13 Reasons Why

By _Roxana_Tomlinson_

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Abigail Johnson und Hannah Baker waren Freundinnen gewesen, jedoch schien diese Freundschaft nur oberflächlic... More

Kassette 1, Seite A
Kassette 1, Seite B
Kassette 2, Seite A
Kassette 2, Seite B
Kassette 3, Seite B
Kassette 4, Seite A
Kassette 4, Seite B
Kassette 5, Seite A
Kassette 5, Seite B
Kassette 6, Seite A
Kassette 6, Seite B
Kassette 7, Seite A
Das erste Polaroid
Zwei küssende Mädchen
Die betrunkene Schlampe
Das zweite Polaroid
Die Kalkmaschine
Das Lächeln an den Docks
Das dritte Polaroid
Das kleine Mädchen
Die fehlende Seite
Lächeln, Bitches
Bryce und Chloe
Die Kiste Polaroids
Bye
Wo ist Bryce?
Wer atmet, ist ein Lügner
Gute Menschen sind nicht von schlechten zu unterscheiden
Wütend, jung und männlich
Niemand ist sauber
Man kann andere anhand ihrer Trauer beurteilen
Mit Abigail Johnson gibt es eine Reihe von Problemen
Sogar an einem guten Tag lässt sich schwer sagen, wer auf deiner Seite ist
Immer auf die nächsten schlechten Nachrichten vorbereitet sein
Der Kreis wird kleiner
Da gibt es etwas, das ich dir nicht erzählt habe
Und dann kam das Unwetter
Lass die Toten die Toten begraben
Winterferien
Campus-Tour
Valentinstag
Abschluss-Camping
Hausparty
Donnerstag
Vorstellungsgespräch am College
Angenommen/abgelehnt
Abschlussball
Positiver Einfluss

Kassette 3, Seite A

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By _Roxana_Tomlinson_

Jungs sind Arschlöcher. Manche sind die ganze Zeit über Arschlöcher. Alle sind manchmal Arschlöcher. So sind Jungs nunmal. Naja, vielleicht nicht alle Jungs. Meistens sind Jungs Arschlöcher, aber Mädchen können bösartig sein.“
Mit weit aufgerissenen Augen schaue ich an die Decke meines Zimmers. Wieder ein Albtraum. Und wieder spielte Hannah darin die tragende Rolle. Ich habe es satt, sie ständig in meinen Träumen zu sehen, aber was bedeutet denn schon, was ich will? Die halbe Nacht habe ich die nächste Kassette weiter gehört und bin irgendwann einfach eingeschlafen. Müde stehe ich auf, um mich umzuziehen und gehe dann nach unten in die Küche. Tante Polly versucht immer noch das Familien-Frühstück durchzuziehen. “Morgen.“, murmel ich, als ich die Küche betrete und mich setze.
“Guten Morgen, Mäuschen.“, begrüßt mich mein Vater fröhlich.
“Abby, ich würde dir gern etwas sagen.“, beginnt meine Tante, als sie sich zu uns setzt.
“Shit, ich muss gehen.“, sage ich mit dem Blick auf die Uhr. “Ich treffe jemanden im Monet's bevor die Schule losgeht. Ein Projekt.“ Ich stehe auf, nehme meinen Rucksack und gehe. “Hab euch lieb!“, rufe ich noch bevor ich das Haus verlasse. Schnell steige ich auf mein Fahrrad und fahre einfach davon.
Im Monet's hole ich mir einen Coffee-to-Go bevor ich zur Schule fahre. Während ich warte, entdecke ich Courtney mit ihren zwei Vätern. “Courtney Crimson. Was für ein hübscher Name. Und was für ein hübsches Mädchen. Mit ihrer perfekten Familie. Jeden Morgen gemeinsam Kaffee. Und du bist auch so lieb, Courtney. Das sagen alle. Du bist zu jedem nett. Immer. Du gehörst zu den beliebtesten Mädchen in der Schule. Und du bist echt so.... so nett. Richtig? Falsch.“
Als ich in der Schule ankomme, sehe ich, wie sich Bryce und Montgomery über Tyler lustig machen. Sie stellen sich auf die Bänke draußen und ziehen ihre Hosen runter, so dass man ihre nackten Hintern sieht. Tylers und mein Blick begegnen sich. Sein Blick ist kalt. Und ich weiß, er würde mich am liebsten auch demütigen. Ich steige von meinem Fahrrad und schließe es ab, so wie immer. Dann gehe ich ins Gebäude ohne die anderen Jungs auch nur eines Blickes zu würdigen. Sie sind sicher sauer, dass ich letzte Nacht nicht zu Bryce gekommen bin, um ihnen die Kassetten zu geben. Aber es ist endgültig Schluss mit Spielchen. Auf dem Weg zu meinem Spind, fängt mich Tyler ab. “Was soll der Scheiß, Abby? Jeder in der Schule hat dieses Foto.“
“Ja, das kommt vor, nicht wahr?“, sage ich kalt und gehe weiter.
“Was willst du damit erreichen?“, fragt Tyler weiter.
Ich bleibe stehen und sehe ihn an. “Irgendwas. Ich versuche nur irgendwas zu erreichen, das deine Tat übertrifft.“
“Ich bin der einzige, der diesen Scheiß irgendwie betrifft, okay? Der einzige, dem du was angetan hast. Über mich lacht jetzt die ganze Schule.“, antwortet Tyler sauer. “Noch, Tyler.“, sage ich stur. Noch bist du der einzige.“ Tyler schüttelt den Kopf und geht dann an mir vorbei. Mein Blick bleibt an Courtney hängen, die an mir vorbeigeht. Sie hat Blumen für Hannahs Denkmal in der Hand. Wie ich feststelle, diesmal keine Rosen. Als es klingelt, wende ich mich von ihr ab und gehe Richtung Klassenzimmer. Jedoch höre ich jemanden meinen Namen rufen. Es ist Justin, der mir hinterher läuft. “Hey, Justin.“, sage ich gespielt fröhlich und will weiter gehen, doch Justin stellt sich mir in den Weg.
“Du hast ein schickes Bild von Tyler gemacht.“, sagt er spöttisch.
“Nicht so schick wie das, was er von Hannah gemacht hat.“, gebe ich zurück.
“Du hast dich bewiesen. Jetzt gib Ruhe.“
“Ich soll Ruhe geben?“, lache ich. “Wer sagt denn sowas?“ Justin geht bedrohlich einen Schritt auf mich zu und baut sich vor mir auf. Sollte mir das wirklich Angst machen?
“Es geht jetzt über uns hinaus. Es betrifft die ganze Schule. Wenn wir fallen, gehst du mit uns unter.“
Mit verschränkten Armen sehe ich ihn an. “Vielleicht ist es mir egal.“, erwidere ich provokant.
“Sollte es aber nicht.“ Justin sieht mich noch einmal eindringlich an und geht dann. “Ich hab gehofft wir könnten Freundinnen sein, Courtney. Ich brauchte eine Freundin. Und du auch, denke ich. Aber du hattest ein paar Geheimnisse, die geheim bleiben sollten. Sogar vor dir. Noch Tage nachdem Tylers Bild rumging, wollte ich deine Aufmerksamkeit gewinnen. Du hast mich wochenlang ignoriert. Aber ich entschied genug war genug. Ich wollte mit dir reden. Ich meine, wir saßen beide in diesem Boot, zusammen. Nicht wahr?“

“Abby!“, holt mich Tony aus meinen Gedanken. Nach dem Sportunterricht beschloss ich mich nicht direkt umzuziehen. Stattdessen sitze ich auf der Tribüne, starre auf den Boden und denke an den Winterball. Es schien alles in Ordnung zu sein zwischen Hannah und Courtney. Beide,so schien es, hatten eine Menge Spaß. Ich habe sie gesehen. Ich hingegen war nur zu dem Ball gegangen, weil Jeff und ich gewettet hatten. Er hatte eine bessere Note als eine drei, also hatte ich verloren, mir ein Kleid angezogen und mir die Haare gestylt. Das war der erste Abend, an dem ich tatsächlich mit einem Jungen getanzt hatte. Nämlich mit Zach Dempsey. Ich tat es nur, weil ich nicht alleine auf der Tribüne sitzen wollte, nur um mich daran zu erinnern, dass ich irgendwie keine richtigen Freunde hatte. Tony war der Dj an diesem Abend und Jeff war nur mein Nachhilfeschüler. Mit Zach zu tanzen war weniger schlimm als ich gedacht hatte. Am Montag, als die Schule jedoch wieder anfing, würdigte er mich keines Blickes mehr. Er begrüßte mich nicht auf dem Schulflur, er sah mich kein einziges Mal an. Alles was er tat war mit seinen Jungs abzuhängen. Ich erinnere mich wie ich an dem Montag mit dem Fahrrad an seinem Auto vorbeifuhr und ihn begrüßte. Doch er ignorierte mich während er aus seinem Wagen stieg. Er ging einfach mit Marcus an mir vorbei. Als wäre ich Luft. Seitdem hielt ich ihn für einen Idioten und beschloss bis zum Ende der Highschool damit zu warten Jungs zu daten.
Ich schaue kurz zu Tony. Aus irgendeinem Grund bin ich überhaupt nicht mehr sauer auf ihn. Ich weiß auch gar nicht, wieso ich eigentlich so wütend auf ihn war. Aber vielleicht ist es nicht er, der mich wütend macht, sondern all die Probleme, die auf einmal auf mich einstürzen wie eine Lawine. Eine sehr große Lawine. “Alles okay?“, fragt er mich, als er sich neben mich setzt. “Ich hatte eine lange Nacht.“, antworte ich wahrheitsgemäß.
“Ich weiß. Hör zu, Abby. Was du mit Tyler gemacht hast...“
“Ich will das nicht hören, Tony.“, sage ich zickiger als ich es eigentlich will. “Ich versteh dich ja,aber hör zu. Das bringt uns nicht weiter.“, erklärt er ruhig.
“Es soll uns ja auch nicht weiter bringen. Es soll weh tun.“, sage ich schließlich.
“Und wem?“ Ich schweige. Noch habe ich nicht alle Kassetten gehört, also weiß ich nicht,was noch auf mich zukommt. Aber mit jeder Kassette wird es immer schlimmer. Und genau, wie Hannah sich gefühlt hat, so sollen sie sich auch fühlen.

Im Flur warte ich bis Courtney den Klassenraum verlässt, in dem sie Unterricht hat. Als sie in meine Richtung kommt, begrüße ich sie freundlich. “Courtney, hey.“ Courtney lächelt mich an.
“Abby, hey. Was gibt's?“
“Was du letztens gesagt hast... mir ging es nicht so gut. Und ich würde mich freuen, wenn wir mal irgendwo reden könnten.“, erkläre ich. Sie strahlt mich fast schon an und willigt ein. “Kannst du uns fahren? Vielleicht schwänzen wir die fünfte?“ Courtney scheint kurz zu überlegen. Anschließend nickt sie.
“Sicher, ja. Wir treffen uns auf dem Parkplatz, okay?“
“Ja, danke. Danke, Courtney.“, sage ich und sehe zu wie sie an mir vorbeigeht. “Aber Freundinnen achten aufeinander, Courtney.“

“Schön, dass wir mal reden, Abby.“, sagt Courtney, als ich in ihr Auto steige. Hannah hat recht. Sie ist ja so nett. “Sieh mal. Alle waren echt gut darin, es für sich zu behalten. Niemand hat es auch nur seinen Eltern gesagt.“ Ich nicke. Als ich nach draußen schaue, sehe ich Tony in seinem Auto. Er beobachtet uns. Ich wende den Blick ab und sehe zu Courtney.
“Ich möchte dir etwas zeigen. Kann ich dich dort hinbringen?“ Ich tippe die Koordinaten in mein Handy ein und zeige ihr die Karte bei Google Maps. Courtney schluckt. Doch sie bringt mich trotzdem dahin. Zu Hannahs Grab.

Schweigend stehen wir beide vor dem Haufen Erde. Es gibt noch keinen Grabstein. Hannahs Name steht nur auf einem kleinen Stück Plastik geschrieben. “Da ist... da ist kein Grabstein.“, bemerkt Courtney.
“Die brauchen ein paar Monate in der Herstellung. Also wenn jemand plötzlich stirbt.“ Courtney wippt unsicher von einem Beim auf den anderen während sie sich umsieht. Es ist ihr unangenehm hier zu sein.
“Es ist wundervoll hier.“
Bitter lache ich auf. “Es ist wundervoll hier?“, wiederhole ich ihre Aussage. “Abby, ich habe keine Ahnung, was du von mir hören willst. Ich hab keine Ahnung, warum wir hier sind.“, erklärt Courtney.
“Weil du so tust als sei Hannahs Selbstmord sowas wie 'ne Schulaktivität. Wie ein Grund Poster aufzuhängen.“
“Ich versuche der Schule dabei zu helfen.“
“Der Schule?“, frage ich.
“Ja.“
“Und was ist mit dir?“
“Ja, allen von uns.“,erklärt sie und spielt nervös mit ihren Schlüsseln. “Du hilfst also der Schule beim Verarbeiten und vertuschst, dass es deine Schuld war?“
Entsetzt sieht Courtney mich an. “Es war nicht meine Schuld. Abby, ich weiß. Sie hat dir viel bedeutet. Und ich weiß du bist sauer. Und ich verstehe es, aber das war Hannahs freie Entscheidung. Es lag einzig und allein an ihr.“
Wütend schaue ich sie an. “Nein, es lag an jedem, der Scheiße über sie erzählt hat. Und an jedem, der sie verletzt hat. Und es liegt an dir, weil sie dachte, dass du ihre Freundin wärst. Aber du hast ihr nur ein weiteres Arschloch eingebrockt, um zu verschleiern, dass du lesbisch bist!“ Meine Stimme wird immer lauter.
“Das ist nicht wahr.“,widerspricht sie mir.
“Ich versteh das nicht. Wir leben im 21. Jahrhundert, Courtney. Warum ist das so schwer für dich?“
Fassungslos sieht sie mich an und nimmt auf der kleinen Bank Platz. “Courtney,du hast zwei schwule Dads!“, sage ich wie es ist.
“Ja, die habe ich seit ich klein bin. Seit dem Kindergarten, als noch niemand zwei schwule Väter hatte. Hast du 'ne Vorstellung, wie das war?“, fragt sie mich sauer. “Sogar jetzt. Ich meine, was wenn ich... Was würden wohl die anderen sagen? Sie hat zwei schwule Väter, also ist sie... Und meine Dads haben viel auf sich genommen, mein ganzes Leben lang. Weil sie schwul sind, weil sie Väter sind und...Ich kann ihnen das einfach nicht antun.“ Ihre Stimme bricht ab und für einen Moment habe ich wirklich Mitleid mit ihr. Ich verstehe, dass sie Angst hat. Aber Hannah war nicht ihr Schutzschild.
“Was die Leute von dir denken ist nicht wichtiger als Hannahs Leben. Sie brauchte dich als Freundin. Das hätte dir wichtig sein sollen.“, sage ich schließlich. Courtney beginnt zu weinen. Weil sie genau weiß, dass ich recht habe.
“Ich hatte Angst, okay? Und es tut mir leid, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Es tut mir leid.“, schluchzt sie. “Das hättest du ihr sagen sollen.“, sage ich mit Tränen in den Augen. Courtney schnappt sich ihre Tasche und läuft weinend zu ihrem Auto. Und ich bleibe einfach stehen und starre auf Hannahs Grab.

Ein paar Minuten später gesellt sich Tony zu mir. Er hat mein Fahrrad von der Schule mitgenommen und stellt es neben die Bank, auf die ich mich hingesetzt habe. Leise setzt er sich neben mich. “Ich weiß was du sagen wirst.“, breche ich die Stille. Aber meine Stimme hängt nur noch an einem seidenen Faden. “Hast du mein Schloss geknackt?“, frage ich Tony. “Ich habe gesehen ihr seid die Friedhofsstraße lang gefahren. Ich dachte, ich nehm dich mit zurück. Und ich wollte eh mal herkommen.“ Überrascht sehe ich ihn an. “Es fand ja keine Trauerfeier statt und ich hab es bisher nicht hier her geschafft. Das ist eine Sache, dazu muss man sich bereit fühlen, Abby.“ Er sieht mich an, doch ich erwidere den Blick nicht. “Du meinst Courtney.“, merke ich leise an.
“Ich hab sie hier wegfahren sehen. Sie sah wirklich... fertig aus.“ In mir breitet sich ein schlechtes Gewissen aus. Mein Dad hatte immer gesagt, dass ich sehr impulsiv sein kann. Ich wusste nie, was er meinte. Bis zu diesem Moment. Ich weiß, ich hätte sie nicht zu Hannahs Grab bringen dürfen. Aber ich hatte es getan. “Wenn ich die Kassetten höre, will ich sie morgen in der Schule sehen. Ich will mit ihr Süßigkeiten im Crestmont essen. Nochmal mit ihr reden und lachen. Hätte ich bloß mit ihr geredet...Aber es geht nicht.“ In meinen Augen bilden sich Tränen. Zum ersten Mal seit Hannahs Tod weine ich. Weil sie mehr für mich war als nur eine Bekannte. Sie war meine Freundin. “Ich habe das Gefühl jemand müsste dafür bezahlen.“, sage ich ehrlich und schaue Tony an.
“Was ist?“, beginnt er. “Bezahlst du nicht schon?“

Auf dem Weg nach Hause denke ich über alles nach. Ich bezahle wirklich dafür. Jeden Tag bereue ich es nicht für sie da gewesen zu sein. Doch nun ist sie weg. Ich kann nichts mehr tun. Das Hupen eines Autos lässt mich aufhorchen. Ich drehe mich um und entdecke einen grauen Ford, das Auto von Alex. Sofort beginne ich schneller in die Pedale zu treten, doch Alex überholt mich und versperrt mir mit dem Auto den Weg. Der Wagen hält und ich muss augenblicklich bremsen, um nicht in ihn hineinzufahren. Ein Unfall reicht mir vollkommen. “Was soll die Scheiße?“, frage ich, als Justin aus dem Wagen steigt.
“Willst du schnell mit uns mitfahren?“, fragt er. Ich schüttele mit dem Kopf. Sein Blick ist finster. “Nein.“, sage ich.
“Wir denken schon.“, schaltet sich Zach ein und nimmt mir mein Fahrrad weg.
“Was soll das? Was habt ihr vor?“, frage ich sauer.
“Steig ins Auto.“, befiehlt Justin streng.
“Komm schon. Ich bring dich heim.“, sagt Alex und lehnt sich an seinen Wagen.
“Wieso tust du das?“, frage ich ihn. “Was sollte ich sonst tun?“
“Das verstehe ich nicht.“, sage ich und werde in den Wagen geschoben.
“Das wirst du noch. Steig ein.“, entgegnet Alex und steigt selbst in den Wagen. Ich reiße mich von Justin los und setze mich auf die Beifahrerseite des Autos. Eine Weile fahren wir über die Straße ohne miteinander zu reden. Irgendwann bleibt Alex mitten auf der Straße stehen. Verwirrt sehe ich ihn an. “Was soll das werden?“, frage ich mit einer bösen Vorahnung. Justin grinst mich an, was ich durch den Rückspiegel sehen kann. Dann gibt Alex Gas und fährt mit einer hohen Geschwindigkeiten weiter.
“Alex,was soll das?“, frage ich leicht panisch. Doch sein Blick ist auf die Straße gerichtet. 
“Wir wissen, was du Courtney angetan hast.“, sagt Justin finster. Ich schaue auf die Geschwindigkeitsanzeige und sehe, dass wir auf die 100km/h kommen. “Alex, fahr langsamer!“, sage ich. Mein Herz rast. Meine Augen weiten sich.
“Du weißt, dass du dich lieber nicht mit Leuten anlegen sollst, Abby.“ Ich ignoriere Justin und halte mich am Sitz fest.
“Fahr langsamer.“, versuche ich es nochmal. Doch er denkt nicht daran. “Okay, ich hör auf! Alex, fahr langsamer! Ich hör auf!“, sage ich hysterisch.
Justin lacht und blickt zu Alex. “Okay, okay. Schon gut. Bleib cool.“, sagt er, doch Alex nimmt seinen Fuß nicht vom Gas.
“Alex, ist gut jetzt. Fahr langsamer.“, versucht Zach es diesmal. Ängstlich sehe ich den blonden Jungen an, dessen Blick nicht von der Straße weicht. Wie ein Verrückter fährt er einfach in der selben Geschwindigkeit weiter. Vor meinen Augen sehe ich mein ganzes Leben an mir vorbeiziehen.
“Was soll die scheiße? Fahr langsamer!“, ruft Zach von hinten. Ich schließe die Augen und halte mich am Gurt fest, doch dann ertönen Polizeisirenen und Alex wird langsamer.
“Alex, fahr jetzt verdammt nochmal langsamer!“, sagt Justin noch. Alex fährt an die Seite und kommt zum Stehen. Ich atme erleichtert aus und sehe zu, wie der Polizist an die Scheibe kommt. Alex kurbelt das Fenster runter und sieht den Polizisten an.
“Okay, Leute. Wieso fahrt ihr 90 in einer 40er Zone?“, fragt er und bleibt noch relativ freundlich.
“Wir wollten nur 'ne Runde drehen.“, antwortet Alex ihm ruhig. “Entschuldigung, Officer.“, kommt es von Justin.
“Ihr wisst, dass ich euch wegen dieser Fahrweise hochnehmen könnte. Wisst ihr wie viel dieser Strafzettel kosten würde? 500 Dollar und drei Punkte im Register. Wollt ihr das?“
Innerlich hoffe ich, dass mein Vater nichts mitbekommt von all dem. “Nein,Sir.“,antwortet Alex.
“Dann schlage ich vor, du setzt die drei ab und fährst nach Hause zum Abendessen.“ Verwirrt schaue ich die beiden an.
“Okay. Bist du nachher auch da?“, fragt Alex.
“Sag deiner Mum, dass sie mir was aufhebt. Und halte dich ans Tempolimit. Denn das nächste mal, gibt's nen Strafzettel.“ Der Polizist sieht seinen Sohn an. “Sicherheitsgurt.“ Erst jetzt fällt mir auf, dass er den nicht angelegt hat. Als sein Vater weg ist, fangen Justin und Zach an zu lachen.
“Scheiße, nein. Dein Dad ist ein Cop?“,fragt Zach belustigt.
“Das ist brillant. Du kannst uns gar nichts, Abby. Wir sind verdammt nochmal unantastbar.“, lacht Justin und sieht mich an. Mir ist allerdings nicht nach lachen zu Mute. Ich will einfach nur nach Hause.

Zu Hause setze ich mich in den Sessel im Wohnzimmer. Mein Fahrrad haben Justin und seine Freunde nicht rausgerückt, aber sie haben mich sicher nach Hause gebracht. Ich war aus dem Wagen gestiegen ohne etwas zu sagen und habe die Tür zugeknallt. Ich habe mich nicht mehr umgedreht, sondern bin so schnell es ging ins Haus verschwunden. “Ist alles okay?“, fragt mich meine Tante Polly, als sie das Wohnzimmer betritt.
“Ja, mir geht's gut.“, sage ich erschöpft und sehe sie an.
“Abby, ich würde gerne mit dir reden.“, beginnt sie.
“Weißt du irgendwas über Schüler, die an deiner Schule gemobbt werden?“ Perplex sehe ich sie an. “Was, warum? Hat dich jemand angerufen?“, frage ich und setze mich auf.
“Nein. Ich frage nur, ob Hannah Baker gemobbt wurde.“
“Warum Hannah Baker?“, frage ich neugierig.
“Meine Firma wurde heute von der Schule engagiert. Es geht um den Prozess, den die Bakers eröffnet haben.“, erzählt sie mir.
“Deine Firma? Hat denn die Schule keine eigenen Anwälte?“, frage ich verwirrt.
“Haben sie. Aber für einen Prozess brauchen sie Prozessanwälte. So wie mich.“
“Du stellst dich gegen die Bakers?“
“Naja, ich verteidige die Schule.“, antwortet sie.
“Du willst also beweisen, dass Hannah nicht gemobbt wurde.“, stelle ich fest.
“Der Standpunkt der Schule ist, dass sie nicht wussten, dass Hannah gemobbt wurde. Hätten sie es gewusst, hätten sie es verhindert.“ Ungläubig sehe ich meine Tante an. “Und du glaubst, das ist so?“, frage ich verblüfft.
“Das wollen wir ja herausfinden.“ Ich nicke einfach nur.
“Bist du einverstanden damit?“, fragt sie mich noch.
“Sicher.“, sage ich schnell.
“Und es gibt nichts, was du mir noch sagen willst? Über Mobbing an der Schule?“  Ich schüttele den Kopf. “Nein.“
“Oder über Hannah Baker?“, hakt sie weiter nach. Nun sehe ich sie an.
“Ich hab dir schon gesagt, ich kannte sie nicht wirklich.“ Damit ist das Gespräch für mich beendet und ich gehe nach oben in mein Zimmer. Mit geschlossenen Augen lehne ich mich an die Tür und atme durch. Und dann weine ich einfach los. Völlig überfordert. Völlig unkontrolliert, weine ich und will, dass es aufhört so weh zu tun. Und ich wünsche mir, dass Hannah immer noch da ist. Aber das ist sie nicht. Sie ist nur noch ein Schatten, der mir folgt und nie verschwindet.

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