stolpere doch bestimmt auf den Dingern!«

Amüsiert lache ich auf. »Vermutlich. Aber solange du dir nichts brichst geht das, würde ich Mal behaupte. Wer schön sei will, muss leiden«, spreche ich ihr gut zu und tätschle ihre Schulter, wie eine Mutter es bei ihrem Kind tut.

Zweifelnd schaut sie zu mir. »Und wer am Leben bleiben möchte, sollte schleunigst die Finger von solchen Schuhen lassen.«

»Keine Widerrede! Anziehen!«, befehle ich und sehe sie unnachgiebig an. Trotzig reckt Lillian das Kinn. Ich glaube schon, kein Anzeichen von Nachgeben in ihren funkelnden Augen zu sehen, doch dann hebt sie genervt ihre Arme in einer rekapitulierenden Bewegung nach oben.

Sie gibt nach, wenn auch etwas widerwillig. »Na schön, mein Gott. Wenn meine Füße heute Abend im Krankenhaus amputiert werden, wirst du mir dafür Deine geben, klar?« Ich zweifle zwar daran, dass eine solche OP möglich ist, belasse es aber dabei. Sie bedenkt mich mit einem letzten skeptischen Blick und zieht die Schuhe an. »Das fühlt sich komisch an«, brummt sie.

»Egal, ist ja nur für eine Nacht«, erwidere ich.

»Warum soll ich mich überhaupt so auftakeln? Das ist doch nur irgendeine langweilige Party.«

Ich erzähle ihr nichts von meinem und Ace Plan. Ist auch besser so, vermutlich würde sie mir den Kopf dafür abreißen. Oder meine Füße.

»Und was ziehst du an?«

Verschmitzt grinse ich.

»Wirst du schon noch sehen. Jetzt ab ins Bad mit dir. Ich kümmere mich jetzt mal um dein Gesicht.«

»Sag mal! Was hast du denn jetzt gegen mein Gesicht?«

Ich lache nur, winke ab und dirigiere sie zu mir, um meine Künste auf ihrem Gesicht auszuüben. »Nichts, nichts.« Nach ungefähr einer Stunde bin ich fertig mit ihr, meine Arbeit ist definitiv getan. Goldener Lidschatten glänzt auf Lillians Lidern, ihre Lippen glänzen in einem rosigen Ton und ihre Haare sind zu üppigen Locken gedreht, mit denen sie auf den roten Teppich gehört, statt in das Wohnzimmer einer schäbigen Studenten-Bude.

»Du kannst ruhig in den Spiegel gucken, Lillian.«

Ich lächle ihr warm zu, ermutige sie, sodass sie ihr Spiegelbild betrachtet und lautstark nach Luft schnappt. Eins, zwei, drei. »Was zu...?! Ich sehe so... glänzend aus!«

Stolz erfüllt mich, weil es ihr gefällt. Ich besprühe sie mit Parfum, bis sie duftet, wie aus einer Parfümerie. So als hätte sie in dem Zeug gebadet. War es vielleicht doch zu viel?

»Hey! Sag mal, ich will doch nicht nach einer ganzen Parfümerie stinken!« Ups.

»Zu spät.« Lachend sprühe ich ein weiteres Mal in ihre Richtung.

»Aber, nur so als Frage«, fängt Lillian plötzlich stirnrunzelnd an, »Warum sollte ich mich überhaupt auf Josh einlassen, wenn er mich erst wahrnimmt, wenn ich mich so zurechtgemacht habe. Versteh mich nicht falsch, ich bin dankbar für deinen Aufwand und deine Hilfe, aber warum muss ein Mädchen immer erst eine totale Transformation durchmachen, ehe ihre Liebe des Lebens sie wahrnimmt?«

Fast schon bemutternd greife ich ihre Hand und drücke sie aufbauend. »Ich kann deine Bedenken nachvollziehen, hundertprozentig. Ich weiß, dass dies Werte sind, die oft vermittelt werden, dass man eine Rundumerneuerung haben muss, um für meine Männer einen Wert zu haben. Aber erstens, ist das völliger Schwachsinn. Und zweitens, glaub mir, wenn ich dir folgendes sage: Josh hat dich schon vorher gesehen.«

Dann betrachte ich mich ebenfalls prüfend im Spiegel. Meine graublauen Augen wirken durch den Kajalstrich größer, fast katzenhaft. Meine Haare sind glatt, wie immer, und meine Lippen glänzen blutrot.

»So, und dieses Mal habe ich ein Taxi bestellt. Ich nehme Bargeld mit, somit kommen wir auch wieder zurück.«

Gemeinsam steigen wir in den Fahrstuhl und warten in der Eiseskälte auf das Taxi das, dummerweise, später kommt als geplant. Verdammter Verkehr in New York. Nach endloser Fahrerei kommen wir endlich an. Der Fahrer hat sich einmal versehentlich verfahren, um den Preis künstlich in die Höhe zu treiben. Vielen Dank dafür.

Aber ich bin viel zu gut gelaunt, um mich aufzuregen. Und Lillian geht es nicht anders, zumindest seit sie weiß, dass Josh auch da sein wird. Aufgeregt zappelt sie neben mir rum, als ich aus dem Taxi steige und den Fahrer bezahle. »Entspann dich!«, raune ich ihr zu. Wenn sie wüsste, was Ace und ich vorhaben. Gemeinsam laufen wir die Treppe hoch. Wie schon letztes Mal ist die Musik schon im Treppenhaus zu hören. Zusammen schlüpfen wir, durch die angelehnte Tür, in die Wohnung die - wie soll es auch anders sein - restlos überfüllt ist. Wir drängen uns durch die Menge. Bis ich Ace hellblondes Haar erblicke. Eigentlich brauchen wir keine Zeit mehr zu verlieren.

»Lillian, kannst du dich bitte schonmal anstellen, fürs Badezimmer? Deine Schminke ist ein bisschen verwischt.« Sie zuckt nur mit den Schultern. »Mir egal, was meinst du, wie ich am Ende des Abends aussehen werde.« Mist. »Ja, aber ich will auch bei mir nochmal rüber schauen.«

Sie mustert mich eingehend. »Bei dir ist alles super«, beruhigt sich mich, sorgt aber im Umkehrschluss dafür, dass ich noch aufbrausender werde. »Trotzdem. Stell dich einfach an, okay? Musst du denn nicht auch auf Toilette?«

»Nein.«

»Aber du warst auch bei mir nicht auf Toilette. Du musst doch schrecklich doll pinkeln!«, versuche ich angestrengt, sie endlich aufzuraffen. Warum muss das jetzt so gewaltig in die Hose gehen? »Nein, ich trinke nicht viel am Tag. Und dadurch muss ich auch nicht pinkeln.«

Ich atme genervt aus. Warum muss das jetzt so kompliziert werden? Am liebsten würde ich Lillian für ihre nicht vorhandene Bereitschaft zur Kooperation schütteln.

»Aber ich muss auf Toilette, also kommst du mit.«

»Und warum muss ich mich mitanstellen?«

Ich seufze. Wieso muss die das jetzt so schrecklich kompliziert machen? Da will man einmal Armor für Arme spielen und schon klappt es nicht. Ganz große Klasse. »Ich hole uns was zu trinken«, sage ich in einem Ton, der ihr Widerrede hoffentlich untersagt.

»Aber dann musst du ja wieder auf Toilette.«

»Jetzt stell dich doch einfach an!«, rufe ich und reiße frustriert die Hände in die Höhe.

»Na schön«, brummt sie geschlagen. Schnell gehe ich zu Ace. Josh ist gerade nicht da, vermutlich holt er in der Küche Nachschub oder so. »Also, ich habe Lillian zur Toilette geschickt. Wenn sie dran ist, müssen wir Josh zu ihr schicken. Ich nehme den Schlüssel von innen, du stößt Josh mit ins Zimmer und ich schließe ab.« Entgeistert starrt Ace mich an. »Warte, du willst das wirklich durchziehen?«

»Ähm, ja?«

Schnell werfe ich Lillian einen kurzen Blick zu. Vor ihr ist nur noch ein Mädchen. Verdammt, wann ist das denn bitte passiert?

»Hol Josh!« Ace bleibt einfach nur stehen. »Na los!«

»Du bist echt verrückt«, murmelt er nur grinsend und geht in die Küche. Ich wende mich von ihm ab laufe zu Lillian. Beziehungsweise, ich versuche es. Durch das Meer verschiedenster Körper ist es schwierig, sich halbwegs unfallfrei zu bewegen. Von meiner mangelnden Eleganz reden wir gar nicht erst. Mehrere Ellenbogen rammen mich, aber noch an einem Stück komme ich bei Lillian an. Allerdings bemerke ich zwei unangenehme Blicke auf mir. Brian und Ashley, die mich mustern. Ich ignoriere sie.

»Wo sind die Getränke?«, fragt Lillian. In dem Moment kommt das Mädchen aus dem Zimmer, dass vor Lillian dran war. Und ich sehe Josh und Ace auf uns zukommen. Schnell schnappe ich mir den Schlüssel. Schließlich stoße ich Lillian ins Badezimmer. Sie stolpert über ihre Stiefeletten und landet auf dem Boden.

»Hey!«, ruft sie. Josh läuft ebenfalls ins Bad, da muss Ace nicht mal mehr nachhelfen. Er funkelt mich böse an. »Was schubst du sie denn so?« Josh hockt sich zu ihr. »Alles okay bei dir?«, fragt er besorgt an die gewandt. Aber ich habe keine Zeit mehr für Entschuldigungen, sondern ergreife die Gelegenheit, und knalle die Tür zu. Zu guter Letzt schließe ich sie ab, was einige Leute in der Schlange laut protestieren lässt. Und Lillian klopft laut gegen die Tür. »Was soll die Scheiße?!«

»Ihr habt jetzt Zeit, euch mal auszusprechen«, sage ich kichernd.

»Ich bring dich um, Paige. Das schwöre ich dir!«, keift sie und tritt gegen die Tür.

»Alles okay, Lillian. Wir reden einfach und...«, versucht Josh sie zu beruhigen. Vielleicht war das doch eine recht drastische Methode. Die beiden fangen tatsächlich an miteinander zu reden, nur verstehen weder Ace, noch ich ein Wort.

»Hörst du was?« Er schüttelt den Kopf. Nach schier endlosen Minuten klopft es wieder. »Wir sind jetzt fertig.« Sie klingt eindeutig ruhiger. Also schließe ich die Tür wieder auf. Vor mir steht eine sehr angefressene Lillian und ein breit grinsender Josh. An seinen Lippen glänzt eine Spur rosiger Lippenstift. Wissend nicke ich ihm zu. »Das war so eine Scheißaktion!«, faucht Lillian.

Ein untersetzter Junge drängt sich an uns vorbei. »Macht doch mal Platz, ich will pissen«, knurrt er. Und er hat eindeutig eine Fahne. Ekelhaft, wie viel hat der denn schon intus? Kein Wunder, dass er auf Toilette muss.

»Tut mir wirklich leid«, murmle ich entschuldigend.

Lillian schweigt und meidet es auch, mir in die Augen zu sehen. Kein gutes Zeichen. Wenn sie mich nicht einmal ansehen möchte. »Wie auch immer, geholfen hat es zumindest«, sie sieht mich doch endlich an und strahlt wie eine kleine Sonne.

»Aber das erzähle ich dir später.«

Ihr Blick verdüstert sich mit einem Mal. Ich schaue in die gleiche Richtung und sehe Brian, der mit einem Drink herumhantiert. Flugs kommt er auf uns zu.

»Paige, ich muss mal mit dir reden. Ist wichtig.«

»Wie bitte?«

»Ich muss mit dir reden. Alleine.« Überdeutlich sieht er auf Lillian, die ihn mit einer feinseligen Haltung mustert. Wütend presst sie die Lippen aufeinander, bewahrt jedoch Contenance, um sich nicht von ihm provozieren zu lassen. Stattdessen, und das rechne ich ihr hoch an, reckt sie das Kinn, wirft Brian einen letzten vernichtenden Blick zu und marschiert davon.

»Was willst du?«, frage ich Brian gelangweilt und lehne mich an die Wand hinter mir.

»Ich möchte mich entschuldigen.«

Überrascht starre ich ihn an. Habe ich mich gerade verhört?

»Wie bitte?«

Er wirkt nervös und irgendwie auch ... peinlich berührt, wenn mich nicht alles täuscht. Trotzdem haftet seiner Entschuldigung etwas Ungreifbares an, als wäre sie nicht zu hundert Prozent ehrlich und würde andere Absichten verfolgen, als ich abschätzen kann. Er hat etwas an sich, das bei mir sämtliche Alarmglocken schrillen lässt. Ich stelle meinen Drink neben einem Beistelltisch neben mich, verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihn an. Mit einer Bewegung meiner Hand bedeutete ich ihm, fortzufahren. Meine Augen fokussieren ihn, nur ihn, um mich auf seine Worte konzentrieren zu können.

»Es tut mir leid, dass ich dich so belästigt habe. Ich habe dich mit Nachrichten zugetextet, obwohl du offensichtlich nicht interessiert warst. Das hätte ich nicht tun sollen und erst recht hätte ich nicht bei dir zu Hause aufkreuzen sollen. Ich möchte dich schlichtweg um Verzeihung bitten und hoffe, dass wir einfach eine Art Neuanfang machen können.«

»Ist schon gut«, sage ich und winke lässig ab. Dass ich ihn für einen aufgeblasenen Idioten halte, dessen Ego bis zum Mond hält, sage ich ihm nicht. Muss ich ihm auch nicht sagen, höchstwahrscheinlich weiß er es und hat es zu einer der Attribute seinerseits gemacht, die er wie eine Rolex mit sich herumträgt und stolz herumzeigt. Selbst wenn wir neu anfangen, würde ich ihn nicht mögen. Nicht zuletzt, wegen dem, was ich von Lillian erfahren habe.

»Sehr schön. Ich habe uns beiden Drinks geholt, Freunde trinken doch was zusammen, nicht?«

Er lacht laut auf, zu laut, um einer ehrlichen Lache zu entsprechen, und reicht mir einen Becher. Meine Alarmglocken schrillen noch lauter und ich weiß, dass es an der Zeit ist, mich zu pulverisieren. Ich habe genug Filme gelesen, um zu wissen, dass er nichts Gutes im Sinn hat, was so ziemlich für jeden ersichtlich wäre. Unauffällig versuche ich, an dem Inhalt zu riechen, um meiner Theorie Hand und Fuß zu geben.

Daraufhin wirft Brian seinen Kopf in den Nacken und trinkt seinen eigenen Becher in einem Zug aus. »Jetzt du«, sagt er grinsend und zeigt mir dabei eine Reihe weißer Zähne, die wohl dem hellsten Weiß entsprechen müssen, das ich jemals gegeben habe. Ich schüttle sofort vehement mit dem Kopf. Vielleicht hat er sich entschuldigt, aber warum sollte ich ihm über den Weg trauen? Nein, so dumm bin ich nicht.

»Warum nicht?«, fragt Brian sofort, doch ich rolle nur mit den Augen. »Ich gehe jetzt tanzen«, sage ich und will ihn schon stehen lassen, als er nach meiner Hand greift und hindert mich so am Weiterlaufen. Waren die Alarmglocken anfangs alarmiert, schreien sie mir jetzt ins Ohr, ihn zu treten und Reißaus zu nehmen. Ich will mich seinem festen Griff entreißen, doch seine Arme sind zu stark und meine eigenen zu schwach.

»Nicht, bis du das hier ausgetrunken hast«, raunt er mir ins Ohr, so unheilvoll, dass mich glatt eine Gänsehaut überkommt. Ein teuflisches Lächeln stiehlt sich auf seine gottverfluchten Lippen. Ich winde mich weiterhin unter seinem Griff, doch seine Finger schließen sich nur noch fester um mich und die Nägel seiner groben Hand graben sich in mein empfindliches Fleisch.

Er winkt jemandem zu und plötzlich taucht auch Arion vor meinem Blickfeld auf. Er lächelt mich höhnisch an. »Ich habe gehört, wir werden ein wenig Spaß haben?« Sein Lächeln ist freundlich und gleichzeitig so bösartig, dass ich es mit der Angst zu tun bekomme. Beide zerren mich den Flur entlang, um meinen Schrei abzumildern, hält Arion mir seine Hand vor den Mund, die er nicht einmal wegzieht, als ich sie fest wie ich kann, zubeiße.

Wir kommen in einem eher abgelegenen Teil der Wohnung an. Brian stößt mich in ein Schlafzimmer, Arion lässt ihn nur machen. »Was soll die Scheiße?!« schreie ich mit aller Kraft und wehre mich mit allem, was ich kann. Ich trete um mich, kratze und schlage sie. Sie reagieren mit einem müden Lachen, als wäre ich nichts als ein kleiner Krümel in der Summe eines ganzen Haufens. Brian reißt meinen Kopf in den Nacken, sodass Arion mir den Becher mit dem Drink in den Rachen kippen kann. Mein Hals brennt und ich muss husten, will die Flüssigkeit ausspucken, komme aber gar nicht dazu, weil Brian mich sofort auf das große Bett verfrachtet.

»Ich kriege jetzt das, was mir zusteht«, droht er. »Ich werde mich bestimmt gut in dir anfühlen und wenn ich ganz lieb bin, lasse ich dich sogar meinen Schwanz lutschen. Ist das nicht was für dich?«

Ich will schreien, doch er drückt mit beiden Fingern auf meine Kehle, raubt mir die Luft zum Atmen und lässt mich Sterne sehen. Meine Schreie sind stumm, denn sie kommen aus meinem Inneren, lassen mich an den Mann denken, dessen alkoholtrunkenen Atem ich auch Jahre danach klar und deutlich mit meinen Sinnen vernehmen kann.

»Du kannst abhauen, ab jetzt übernehme ich«, weist Brian seinen widerlichen Kumpel an. Wie kann er all das zulassen? Welcher Mensch tut so etwas, zur Hölle?

»Hast du die Kamera?«, fragt Arion und sieht mich fast schon mitleidig an. Ich kaufe es ihm nicht ab. Er ist ein Wichser, alle beide. Brian wird unachtsam und ich starte sofort den Versuch, mich aufzurappeln. Brian reagiert in Windeseile und drückt mich wieder aufs Bett.

»Habe ich.«

Arion verschwindet, nimmt mir die letzte Hoffnung und lässt die Tür mit einem lauten Knallen ins Schloss fallen. Brian baut sich vor mir auf, ein selbstgefälliges Grinsen ruht auf seinen Lippen. Die Angst und auch seine Hände auf meiner Kehle schneiden mir die Luft ab. Ich will schreien und schreien, werde nicht gehört. Wie so oft in meinen Leben. Als würde ich abtauchen, als würde Brian meinen Kopf unter Wasser tauchen - so fühlt es sich an. Ein zerstörerischer Wind, der meine Erinnerungen aufwirbelt und mich all der Kraft, zu der er fähig ist, vernichtet.

»Jetzt kann der Spaß erst richtig beginnen.«

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