13 Reasons Why

By _Roxana_Tomlinson_

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Abigail Johnson und Hannah Baker waren Freundinnen gewesen, jedoch schien diese Freundschaft nur oberflächlic... More

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Kassette 6, Seite A
Kassette 6, Seite B
Kassette 7, Seite A
Das erste Polaroid
Zwei küssende Mädchen
Die betrunkene Schlampe
Das zweite Polaroid
Die Kalkmaschine
Das Lächeln an den Docks
Das dritte Polaroid
Das kleine Mädchen
Die fehlende Seite
Lächeln, Bitches
Bryce und Chloe
Die Kiste Polaroids
Bye
Wo ist Bryce?
Gute Menschen sind nicht von schlechten zu unterscheiden
Wütend, jung und männlich
Niemand ist sauber
Man kann andere anhand ihrer Trauer beurteilen
Mit Abigail Johnson gibt es eine Reihe von Problemen
Sogar an einem guten Tag lässt sich schwer sagen, wer auf deiner Seite ist
Immer auf die nächsten schlechten Nachrichten vorbereitet sein
Der Kreis wird kleiner
Da gibt es etwas, das ich dir nicht erzählt habe
Und dann kam das Unwetter
Lass die Toten die Toten begraben
Winterferien
Campus-Tour
Valentinstag
Abschluss-Camping
Hausparty
Donnerstag
Vorstellungsgespräch am College
Angenommen/abgelehnt
Abschlussball
Positiver Einfluss

Wer atmet, ist ein Lügner

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By _Roxana_Tomlinson_

Schweißgebadet setze ich mich kerzengerade auf. Mein Atem geht flach und in meinem Kopf dreht sich alles. Sobald ich realisiere, dass ich in meinem Bett bin, atme ich erleichtert aus. Es ist alles nur ein Traum gewesen. "Du hast geschrien.", sagt Justin, was mich zusammenzucken lässt. Ich habe völlig vergessen, dass er nur ein paar Meter weiter in seinem Bett ist und alles mitbekommt. "Ich dachte, die Albträume wären weg.", spricht er weiter und mustert mich besorgt. Ich greife nach der Wasserflasche neben meinem Bett und trinke einen großen Schluck daraus, ehe ich ihm antworte. "Leider nicht."
"Schon wieder Tyler?", hakt Justin nach. Doch dieses Mal hab ich nicht von Tyler geträumt, sondern von Bryce. Doch ich entscheide mich Justin anzulügen. "Keine Ahnung. Kann mich nicht erinnern." Ich steige vorsichtig aus meinem Bett und gehe Richtung Bad, ohne Justin weiter anzusehen. Jeder lügt manchmal. Schon, wenn man atmet lügt man. Ich lüge auch, gar keine Frage. Wahrheiten können gefährlich sein. Lügen sind leichter. Bis sie es nicht mehr sind. Zach Dempsey hat über das gelogen, was beim Homecoming passiert ist. Und ich muss einfach wissen, warum.

"Abby, hey. Hast du heute vielleicht kurz Zeit? Ich muss mit dir reden. Über einige Sachen.", meint Tyler, als er in der Schule auf mich zukommt. Sofort schaue ich von meinem Handy auf und schaue ihn besorgt an. "Klar. Vielleicht nachher?", frage ich ihn. "Bist du heute noch bei Dr Singh? Vielleicht sprichst du auch mit ihr."
"Na klar doch. Ich hatte nur... Ich hatte gehofft, dass wir reden könnten.", sagt Tyler. Doch mein Blick richtet sich schon längst wieder auf mein Handy. "Es ist nur irgendwie wichtig."
"Ja, total. Vielleicht beim Essen?", frage ich Tyler nervös.
"Klar.", gibt Tyler von sich und entfernt sich von mir, während ich weiter mein Handy anstarre. Normalerweise hab ich mich immer mehr um meine Freunde gesorgt, doch diesmal sorge ich mich um mich selbst.

Nervös wartete ich auf dem Schflur auf Tyler. Als dieser durch die Tür spazierte, setzte ich ein breites Lächeln auf. "Hast du gut geschlafen?", fragte ich ihn fröhlich und lief neben ihm her.
"Besser. Schätz ich.", antwortete Tyler.
"Hat Alex bei dir geschlafen? Und hat Tony euch gefahren?"
"Mhm.", murmelte Tyler trocken.
"Super. Also... Wie wärs wenn du ähm nen Termin bei Dr Singh vereinbarst?", fragte ich und schaute Tyler von der Seite aus abwartend an. Ich hatte mir tagelang Gedanken darüber gemacht, ob Zach nicht recht hatte. Und vielleicht bräuchte Tyler wirklich professionelle Hilfe. Hilfe, die wir ihm als Freunde nicht unbedingt geben konnten. "Wieso?", fragte Tyler mich und blieb stehen. In seinen Augen konnte ich sehen, dass er... Angst hatte? "Naja, nur damit du mit jemandem reden kannst, der dir helfen kann.", meinte ich vorsichtig.
"Aber ich hab doch euch.", sagte Tyler.
"Ja, klar natürlich. Sicher doch. Vielleicht kann sie dir ja besser helfen als wir.", erklärte ich und berührte Tylers Arm, doch er zog ihn sofort wieder weg. Seufzend schaute ich ihn an. Mit ihm hatten wir noch eine Menge Arbeit vor uns. Und genau deswegen schmiedete ich einen Plan und trommelte meine Freunde zusammen. "Ich hab 'nen Plan gemacht. Wer ihn morgens abholt, ihn zu welchen Stunden und nach der Schule begleitet und wer sich abends bei ihm meldet. Wenn wir es unter uns aufteilen, ist es gar nicht so heftig.", teilte ich den anderen in der Bibliothek mit. Alle waren da. Außer Zach. In diesem Moment hätte ich mir gewünscht, dass er mich unterstützt. Jessica nahm mein Tablet und warf einen Blick auf den Plan. "Ich schick euch den Link. Ist alles Passwortgeschützt."
"Es ist schon Wahnsinn, dass wir das hier alle tun und ich fass es nicht, du hast auch noch 'ne Website dazu gebaut.", meinte Jessica beeindruckt. Justin lachte neben mir etwas.
"Ich... Nein, ich hab die gar nicht wirklich gebaut....", stammelte ich.
"Das ist mega viel Orgakram. Mein Kopf platzt gleich.", warf Alex ein.
"Und wie lange geht das hier jetzt?", fragte Cyrus an uns gewandt.
"Bis es ihm wieder besser geht.", antwortete Justin.
"Also, für immer.", entgegnete Jessica.
"Menschen werden gesund. Gibt's echt.", meinte Justin zuversichtlich. Und ich war überrascht, dass er positiv dachte.
"Wir machen's bis Sommer und schauen wie es ihm geht. Und vielleicht ist im Abschlussjahr alles wieder gut.", teilte ich den anderen mit. Ich glaubte daran, dass wir es irgendwie schaffen würden. Wir mussten Tyler nur Zeit geben.

"Es war nicht irgendein Vertreter. Es war der Sheriff selbst. Sie will, dass er euch hinterher schnüffelt. Dir und Tony. Sie glaubt, irgendwas ist beim Homecoming passiert.", erzählt Ani mir aufgeregt in der Bibliothek. Mein Kopf könnte jeden Moment explodieren, so viele Gedanken wie dort umherkreisen. "Wir müssen rausfinden, wo Bryce hin ist.", sage ich und fahre mir mit der Hand durch die Haare. "Wenn wir nur einen Anhaltspunkt hätten..."
"Glaubst du, er hat einfach die Stadt verlassen?"
"Oder er ist untergetaucht. Keine Ahnung, vielleicht hat er sich auch an anderen Mädchen vergriffen. Und wusste, dass er damit nicht durchkommt."
"Vielleicht weiß ja Zach was.", schlägt Ani vor. Eigentlich ist er der letzte, mit dem ich heute reden will. Aber ich habe keine andere Wahl.

Zusammen mit Ani gehe ich in den Trainingsraum der Schule, wo Zach seine Arme trainiert. Als er uns erblickt, kann ich nicht einmal deuten, ob er sich freut mich zu sehen oder nicht. Doch das spielt gerade keine Rolle. Zach hat gelogen und er hatte einen guten Grund Bryce was antun zu wollen. Vor allem nach dem Homecomingspiel. Letzlich, Gewalt erzeugt Gewalt. "Also, ja dann war es Bryce.", sagt er und reicht mir mein Handy wieder. Ungläubig schaue ich ihn an. Das wars? Mehr hat er nicht zu sagen? "Ich sah dieses Foto und dachte, dass du es wissen solltest, weißt du? Sieht so aus, als hätte er es mit Absicht getan. Und auf dem hier sieht's so aus, als hättest du ihn direkt angesehen.", sage ich und zeige ihm ein zweites Foto, auf dem Zach auf dem Boden liegt und hoch zu Bryce schaut. "Aber vielleicht hast du es auch gar nicht mitgekriegt."
"Wer hat denn die Fotos gemacht?", fragt Zach mich. Zögernd beiße ich mir auf die Unterlippe.
"Naja, so gut wie jeder hat Fotos gemacht.", entgegnet ihm Ani. Verwundert schaue ich sie an. Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass sie Tyler direkt verrät. "Aber wahrscheinlich ist das auch egal. Ist nicht so schlimm, dein Knie heilt ja wieder.", fahre ich fort.
"Nicht so schlimm? Dieses Jahr hab ich drei Anfragen von Colleges bekommen. Wenn die rauskriegen, dass ich zwei Knie OPs hatte, denkst du die wollen mich da noch? Nein! Dann bin ich am Arsch.", erklärt Zach mir sauer. Da hab ich wohl einen wunden Punkt getroffen.
"Also wusstest du, dass er es war? Und hast es nur verheimlicht?", hakt Ani nach. "Warum hast du ihn nicht angezeigt?"
"Bryce und ich haben schon seit Ewigkeiten Stress miteinander. Okay? Seitdem wir beide Football spielen. Und jetzt wo er weg ist, mehr als je zuvor. Monty, Luke, Taylor. Alle diese Typen, das sind Bryce' Homies. Und sie wollen genauso sein wie er. Ich wollte nie so sein wie Bryce. Ich wollte mit der ganzen Scheiße nichts zu tun haben. Zum Beispiel mit den Vergewaltigungen im Clubhaus. Soweit hätte es nie kommen dürfen." Zachs Wut auf Bryce kam von mehr als nur Football. Zach hat ein Geheimnis. Mein Blick bleibt an Zachs Sporttasche hängen. An der Tasche hängt immer noch der Anhänger, den Chloe ihm geschenkt hat. "Wenn einer von denen rauskriegt, dass Bryce mich geschlagen hat, dass er auf mich losgegangen ist, dann hat er gewonnen. Ich hab die ganze Zeit versucht Bryce zu vergessen.", beginnt Zach und bekommt meine volle Aufmerksamkeit. Zach erzählt uns, wie er Teamcaptain wurde und dass Monty alles andere als begeistert darüber war. Er war regelrecht wütend auf Zach. Und als Bryce davon erfuhr, ging er auf ihn zu, um mit ihm zu sprechen. Er provozierte ihn so wie Bryce es eben immer tat. Mich überrascht nicht einmal, dass Zach mir nichts davon erzählt hatte. Wir wussten alle, dass Bryce und Zach zerstritten waren. Aber Zach hat da noch ein Geheimnis, das er verborgen hält.

Genüsslich biss ich in meinen Apfel und schaute mir die Plakate an der Pinnwand an. Als ich meinen Kopf Richtung Spind drehte, entdeckte ich Zach. Neben ihm stand Chloe und befestigte ihm ein rote Hasenpfote an seiner Sportjacke. Zach grinste und ließ sie machen. Als sie ihm dann auch noch einen Kuss auf die Wange drückte, bevor sie ging, schluckte ich. Ja, verdammt. Ich war tatsächlich eifersüchtig. Zach schloss seinen Spind und wollte gehen, da trafen sich unsere Blicke. Lächelnd ging er auf mich zu. "Was?", fragte er mich, als er meinen fragenden Blick bemerkte.
"Nichts. Ich hab zwar nur halb zugehört, aber du bist ihr Held?", fragte ich mit verschränkten Armen.
"Nein, du hast da was falsch verstanden. Sie ist mit zugeteilt worden als Cheerleader.", erklärte Zach mir.
"Und was ist das?", fragte ich und deutete auf den Anhänger an seiner Jacke. Zach blickte an sich runter und dann zu mir. "Das soll nur ein Glücksbringer sein, nichts weiter. Mach dir keinen Kopf. Für mich gibt es nur dich.", sagte Zach, drückte mir einen Kuss auf den Mund und ging. Seufzend sah ich ihm nach. Ich wollte ihm unbedingt glauben. Das wollte ich wirklich. Aber Chloe war so viel hübscher als ich und sie war eine Cheerleaderin. Und ich war bis vor kurzem noch ein labiles Mädchen, das um ihre tote Freundin trauerte. Wie gesagt, ich wollte ihm glauben. Aber wie konnte ich, wenn er mich schon so oft angelogen hatte?
"Du und Zach Dempsey.", meinte Ani grinsend, als sie auf mich zukam. "Freunde? Projektpartner? Ein Paar?"
"Ein Paar, ja.", antwortete ich lachend.
"Mhm, er ist heiß. Aber er ist zu heiß. Zu Heißen vertraue ich nicht."
"Ach nein, huh?", fragte ich und dachte nach. Und obwohl ich Zach unbedingt glauben wollte, konnte ich es dank Ani sowieso nicht mehr.

"Was ist mit Zachs Sporttasche?", frage ich Ani, nachdem ich mich zu ihr umgedreht habe.
"Immer an seiner Seite. Wieso denken Sportler, dass 'ne Sporttasche ein Accessorie ist?", antwortet sie belustigt. Doch ich lache nicht.
"Nein, die Hasenpfote ist weg.", sage ich und deute auf Zach, der sich mit ein paar Jungs unterhält. Der Anhänger ist nicht mehr an seiner Tasche. "Heute früh war sie noch da."
"Vielleicht hat er sie verloren.", vermutet Ani.
"Nein, er hat sie abgenommen. Chloe hat sie ihm geschenkt. Letzten Frühling. Bryce' Freundin Chloe.", erwidere ich. Ani schaut zu Zach und runzelt nachdenklich die Stirn. Was verheimlicht Zach?

Jessica war gut befreundet gewesen mit Chloe. Sie ist die Einzige, die mir sagen kann, wo Chloe ist. Denn irgendwann kam sie einfach nicht mehr zur Schule. Und ich will wissen, warum. "Ich schätze, Chloe ist auf der Sacred Heart, aber wir haben keinen Kontakt mehr.", erzählt Jessica mir.
"Nach dem Frühjahrstanz habt ihr ziemlich befreundet gewirkt.", beginne ich vorsichtig.
"Ja, Freunde kommen und gehen."
"Echt jetzt?", fragt Ani ungläubig. "Einfach so?"
Jessica schweigt und blickt Ani genervt an.
"Hatten Chloe und Zach denn je was?", frage ich und schlucke. Jessica sieht mich verwundert an. Als sie merkt, dass ich mir tatsächlich darum Gedanken mache, sieht sie mich aufmunternd an. "Nur Freundschaft. Chloe hat es nicht geschafft von Bryce loszukommen."
"Da waren also keine Geheimnisse, die sie teilten?", hakt Ani nach.
"Chloe hatte welche, das weiß ich.", meint Jessica mit verschränkten Armen. Sofort werde ich hellhörig.
"Welche?", frage ich neugierig.
"Na, dass sie schwanger war.", sagt Jessica ruhig. "Von Bryce."
Geschockt weiten sich meine Augen. Sprachlos wechsel ich ein paar Blicke mit Ani. Doch auch sie kann es gar nicht glauben. Jeder an der Liberty hat Geheimnisse, die er beschützen muss. Geheimnisse erzeugen Geheimnisse. Und Gewalt, noch mehr Gewalt.

Mit der Nachricht, dass Chloe schwanger war, begebe ich mich mit Ani zu der Sacred Heart Schule und warte draußen auf Chloe. Mehrere Mädchen in Schuluniformen spazieren aus dem Gebäude. Unter ihnen auch Chloe. Von einer Schwangerschaft sieht man allerdings nichts. "Chloe!", rufe ich. Die Blondine schaut in meine Richtung, verabschiedet sich von einem Mädchen und kommt auf Ani und mich zu. Langsam komme ich ihr entgegen. "Abby, was machst du hier?", fragt sie mich überrascht.
"Hast du das von Bryce gehört?", frage ich sie und beiße mir auf die Unterlippe.
"Was? Was ist mit ihm?", fragt Chloe verwirrt.
"Naja, er ist verschwunden.", teilt Ani ihr mit.
"Das wusste ich nicht. Wir haben uns auch vor Monaten getrennt, also..."
Wenn sie schon Monate getrennt sind, hatte sie vielleicht doch was mit Zach.
"Könnten wir einen Moment reden?", frage ich vorsichtig.
"Nein, ich hab keine Zeit. Entschuldige.", meint Chloe kalt und dreht sich um, um zu gehen. Seufzend schaue ich ihr nach.
"Hast du es ihm je gesagt?", ruft Ani ihr hinterher. Sofort bleibt Chloe stehen und sieht sie fragend an. "Dass du schwanger bist.", fährt Ani fort. Innerlich verfluche ich sie dafür. Sie kann doch nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen.
"Nicht hier, okay?", meint Chloe leicht säuerlich und schaut sich um. Scheinbar soll niemand etwas davon erfahren.

Wenig später sitzen wir mit Chloe im Monet's, um über die Schwangerschaft zu sprechen. Chloe hat ein Geheimnis, das direkt zu Bryce führt. "Hast du es Bryce gesagt?", frage ich vorsichtig.
"Nein. Ich... Nein.", beichtet Chloe. "Abby, ich weiß, was du denkst. Aber... Ich hab wirklich gedacht, dass ich ihn liebe." Sie erzählt uns, dass sie Bryce nochmal eine Chance gegeben hat. Sie und Bryce haben nie über die Verhandlung gesprochen oder darüber, was alles passiert ist. Sie liebte ihn tatsächlich. Und sie glaubte fest daran, dass er sich verändern könnte. Jessicas Rede als Schulsprecherkandidatin brachte sie zum Nachdenken. Zach versteckte seinen Schmerz gut. Deswegen konnte er Chloes so gut erkennen. Und er wollte alles dafür tun, dass dieser Schmerz ein für alle Mal verschwindet. Sie hatte ihm von der Schwangerschaft erzählt. Er war neben Jessica der Einzige, dem sie es erzählt hatte. Und er wusste auch, dass sie das Baby nicht behalten wollte. Es ist unmöglich zu wissen, was Chloe alles durch den Kopf gegangen ist. Aber ich kann es mir gut vorstellen. Chloe hat Bryce nie von ihrer Schwangerschaft erzählt. Seine Mutter allerdings hat es wohl geahnt. Zach war in der ganzen Zeit für sie da gewesen. Nicht, weil er sie gedatet hat, sondern weil er ein guter Freund sein wollte.

"Also, ja wir hängen manchmal zusammen rum.", erzählt Zach mir. Er hat eingewilligt sich mit mir zu treffen und nun sitzen wir auf einer Parkbank und reden darüber, was im Sommer passiert ist. "Und das hast du mir vorher nicht erzählt, weil...", hake ich nach und sehe ihn fragend an.
"Wozu hätte ich es erzählen sollen?", stellt Zach mir die Gegenfrage. "Ich hatte Chloe versprochen niemandem etwas zu erzählen. Und ich halte meine Versprechen. Außerdem warst du so eifersüchtig, dass ich mir dachte, ich sage dir lieber nicht, dass ich mich mit Chloe treffe. Schließlich konnte ich dir nicht sagen, was sie alles durchgemacht hat."
Sofort breitet sich das schlechte Gewissen in mir aus.
"Bryce hat das nie rausgefunden?", hake ich noch einmal nach.
"Hat er nicht.", antwortet Zach mir.
"Okay. Was war, als sie mit ihm Schluss gemacht hat?"
"Sie hat's ihm nicht erklärt. Sie hat es einfach beendet. Schätze, er war angepisst, aber er ließ sie in Ruhe."
"Angepisst?" Ich ziehe eine Augenbraue nach oben.
"Ach du weißt doch, wie er ist. Hör zu, ich muss zum Training." Zach schnappt sich seine Krücken und steht auf. Ich stehe ebenfalls auf.
"Du hättest etwas sagen können. Den ganzen Sommer lang dachte ich, dass du und Chloe..."
"Du hast mir eben nie zugehört.", unterbricht Zach mich und blickt mir in die Augen. "Ich dachte, du vertraust mir. Aber das hast du nicht. Obwohl ich dir vertraut habe. Ich meine, du teilst dir ein Zimmer mit Justin. Du hattest ihn bei dir versteckt. Ich habe dir allerdings immer vertraut. Wieso ist es dir bei mir so schwer gefallen?"
"Weil du mich schon öfter angelogen hast.", stelle ich klar.
"Und du?", fragt Zach mich. Doch ich antworte nicht. Stattdessen sehe ich zu, wie er sich von mir entfernt und geht.

Ich weiß nicht, ob ich Zachs Geschichte glauben soll. Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass Bryce von der Abtreibung wusste. Warum sonst hätte er Zach beim Homecoming angreifen sollen? "Angenommen Bryce wurde über die Abtreibung informiert, das heißt doch noch lange nichts.", beginnt Ani im Auto.
"Du denkst also, dass Bryce es nicht wusste.", erwidere ich ungläubig.
"Nein, ich bin mir sicher."
"Wieso?", frage ich verwundert. "Wie kannst du dir so sicher sein?"
"Weil Chloe es ihm nicht gesagt hat.", entgegnet mir Ani.
"Das behauptet sie.", sage ich und verdrehe die Augen.
"Nein, ich weiß es einfach."
"Woher weißt du das?" Genervt drehe ich mich zu Ani und sehe sie eindringlich ein. "Woher weißt du das?", kommt es erneut über meine Lippen. Ani schweigt und schaut nach vorne. Verächtlich schnaube ich. Ani ist sich in vielen Dingen immer so sicher, aber woher sie das alles angeblich weiß, verschweigt sie immer. Sie atmet tief durch ehe sie anfängt zu sprechen. "Abby..."
Wütend funkel ich sie an. "Hast du ihn etwa gefragt?", frage ich fassungslos. Als Ani darauf nicht reagiert, weiß ich die Antwort bereits. "Mein Gott, habt ihr über Chloe geredet? Seine... Seine Freundin?"
"Ja, wir haben über Chloe geredet, als sie mit ihm Schluss gemacht hat."
"Du lügst mich seit Monaten an.", stelle ich wütend fest. Gerade wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass Ani einfach aus dem Wagen steigt und ins Haus geht. "Nein, ich... Ich hab dir einfach nur nicht alles erzählt.", widerspricht Ani. Aber das ist für mich genau dasselbe.
"Klar...", murmel ich. "Du hast mich angelogen seit ich dich das erste Mal nach Hause gefahren habe."

"Du wohnst... Ich soll dich hier absetzen?", fragte ich Ani verwundert. Mir wollte einfach nicht klar werden, dass Ani offensichtlich in einem wohlhabenden Viertel wohnte. Auch noch das, in dem Bryce Walker wohnte. "Ja, perfekt.", entgegnete sie mir fröhlich und griff nach ihrem Rucksack, der auf der Rückbank lag.
"Du hast gesagt, dass du auf der Manor Ridge wohnst und nicht am Ende der Manor Ridge."
"Ich kann den Rest hochlaufen."
"Oder ich kann dich den Rest hoch fahren.", schlug ich vor. Mir kam es lächerlich vor, dass sie den Rest laufen wollte. Zumal sie es sich viel leichter machen konnte, wenn sie wollte.
"Also für eine Einserschülerin bist du manchmal ziemlich schwer von Begriff."
"Ich soll doch bloß nicht wissen, wo du wohnst.", erwidere ich lachend.
"Meine Situation ist... kompliziert.", erklärt Ani.
"Ich verstrick mich sehr oft in komplizierte Dinge.", warf ich schulterzuckend ein.
"Es ist oben auf dem Hügel. Das Chatham Haus."
Verwirrt runzle ich die Stirn.
"Das Chatham Haus? Wohnt da oben nicht jetzt Bryce Walker? Wohnst du im..."
"Ja, Gästehaus.", unterbrach Ani mich. Nun wusste ich, wieso sie es mir nicht gesagt hatte. Sie schämte sich vermutlich. "Meine Mum arbeitet als Hauskrankenschwester. Sie kümmert sich um seinen Großvater."
"Du musst da sofort wieder ausziehen.", warf ich aufgeregt ein. Bei dem Gedanken, was er ihr alles antun könnte, lief mir ein Schauer über den Rücken. "Ich kann da nicht ausziehen. Ich wohn da.", entgegnete mir Ani.
"Was weißt du über ihn?", hakte ich nach. Irgendwas musste sie schließlich gehört haben, da war ich mir sicher.
"Ich weiß genug. Es ist alles online."
"Es ist nicht alles online. Zum Beispiel nicht, wen er... So alles verletzt hat.", widersprach ich.
"Hör zu, wir sind keine Freunde oder sowas. Ich wohne nicht mal bei ihm im Haus."
"Du bist da nicht sicher."
"Ich bin keine hübsche Prinzessin, die von einem reichen Jungen gefangen gehalten wird. Ich pass schon auf mich auf."
"Du kennst nicht die ganze Geschichte."
"Du erzählst mir alles, was ich wissen sollte und rettest mich vor dem Monster?", fragte Ani ungläubig.
"Das hoffe ich!", sagte ich.
"Wow, wie konnte ich 17 Jahre ohne dich überleben. Unvorstellbar. Gott sei Dank bist du hier, um mich vor der Wildnis von Evergreen County zu beschützen. Danke fürs fahren. Wir sehen uns in der Schule.", meinte Ani eingeschnappt und stieg aus dem Wagen. Und ich starrte ihr sprachlos hinterher. Für mich war Bryce ein Monster. Und er würde es immer bleiben.

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