Dämon - Höllisch Verhext

By MaSoFeh

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- „Scheiß Dämon!" schrie ich frustriert. „Was hast du mit mir gemacht?" Leises Lachen erklang aus einer schat... More

1. Nelly
2. Corvin
3. Nelly
4. Corvin
5. Nelly
6. Corvin
7. Nelly
9. Nelly
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36. Nelly
37. Hektor
38. Corvin
39. Nelly
Glossar
Neues Buch - "Er will Sie"

8. Corvin

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By MaSoFeh

Eine Stunde später.

„Was hast du dir dabei gedacht?!" schrie Hektor mich an.

„Jetzt gehst du zu weit!" kalt schnitt meine Stimme durch den Raum und drohend ragte ich vor ihm auf, nur wenige Zentimeter größer als er. „Ich weiß selber, dass ich einen Fehler gemacht habe. Jedoch gibt dir das noch lange nicht das Recht, mich so anzuschreien!"

Der blonde Dämon holte mehrmals tief Luft, um sich zu beruhigen. Es gelang ihm, aber nur knapp. Seine Katzenaugen leuchteten immer noch bedrohlich. „Kannst du mir bitte verraten, was in dich gefahren ist, damit du fast die Hexe getötet hast?"

„Ich hätte sie nicht getötet."

„Na klar." Er schnaubte verächtlich „Das sah aber ganz anders aus."

„Stellst du mein Wort in Frage?" ich schaute ihm in die Augen, hielt seinen Blick gefangen. Macht floss zwischen uns hin und her.

Nach ein paar Sekunden ergab er sich und zischte schließlich „Nein, natürlich nicht." Ich ließ seinen Blick frei und er wich ein paar Schritte vor mir zurück.

Mit den Armen auf dem Rücken, wand ich mich zum Fenster meines Arbeitszimmers um und schaute in den Garten hinaus. Der nachmittägliche Himmel war mit dicken fetten Regenwolken verhangen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die ersten Tropfen fallen würden.

„Sie hat mein Wort untergraben vor den Energiespendern." Klärte ich meinem Freund ruhig auf. „Ich hab ihr nur gezeigt, was ich bin, um ihr Angst einzujagen und ihr zu demonstrieren, wie stark ich bin. Jetzt wird sie sich hoffentlich zweimal überlegen, ob sie mein Wort einfach so in Frage stellt."

„Das mit der Angst hat auf jeden Fall funktioniert." Hektor schien sich jetzt wieder ganz unter Kontrolle zu haben. „Sie hatte eine Panikattacke und hat daraufhin auch das Bewusstsein verloren."

„Hoffentlich hat sie daraus gelernt!"

„Ich habe sie in ihre Gemächer gebracht."

„Gut."

Ein kurzes Zögern. „Wie wird es jetzt weiter gehen?"

„Die Zeit läuft uns davon." Ich wand mich ab und sah zu der Vitrine hinüber, in der das Schwert lag. Es sah immer noch unspektakulär aus und zeigte kein Anzeichen von Magischen Aktivitäten, doch die kleine Hexe wollte es unbedingt haben. „Ich werde ihr ein Angebot unterbreiten, welches sie nicht ablehnen kann."

Hektor zögerte nochmal „Du solltest dich erst mal von ihr fernhalten."

Wut durchzuckte mich. „Wieso?" Ein Wort, kalt wie Eis.

Hektor hob nur fragend eine Augenbraue als Reaktion, doch seine Antwort blieb schlich. „Du hast ihr einen riesigen Schock eingejagt. Sie wird nicht sehr erfreut sein, dich in der nächsten Zeit zu sehen."

„''Nicht erfreut''" ich verdrehte die Augen „Du untertreibst! Aber sie wird wohl dadurch müssen, denn ich werde mich nicht von ihr fernhalten!"

„Hältst du das für klug?"

„Nein. Aber ich bin einen Dämon, seit wann handle ich klug?"

***

Nein, es war wirklich nicht klug, dass ich mich gerade auf dem Weg zu den Gemächern der kleinen Hexe befand. Aber was solls, früher oder später musste sie sich mit mir und meinem Wesen auseinandersetzen. Momentan war früher besser als später.

Vor der Tür von Nellys Räumen blieb ich stehen. Ich holte einmal tief Luft und ermahnte mich zum tausendsten Mal, mein aufbrausendes Wesen zu zügeln. Ich würde lieb und freundlich mit der kleinen Hexe reden. Noch ein tiefer Atemzug, dann klopfte ich an.

Lautes Hundegebell erklang und kam immer näher. Krallen schabten von innen über die Tür. Zerstörte dieser vermaledeite Köter mir gerade die Tür? Wehe ihm, ich fand nur einen Kratzer an dem Holz!

Ruhig Corvin, ganz ruhig! Beruhigte ich mich selbst und dachte an alles andere, nur nicht an diese kostbare Tür, die noch aus der Erbauung des Anwesens stammte. Ich wollte die kleine Hexe nicht schon wütend anfauchen, wenn sie gerademal die Tür aufmachte, das würde mich nämlich keinen Schritt weiterbringen.

„Lucky!" erklang die strenge Stimme der kleinen Hexe. „Aus!" Das Kratzen hörte sofort auf, doch das Bellen ging weiter. „Lucky!" Jetzt hörte man nur noch ein tiefes, anhaltendes Knurren, doch selbst das erstarb nach einem barschem „Still jetzt!".

Erstaunt hob ich eine Augenbraue. So habe ich die kleine Hexe noch nie mit ihrem Köter reden hören. Sie liebte dieses Viech abgöttisch. Also was hatte sie so stark aufgebracht, dass sie den Köter anfuhr?

„Dämon, was willst du?" fragte Nelly forsch durch die geschlossene Tür hindurch.

„Vielleicht erstmal Auge in Auge dir gegenüberstehen?" es klang wie eine Frage und nicht wie eine Aussage.

Ein hartes Lachen erklang. „Damit du wieder den Verstand verlierst und mich angreifst? Vergiss es!"

Sie hatte eindeutig aus meinem Wutanfall gelernt, aber nicht das, was ich wollte. Konnte sie nicht einfach das tun, was ich sagte?

„Ich werde dir nichts tun. Also können wir reden, ohne dass sich eine Tür zwischen uns befindet?"

„Nein!"

„Bitte?" versuchte ich mein Glück erneut.

„Verschwinde!"

„Wärst du Zufrieden, wenn ich es dir schwören würde?"

„Wer sagt mir, dass du deinen Schwur nicht brichst?"

Gekränkt von ihrer Anschuldigung, ballte ich die Hände zu Fäusten. „Wisst ihr Hexen eigentlich nichts über uns Dämonen?"

„Ich weiß, dass ich euch Dämonen nicht trauen kann und das ist für den Moment genug. Also hau endlich ab!"

„Dumme Hexe!" riss mir der Geduldsfaden „Weißt du wie selten es irgendeinem Lebewesen gelingt, mir einen Schwur abzuringen und du dummes Mädchen, lehnst ihn einfach ab! Und wäre das nicht schon dämlich genug gewesen, bezichtigtes du mich noch als Schwurbrecher." Ich hatte mir vorgenommen nicht die Fassung zu verlieren. Darum sollte ich jetzt besser gehen. Abrupt wand ich mich ab und stapfte davon. Über die Schulter rief ich noch: „Mach dir keine Mühe mehr, die Tür zu öffnen. Es ist mir hier gerade zu dämlich. Ich verschwinde von hier."

Nein, dieser Besuch war nicht klug gewesen. Überhaupt nicht klug. Wie schaffte es diese kleine Hexe nur, mich immer wieder zum Rand meiner Selbstbeherrschung zu treiben? Ich musste hier weg, bevor ich wieder so ein Schlamassel wie heute Früh anrichtete.

Ich kam aber nicht sehr weit. Eine Tür viel leise ins Schloss und schnelle, leise Schritte erklangen hinter mir. Fast hätte ich sie überhört, selbst mit meinem Dämonengehör. Ein Hauch duftend nach Sommer und Wildblumen verriet mir, wer da hinter mir herrannte. Die kleine Hexe überraschte mich immer wieder aufs Neue.

„Corvin warte, bitte!"

Ich ignorierte sie.

„Verdammt Corvin, kannst du mir wenigstens sagen, in was für ein Fettnäpfchen ich getreten bin?" flehte sie.

„Nelly geh einfach wieder in deine Räume. Ich bin gerade kein guter Umgang für dich."

Sie lachte kalt auf „Du bist ein Dämon. Du wirst nie ein guter Umgang für mich sein." Wo sie recht hatte...

Ich blieb stehen, drehte mich aber nicht zu ihr um. „Warum sollte ich dir das überhaupt verraten? Zählt für dich momentan nicht nur, dass man uns Dämonen nicht trauen kann?"

„Ich..." sie zögerte kurz „Ich habe kein Plan über den Verhaltenskodex von euch Dämonen. Jedem Kind lehrt man nur von Kindesbeinen an, dass man nie einem von euch vertrauen darf oder nie einen Pakt abschließen soll mit euch. Was davon stimmt nun? Was hat es mit dem Schwur eines Dämons auf sich?" Finger schlossen sich um meinen Oberarm. Automatisch verkrampfte ich mich. Nur knapp konnte ich den drang niederkämpfen, mich aus dem Griff zu befreien. Niemand wagte es sonst, mich ohne Erlaubnis zu berühren. „Corvin, bitte hilf mir einfach, das zu verstehen, damit ich in Zukunft solche Fettnäpfchen vermeiden kann und du keine Wutausbrüche mehr bekommst. Schließlich musst du mich ein halbes Jahr lang ertragen und ich muss diese Zeit überleben."

Ihre Verzweiflung durchdrang meine Wut und stellte meine Selbstbeherrschung halbwegs wieder her. Langsam drehte ich mich nun auch zu ihr um und schaute in ihre silbergrauen Augen. Ich sah Angst. Viel Angst! Aber auch Verzweiflung und Wissensdurst, welche die Angst niederrangen. Die kleine Hexe war mutiger als ich dachte.

„Nicht hier auf dem Flur."

„Wo dann?" Ihre Haltung verriet, dass sie mich nicht in ihre Räume lassen würde. Sture Hexe!

„Komm mit!" Ich wand mich um und ging den Flur entlang in den hinteren Teil des Hauses.

Nelly folgte mir grummelnd. „Netter geht's wohl nicht?!" Glaubte ich zu verstehen.

Ein lächeln huschte mir übers Gesicht „Du magst wohl keine Befehle, kleine Hexe?"

„Noch weniger kann ich es leiden ''kleine Hexe'' genannt zu werden."

„Im Gegensatz zu mir bist du aber eine ''kleine Hexe''."

„Es kommt drauf an, an was du es fest machst: an der Körpergröße oder an der geistigen Größe." Konterte sie. „Bei der Körpergröße ist das leider unwiderlegbar, aber über die geistige Größe lässt sich streiten!"

„Autsch, das letzte tat weh." Sagte ich lachend - ja, sie hatte mich zum Lachen gebracht -, während ich ihr die Tür von meinem Arbeitszimmer aufhielt. Die Spannung zwischen uns waren auf wundersame Weise verflogen, obwohl sie immer noch Abstand zu mir hielt.

„Hab ich dein Ego beleidigt?" Sie klang wie die Unschuld in Person und trat in den Raum. Als sie jedoch an mir vorbeiging, sah ich das Lächeln auf ihren Lippen. Von der Angst war so gut wie nichts mehr in ihren Augen zu sehen. Zufrieden schloss ich die Tür hinter ihr.

Erstaunt sah sie sich in dem langen Raum mit dem großen Schreibtisch in der Mitte und der einen Seite voller Bücherregale um „Wo sind wir hier?"

„In meinem Arbeitszimmer."

„Dämonen haben Arbeitszimmer?!" Was dachte sie den?

„Setzt dich." Ich deutete auf einen Stuhl, der in diesem Moment direkt vor meinem Schreibtisch erschien. Für kein meiner anderen Leute hätte ich einen weiteren Stuhl in diesen Raum geschafft. Sie sollten vor mir stehen oder knieen, aber nicht sitzen. Das Sitzen war bisher nur mir vorbehalten gewesen in diesem Zimmer. Das mag zwar altmodisch klingen, hatte aber etwas mit der Rangordnung unter uns Dämonen und unseren Leibeigenen zu tun. Normalerweise bestand ich auch darauf, aber bei der kleinen Hexe machte ich eine Ausnahme - nur dieses eine Mal.

Sie schien es gar nicht mitzubekommen, dass vor ihren Augen ein Stuhl auftauchte. Ihre volle Aufmerksamkeit war auf die Vitrine links von uns gerichtet oder besser auf den Inhalt.

„Das ist das Schwert" hauchte sie und ging hinüber.

„Welches der Hexenrat so unbedingt haben möchte, dass sie eine ihrer besten Sucher opfern."

Meine Augen huschten über ihren Körper, während sie mir den Rücken zuwandte. Sie hatte sich seit heute früh umgezogen. Sie trug jetzt, statt Bluejeans und Pully, eine schwarze Leggins, schwarze Stiefel und ein hellgraues, knielanges, enganliegendes Kleid. Das Kleid betonte ihre silbergrauen Augen genauso, wie ihren Körper mit all ihren Rundungen. Das glatte Haar hatte sie in einen Pferdeschwanz zusammengefasst. Nur schwer riss ich mich von ihrem sehr attraktiven Anblick los.

„Sie haben mich nicht geopfert." Antwortete sie abgelenkt und berührte vorsichtig die Glasscheibe. „Ich bin selber schuld. Es gab zu viele Faktoren, die ich nicht kannte und doch bin ich das Risiko eingegangen. Ich hab die Lage einfach komplett unterschätzt. Also war ich es, die es verbockt hat und nicht der Rat."

Mit zwei großen Schritten gesellte ich mich zu ihr. „Ach ja? Sie scheinen dir aber auch nicht erzählt zu haben, dass schon sechs Sucher vor dir versucht haben, dass Schwert zu holen."

Abrupt schaute sie mich an „Wie bitte?!"

Ich zuckte die Schultern und schaute zum Schwert hinunter. „Sechs Sucher haben vor dir hier herumgeschnüffelt. Leider hat jeder von ihnen sich noch nicht mal aufs Gelände gewagt."

Schweigen. Langsam schaute ich auf. In ihrem Blick lag eine Kälte. Sie wusste, dass ich nicht log oder sie zog es auf jeden Fall in Betracht. Was war passiert, dass ihr Vertrauen in den Rat in den Grundfesten erschüttert wurden ist? Sie würde es niemals zugeben, aber es war so.

„Darf ich es mal anfassen?" wechselte die kleine Hexe das Thema.

„Erst wenn du mir mehr über das Schwert erzählst."

„Ich hab keine genaueren Informationen darüber bekommen."

„Woher weißt du dann, dass dieses Schwert das Richtige ist?"

„Bei meinem Auftrag war ein Bild und eine Kurzbeschreibung des Schwertes dabei. Der Saphir im Knauf ist das Haupterkennungsmerkmal dieses Schwertes, daher hab ich es erkannt."

„Mehr nicht?"

„Nein." Ihr Blick war ruhig, als sie meinem begegnete. Das helle Grau schien nichts zu verbergen. Es schien, als wären das wirklich alle Informationen gewesen, die sie bekommen hatte.

Ich wand mich wieder der Vitrine zu, tastete an der linken Seite entlang, bis ich im Holz eine kleine Erhebung fand. Nach dem ich diese gedrückt hatte und mein Fingerabdruck gescannt wurden war, öffnete sich die Vorderseite der Vitrine und ich konnte das Schwert herausheben. Es fühlte sich kalt an und ich spürte immer noch nicht den kleinsten Funken Magie in ihm.

Nachdenklich schaute ich auf das Schwert in meinen Händen. „Es scheint keine Magie in sich zu tragen, also warum ist es dann dem Rat so wichtig?"

„Es sieht aus wie eins der alten Zeremonienschwerter, die für unsere Rituale genutzt werden." Nelly hatte sich leicht vorgebeugt und sah sich das Schwert genauer an. „Wenn das stimmt, hat es in dem Sinne auch keine eigene Magie, denn es zieht die Magie aus dem Ritual." Sie streckte mir die Hände entgegen. „Darf ich?" Vorsichtig legte ich ihr das Schwert in die Hände. Sie sanken erstmal ein ganzes Stück nach unten. Die kleine Hexe hatte das Gewicht unterschätzt, doch sie ließ es nicht fallen. Trotzdem faste ich stützend unter ihre Hände - sicher war sicher.

„Am besten legen wir es auf den Tisch, dann kannst du es besser untersuchen." Ich nahm das Schwert wieder aus ihren Händen und brachte es zu meinem Schreibtisch. Dort legte ich es so ab, dass die kleine Hexe es sich ohne große Probleme anschauen konnte. Dann ging ich einmal um den Tisch und ließ mich in meinen Stuhl fallen.

***

Mit überschlagenen Beinen und entspannt zurückgelehnt beobachtete ich die kleine Hexe dabei, wie sie sich an den Tisch stellt und sich über das Schwert beugte. Der Ausschnitt ihres Pullovers gab dabei einen guten Blick auf ihre Brüste frei. Dämon, der ich nun einmal war, genoss ich diesen Anblick in vollen Zügen. Irgendwann, würde ich noch andere Sachen außer ihren Anblick genießen!

„Es ist eindeutig ein Zeremonienschwert." Riss mich die kleine Hexe aus meinen Gedanken. „In unserer Ausbildung hat man uns nur beigebracht, wie man die Artefakte, speziell die Hexenartefakte, erkennt, aber nicht, wie sie wirken."

„Was ist, wenn ihr gefährliche Sachen sucht? Wie wisst ihr dann, wie ihr diese Handhaben müsst, ohne euch umzubringen?"

„In unseren Aufträgen stehen dann entsprechende Anweisungen für so einen Fall."

Langsam stand ich auf und trat an den Schreibtisch. „Du willst mir also sagen, dass es dich nie interessiert hat, wozu die Objekte dienen, die du suchst?"

Die kleine Hexe richtete sich kerzengrade auf. Ihr Pferdeschwanz wippte dabei verlockend hin und her und verleitete einem geradezu daran zu ziehen. „Nein."

Ich lehnte mich nach vorne und stützte mich dabei auf der Tischplatte ab. Jetzt war ich mit der kleinen Hexe auf Augenhöhe. Provozierend hob ich eine Augenbraue. „Wirklich nie?"

Die hellgrauen Augen erwiderten meinen Blick ruhig. All die Angst die vorhin noch in ihnen gewesen war, war verschwunden, ersetzt von der kühlen Logik der Sucherin. „Es gehört nicht zu meinem Aufgeben, herauszufinden, wozu die Artefakte benutzt werden können."

„Das war keine Antwort auf meine Frage."

Wütend blickte sie mich an. „Kannst du mit Raben reden?"

Ich war verwirrt, doch nach außen hin ließ ich mir nichts anmerken. „Was hat das jetzt hiermit zu tun?"

Sie hielt den Augenkontakt immer noch aufrecht. „Eine Antwort gegen eine Antwort." Mutige kleine Hexe!

Leicht neigte ich den Kopf, um mein Einverständnis zu zeigen. „Ja, ich besitze die Fähigkeit mit Raben zu kommunizieren. Ich kann auch über eine bestimmte Zeit lang durch ihre Augen sehen. Und jetzt du!"

Überrascht weiteten sich ihre Augen. Doch stad das Thema weiterzuverfolgen und mehr über mich und meine Raben zu erfahren, beantwortete sie meine Frage. „Ich gebe zu, dass ich neugierig war. In den ersten Jahren, nachdem ich meine Ausbildung abgeschlossen hatte, habe ich immer wieder versucht Informationen über die Artefakte zu bekommen. Vergeblich."

„Wo hast du überall gesucht?"

„Was hat es mit dem Schwur bei euch Dämonen auf sich?"

„Du zuerst."

„Meinetwegen" sie verschränkte die Arme vor der Brust „Überall wo ich an Informationen rann kam, also öffentliche Bibliotheken, Bücherrein und das Internet"

„Die Hexenarchive nicht?"

„Nur der Hexenrat hat darauf Zugriff und kann die Informationen herausgeben."

Ich schwieg, während ich die Informationen, die ich gerade bekommen hatte, verarbeitete. Sie bestätigten eigentlich nur das, was ich den vielen Jahren meiner Existenz hier auf Erden selbst zusammengetragen hatte. Der mysteriöse Hexenrat hatte die komplette Macht über die Hexen und tat alles nur Mögliche um sie zu kontrollieren und der Alte war der Big Boss von dem Ganzen. Ob die kleine Hexe es wohl auch so sah? Das würde ich wohl später in Erfahrung bringen müssen. Jetzt musst ich ihr erstmal ihre Frage beantworten.

Ich deutete noch mal auf den Stuhl. „Setzt dich." Diesmal tat sie es. Ich ließ mich auch in meinen Stuhl fallen und überlegte wie ich ihre Frage am besten beantworten konnte.

„Ein Versprechen kann ein Dämon brechen. Einen Pakt nicht." Nachdenklich tippte ich mir mit dem Zeigefinger ans Kinn und mein Blick schweifte ab. „Doch bei einem Pakt gibt es immer zwei Parteien. Der Schwur eines Dämons ist einseitig und kann nicht gebrochen werden, ohne fürchterliche Konsequenzen nach sich zu ziehen. Wir sind sehr sparsam mit solchen Schwüren, weil sie für uns nur selten einen Nutzen haben, wenn nur eine Seite sich an etwas halten muss."

Sie schwieg. Neugierig schaute ich sie wieder an und sah wie sie mich von oben bis unten musterte. In ihrem Gesicht war kein Anzeichen davon, was sie gerade dachte.

Zu gerne hätte ich gewusst, was in ihrem Köpfchen vor sich ging. Nur schwer konnte ich gegen die Versuchung ankämpfen, die Blutsverbindung auszunutzen, um herauszufinden, was sie gerade dachte. Schließlich war ich erst heute Morgen in ihre Gedanken eingetaucht. Nur um sicherzugehen, ob sie sich an mein Verbot halten würde. Zu meiner Überraschung wollte sie das am Anfang auch. Erst als die Angst über ihren Köter gekommen war, hatte sie sich keinen Kopf mehr über das Verbot gemacht und hätte es fast gebrochen. Aus einem Reflex heraus, wollte ich sie aufhalten und ging einen Schritt vor, bis ich mich selber aufhalten konnte. Doch es war zu spät. Sie hatte mich bemerkt, hatte mit ihrem Blick meine Schatten durchbrochen, die ich schnell um mich gezogen hatte, um mich wieder zu verbergen. Die Schuldgefühle ertappt worden zu sein, wie sie kurzdavor war in den Garten hinauszutreten, standen in ihr Gesicht geschrieben und wie sie versuchte, sich zu verteidigen... Es war herrlich amüsant. Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Zum Glück kam in diesem Moment der Rabe...

Als die kleine Hexe nun merkte, dass ich sie dabei ertappt hatte, wie sie mich musterte, überzogen sich ihre Wangen mit einer leichten Röte, doch sie erwiderte meinen Blick standhaft.

„Was denkst du gerade?" fragte ich neugierig. Täuschte ich mich, oder wurde das Rot auf ihren Wangen intensiver?

„Ich... ich..." stotterte sie und hielt kurz inne, um mehrmals tief Luft zu holen. Eine Entschlossenheit trat in ihre silbernen Augen und sie sprach ohne Probleme weiter. „Ich hab mich gefragt, warum ein Stufe zehn Dämon einer ganzeinfachen Hexe einen Schwur anbietet. Außerdem würde ich gerne wissen, warum sich dieser Dämon überhaupt die Mühe macht und eine Hexe in seinem Haus wohnen lässt und versucht sich um sie zu kümmern, obwohl er Angestellte hat."

Schlaue kleine Hexe. Nur Pech für sie, dass ich ihr diese Fragen nicht beantworten würde. Es hatte für mich momentan noch kein nutzen, wenn sie davon erfuhr. Eher im Gegenteil, es würde mir mehr Arbeit bereiten.


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