"Das schnellste Pferd kann ein im Zorn gesprochenes Wort nicht einholen." ~ Unbekannt
Die nächsten zwei Wochen waren - nun ja... sie waren sehr komisch. In Zaubertränke saß ich zwar immer noch neben Malfoy, aber wir redeten nicht mehr mit einander. Nicht mal, wenn wir zusammen arbeiten sollten, taten wir dies. Wir ignorierten uns gegenseitig und wenn Malfoy wieder irgendwelche dummen Sprüche gegen meine Freunde richtete, sagte er auch immer etwas gegen mich. Es tat weh. Das war das einzige, was ich dabei fühlte. Es tat einfach unglaublich weh von ihm so behandelt zu werden. Vor allem, nachdem wir zusammen gelacht hatten. Selbst die elektrisierende Spannung zwischen uns beiden war erloschen und das vermisste ich.
Während mit Malfoy so einiges aus dem Ruder lief, funktionierte mein restliches Leben ausnahmsweise mal. In der DA übten wir fast bei jedem Treffen einen neuen Zauber oder verbesserten unser Können. Da die Treffen aber oft verschoben werden mussten und wir es zu auffällig fanden, wenn andauernd Schüler eines Hauses zu Schüler in anderen Häusern laufen würden, kam Hermine auf eine Idee. Nach unserem letzten Training teilte sie uns Münzen aus, die so verzaubert waren, dass, wenn Harry das Datum des nächsten Treffens festlegen würde, sich das Datum am Rand der Münzen auch ändern würde und somit alle bescheid wüssten. Es war ein tolles Gefühl so Umbridge entgegen zu wirken. Dazu kam noch, dass durch die Treffen neue Freundschaften entstanden. So hatte ich schon einige aus Hufflepuff kennen gelernt, die ich sonst nur vom Sehen kannte. Wir hielten als Gruppe fest zusammen und alle waren für einander da. Aber es entstanden nicht nur neue Freundschaften, sondern auch alte wurden wieder zum Leben erweckt, so wie die zwischen Julian und mir. Wir verbrachten nicht nur während des Trainings viel Zeit miteinander, sondern auch außerhalb. Und was soll ich sagen? Ja, es entstanden schon irgendwo wieder Gefühle, aber ich hatte ihm trotzdem noch nicht vergeben und behielt mir sein Verhalten von den Sommerferien immer im Hinterkopf.
Am ersten Novemberwochenende stand das große Spiel zwischen Gryffindor und Slytherin an. Schon Wochen vor diesem Spiel, fingen die Slytherins an Ron auszulachen und ihm dumme Sprüche gegen den Kopf zu werfen. Malfoy war da besonders mit von der Partie. Deshalb war es kein Wunder, das Ron am Morgen des Spiels kreidebleich zum Frühstückstisch kam.
„Wie schlimm ist es?", fragte ich Harry, als sie sich zu uns setzten. Ron starrte einfach mit leeren Augen ins Nichts und beachtete gar nicht die vielen Menschen, die ihm Glück wünschten.
„Frag nicht und die Slytherins machen es auch nicht gerade besser. Weißt du, was auf diesen Abzeichen mit der Krone steht?", fragte Harry mich und ich runzelte die Stirn.
„Was für Abzeichen?" Harry deutete auf einige Slytherins, die gerade an unserem Tisch vorbei gingen. Sie trugen ein silbernes Abzeichen mit einer Krone und Text darauf. Allerdings konnte ich den Text auch nicht lesen, weshalb ich nur mit dem Kopf schüttelte. Als Harry gerade wieder etwas sagen wollte, setzten sich Hermine und Ginny zu uns. Beide hatten heute Morgen noch ein wenig länger geschlafen, während ich schon zum Frühstück runtergegangen war.
„Wie geht's dir?", fragte Ginny Ron, welcher inzwischen in die Milchpfütze am Boden seiner leeren Frühstücksschale starrte. Es sah so aus, als ob Ron sich am liebsten in ihr ertränken würde.
„Er ist einfach nur nervös", erklärte Harry.
„Schön, das ist ein gutes Zeichen, ich persönlich hab immer den Eindruck, wenn ich nicht ein bisschen nervös bin, läuft es in den Prüfungen nicht ganz so gut", sagte Hermine.
„Aber das ist hier keine Prüfung, Mine", nuschelte ich mit vollem Mund und stupste Ron an. „Nein, du wirst dich nicht in der Schüssel ertränken. Außerdem ist dein Kopf dazu viel zu groß." Ron sagte nichts zu meiner Äußerung, sondern sah sich nur nervös um. Auf einmal tauchte Luna bei uns auf und wünschte Ron viel Glück. Sie trug einen Löwenkopf als Hut, der sogar sein Maul bewegen konnte. Fröhlich lächelnd hüpfte sie wieder davon, bevor Angelina auf uns zuraste und die Jungs mit zum Feld nehmen wollte. Harry meinte nur, dass sie gleich nachkommen würden, weil Ron noch etwas essen sollte. Doch als Ron nach zehn Minuten immer noch nichts zu sich genommen hatte, gab Harry auf und wollte mit ihm gehen. Als die beiden aufstanden, erhoben sich auch Hermine und ich. Während ich beide nur umarmte, drückte sie Ron sogar einen Kuss auf die Wange.
„Heilige! Was war das denn gerade?!", fragte ich sie geschockt, als Ron und Harry die Halle verlassen hatten. „Du hast gerade Ron Weasley geküsst!", rief ich laut aus, woraufhin Hermine versuchte mich mit ihren Blicken zu töten.
„Auf die Wange!", zischte sie und setzte sich wieder. Mit einem - immer noch - fassungslosen Grinsen ließ ich mich neben ihr nieder.
Nach dem Frühstück liefen wir raus zum Quidditchfeld, wo bereits schon Julian für uns Plätze frei gehalten hatte. Wir begrüßten ihn freundlich und dann kamen auch schon die Spieler von Gryffindor und Slytherin auf das Feld. Madam Hooch brachte die Kapitäne beider Mannschaften dazu sich die Hände zu schütteln, bevor alle in die Luft aufstiegen. Mein Blick lag die ganze Zeit erwartungsvoll bei Ron, doch als plötzlich etwas direkt über unsere Köpfe hinweg flog, sah ich nach oben. Malfoy zog über uns seine Bahnen und betrachtete mich mit einem wütenden Blick, der noch wütender wurde, als er Julian sah. Julian spielte zwar auch Quidditch, hatte sich dieses Jahr aber nicht für das Team beworben.
Gerade als Lee eine seiner Durchsagen beendet hatte, drang von den Slytherins aus Gesang zu uns.
„Weasley fängt doch nie ein Ding,
Schützt ja keinen einz'gen Ring,
So singen wir von Slytherin:
Weasley ist unser King."
Empört guckten wir uns an, bevor wir zu Ron guckten, der jetzt nur noch unsicherer wurde.
„Weasley ist dumm wie'n Plummpudding,
Lässt jeden Quaffel durch den Ring.
Weasley sorgt für unsern Gewinn,
Weasley ist unser King."
„Wie können die es nur wagen!?", zischte ich sauer und wartete darauf, dass McGonagall oder sonst wer den Slytherins das Singen verbieten würde, doch nichts dergleichen passierte. Stattdessen flog Malfoy noch einmal an uns vorbei und sang lauthals mit. Ich warf ihm einen wütenden Blick zu, aber er lächelte mir nur süffisant zu.
Während die Slytherins weiter ihr bescheuertes Lied trällerten, versuchte Ron wirklich sein Bestes, aber schaffte es leider nicht einen Ball zu halten. Sodass es nach der Hälfte des Spieles vierzig zu null für Slytherin stand. Erst, als sie das Lied schon siebenmal durchgesungen hatten, schaffte es Angelina an den Quaffel zu kommen und erzielte ein Tor für Gryffindor. Voller Freude sprangen wir auf und jubelten laut. Doch natürlich war uns bewusst, dass wir heute gegen Slytherin keine Chance mehr haben würden, außer Harry würde den Schnatz fangen. Aber so wie es aussah, würde das heute auch nichts mehr werden. Doch gerad, als ich das dachte, stürzte Harry in die Tiefe und Malfoy hechtete ihm nach.
„Haben sie den Schnatz entdeckt?", fragte ich Hermine, welche begeistert nickte. Gespannt beobachteten wir, wie Harry und Malfoy sich ein wildes Kopf-an-Kopf rennen lieferten und dem Schnatz immer näher kamen. Plötzlich streckte Harry seine Hand aus und er zog seinen Besen nach oben. Den goldenen Schnatz hielt er zufrieden in seinen Händen. Vor Begeisterung sprangen Hermine und ich auf und rannten sofort von der Tribüne zu ihm runter.
Als wir unten ankamen, lag Harry plötzlich auf dem Boden. Schnell rannten wir zu ihm hin und halfen ihm aufzustehen.
„Alles in Ordnung bei dir? Was ist passiert?", fragte ich und reichte ihm meine Hand. Harry versicherte mir, dass alles in Ordnung sei, als Angelina auf uns zu gestürmt kam
„Es war Grabbe, dieser gemeine Hund", sagte sie zornig. „der hat den Klatscher genau in dem Moment auf ihn geschleudert, als Harry den Schnatz gefangen hatte! Aber wenigstens haben wir gewonnen!"
Ich wollte gerade ansetzten und mich über Crabbe beschweren, als Malfoy auf uns zukam und anfing Harry zu provozieren. „Hast Weasley diesem Lappen den Hals gerettet, was?", sagte er zu Harry. „Ich hab noch keinen miserableren Hüter gesehen... aber er ist ja dumm wie 'n Plummpudding...hat dir mein Lied gefallen, Potter?" Wir beachteten Malfoy nicht weiter, sondern drehten uns den anderen zu, welche gerade landeten und siegesschreie ertönen ließen. Fred und Goerge kamen auf mich zu gestürmt und hoben mich in die Lüfte.
„Wir haben gewonnen, Victoria, wir haben gewonnen", wiederholten die beiden immer wieder, bevor sie mich irgendwann wieder runterließen.
„Wir wollten eigentlich noch ein paar Verse schreiben!", rief Malfoy, als Katie und Angelina Harry umarmten. „Aber wir haben keine Reime auf fett und hässlich gefunden - wir wollten was über seine Mutter singen, verstehst du - " Ich drehte mich um und warf ihm einen warnenden Blick zu. Er sollte sofort aufhören so etwas Schreckliches zusagen. „- und nichtsnutziger Verlierer konnten wir auch nicht einbauen - für euren Vater!" Malfoy warf mir einen vielsagenden Blick zu und am liebsten wäre ich auf ihn zu gestürmt, aber Hermine hielt mich am Arm fest, da sie wahrscheinlich schon ahnen konnte, was ich vorhatte. Aber Malfoy machte nicht nur mich mit seinen Worten sauer. Auch Fred und George stürmten auf ihn zu, wurden allerdings von Harry, Angelina, Alicia und Katie gehalten. Doch, als Malfoy plötzlich etwas gegen Harrys Mutter sagte, lies Harry George los und gemeinsam stürmten sie auf Malfoy zu.
Mit einem Lächeln sah ich zu, wie Harry seine Faust in Malfoys Magen rammte. Neben mir kreischten einige auf und versuchten Harry und George von Malfoy wegzuziehen. Doch die beiden hörten erst auf, als Madam Hooch dazu kam und die beiden mit einem Zauber von Malfoy entfernte.
Während Harry und George zu McGonagall ins Schloss geschickt wurden, beugte sich Madam Hooch besorgt über Malfoy, welcher winselnd mit blutiger Nase auf dem Boden lag.
„Draciiii!", kreischte plötzlich eine hohe Mädchenstimme und ich guckte Hermine genervt an. „Oh mein Draci-Puh!" Pansy Parkinson stürmte auf Malfoy zu und schloss ihn in ihre komischen Arme. Jedoch ließ Malfoy sich ihre Umarmung nicht gefallen und schubste sie von sich weg.
„Er muss in den Krankenflügel", verkündete Madam Hooch und half ihm wieder auf die Beine zu kommen. Sofort umklammerte Parkinson ihm, was wohl stützend wirken sollte, es aber definitiv nicht tat. Als ich beide so sah kam mir wieder der Gedanke, wie sehr ich Parkinson doch hasste.
„Komm wir gehen", sagte ich zu Hermine und griff nach ihren Arm. Zusammen gingen wir wieder zurück zum Schloss und regten uns darüber auf, wie Malfoy nur so ein dummer Idiot sein konnte. Das heute machte mir wieder klar, wie sehr ich mich doch in ihm getäuscht hatte. Es war fast schon unfassbar, dass ich dachte, er könnte wirklich anders sein. Wie dumm ich doch war.
„Lass mich los, Pansy!", hörte ich auf einmal Malfoys arrogante Stimme, als wir im Schloss angekommen waren und in Richtung Gryffindor-Turm gingen. Hermine und ich guckten uns an und man wusste sofort, dass wir beide uns gerade dachten: „Nicht der schon wieder". Mit einem vielsagenden Blick entschlossen wir uns Malfoy zu ignorieren und einfach weiter zu laufen. Doch aus unseren Plänen wurde nichts, als Malfoy plötzlich meinen Namen rief. Erschrocken guckte mich Hermine an und wollte weiter laufen, aber nicht mit mir. Ich blieb sofort stehen und drehte mich langsam zu ihm und Parkinson um, welche mich böse anstarrte. Allerdings sah sie dabei mehr lächerlich, als angsteinflößend aus.
„Und bist du stolz auf Weasley diesen Versager, Moon? Warte - dieses Versagen bist du ja schon von deiner Familie gewohnt", höhnte er und ich ballte meine Hände zu Fäusten. Hermine griff nach meinem Arm und versuchte mich umzudrehen, doch schaffte es nicht. „Kein Wunder, dass du und Weasley solche Versager seid! Schließlich seid ihr auch mit Schlammblütern befreundet!" Ich kochte vor Wut und selbst Hermine schaffte es nicht mehr mich zu beruhigen. Ich riss mich von ihr los und stürmte auf Malfoy zu.
„Victoria! Nein!", kreischte Hermine, doch es war zu spät. Ich war bei Malfoy angekommen und schubste Parkinson aus meinem Weg, welche sich schützend vor ihren angebeteten gestellt hatte. Sie stolperte und fiel auf den Boden. Ein jämmerlicher Ton entwich ihrer Kehle, aber ich achtete nicht weiter darauf.
„Reicht es dir etwa nicht, dass George schon deine Nase gebrochen hat?", zischte ich sauer. Malfoy kam einen Schritt auf mich zu und lächelte dabei provozierend.
„Er hat mich doch nur geschlagen, weil ich die Wahrheit über eure lächerliche Familie gesagt habe. Die Wahrheit über seine fette, hässliche Mutter und seinen nichtsnutzigen Vater", sagte Malfoy einfach ganz locker. Ich strafte meine Schulter und sah ihn vernichtend an.
„Pass auf, was du sagt, Malfoy, sonst-"
„Sonst was, mh? Willst du mich auch wieder schlagen oder mich gegen eine Wand drücken? Ganz ehrlich, Moon, du bist genauso eine Versagerin wie alle anderen in deinem Haus!" Er kam mir noch einen Schritt näher und flüsterte gefährlich leise seine nächsten Worte. „Und dabei dachte ich mal was anderes von dir." Fassungslos sah ich in seine grauen Augen und ging einige Schritte zurück. Es fühlte sich an, als ob ich gerade gegen eine Mauer gerannt wäre und alles stillstehen würde.
„Wir gehen, Hermine. Dieses niveaulose Gelaber muss ich mir nicht weiter anhören!" Ich drehte mich um und zog meine beste Freundin zu unserem Gemeinschaftsraum. Ich war auf hundertachtzig. Doch Malfoys letzte Worte brachten mich zum nachdenken. War ich für doch nicht nur eine nutzlose, dumme Gryffindor gewesen?