Behind Green Eyes

62. We're only getting older, baby

"Wir leben zu sehr in der Vergangenheit, haben Angst vor der Zukunft und vergessen dabei völlig die Gegenwart zugenießen."

Am nächsten Morgen wurde ich von Hermine und Ginny über die neusten Geschehnisse aufgeklärt, welche sich gestern Abend im Gemeinschaftsraum abgespielt hatten. Wie sie mir erzählten, hatte Harry den Sund des lebenden Todes gestern in Zaubertränke nur so gut hinbekommen, da er andere Anweisungen in seinem Buch stehen hatte. Anweisungen von jemanden, der sich selbst als der Halbblutprinz ausgab. Erst wollte ich ihnen nicht glauben, doch als Harry auch in der nächsten Stunde den Trank ohne Probleme mischen konnte, warf ich ein Blick in das Buch. Überall waren handschriftliche Notizen, die einem genau sagten, was man machen soll. Auch wenn ich das schon irgendwie genial fand, war ich aber zum Großteil nicht begeistert. Harry sollte nicht schummeln. Dazu war Slughorn viel zu nett und sein Unterricht viel zu einfach. Doch er tat es trotzdem.

Am Ende der Woche konnten wir ihn immer noch nicht davon überzeugen, dass Buch umzutauschen. Wir ließen das Thema dann auch ruhen, schließlich musste Harry selber wissen, was er da tat.

Am Samstagabend hatte Harry eine seiner ersten Einzelstunden bei Dumbledore. Wir wünschten ihm gutes Gelingen, bevor er von dannen zog und wir drei weiter zusammen im Gemeinschaftsraum saßen. Während ich eins dieser Muggelbücher las, welches Hermine mir geschenkt hatte, lernte diese für Arithmantik und Ron versuchte sich an seinen Hausaufgaben. Es war ein ganz normaler Samstag. So ein Samstag wie die vergangenen Jahre auch schon. Doch immer, wenn ich von meinem Buch hochsah, fiel mir auf, dass Hermine Ron musterte. Ich kannte ihren Blick gut genug, um zu wissen, dass da mehr als nur Freundschaft in der Luft lag. Mit einem Schmunzeln wandte ich mich wieder dem Buch zu.

„Und wie gefällt dir das neue Buch, Victoria?", fragte Hermine mich am Ende der nächsten Woche. Ich saß mit einem Muggelbuch in der Hand am Frühstückstisch.

„Mhm, gut", antwortete ich ihr beiläufig und merkte gerade frühgenug, dass meine Marmelade vom Brot rutschte, sodass ich es schnell über den Teller hielt.

„Shakespeare ist großartig nicht wahr? Wenn du willst kann ich dir auch noch Romeo und Julia ausleihen. Ich sag dir: du wirst weinen!" Hermine fuchtelte wie wild mit ihren Armen in der Luft herum und erschlug dabei fast Ron, der neben ihr saß. Ich packte das Muggelbuch mit dem Namen Hamlet zur Seite und musste mir ein Lachen verkneifen, als Ron ein Stück weiter von ihr wegrutschte.

Wir beschlossen an diesem Morgen Hagrid nach den Testspielen für Quidditch zu besuchen, bevor die Post ankam und wir von Dementorenangriffen und einer Festnahme lesen mussten.

Während die Gryffindortestspiele begannen, setzten Hermine und ich uns auf die Tribüne. Sie, fast schon zitternd vollkommen fokussiert auf die Spieler, und ich, lesend, neben ihr. Als ich meinen Kopf hob, um zu sehen wie Ron sich so schlug, erinnerte mich das alles sehr an letztes Jahr. Meine Gedanken schweiften sofort wieder zu Draco und wie er dieses beschissene Lied gesungen hatte, wie ich ihn beleidigt hatte und wie dann doch irgendwie mehr aus uns wurde. Ich hasste es, das diese Gedanken mich wieder so verdammt traurig machten und an meiner Mauer kratzen. So beschloss ich nicht mit zu Hagrid zukommen, sondern lieber mich auf meinem Zimmer zu verkriechen und dort meinem Abend zu verbringen.

Hermine kam erst spät abends in das Zimmer und als sie mich sah, guckte sie mich mitfühlend an. Warum mitfühlend? Nun ja, es war vielleicht der Fall eingetreten, dass ich weinend auf dem Bett saß. Einige leere Packungen von Zauberfröschen zusammen mit dem Muggelbuch vor mir. Sie setzte sich zu mir und zog mich in ihre Arme.

„Ssshh", sagte sie beruhigend und tätschelte meinen Rücken.

„Warum mussten die sich alle gegenseitig umbringen? Und Ophelia – die arme hat sich aus Liebe zu ihm umgebracht! Warum Hermine, warum?", schluchzte ich und konnte von meiner besten Freundin ein leichtes Lachen hören.