"Gelegentlich führt erst ein fehler auf den richtigen Weg." ~ Konrad Adenauer
Die Stunden vergingen und mit jeder Sekunde, Minute, Stunde, die verstrich, wurde ich nervöser. Ich konnte mir nicht mal ganz erklären, warum ich plötzlich so nervös war. Es war schließlich nur Malfoy.
Als wir beim Abendbrot saßen, aß ich nicht wirklich etwas, sondern stocherte eher mit der Gabel in meinem Essen rum. Hermine, die mir meine Nervosität wohl anmerkte und mich schon den ganzen Tag ausfragte, was ich nachher machen würde, beobachtete mich forschend. Unter ihrem Blick wurde ich nicht nur noch nervöser, sondern bekam bei der ganzen Sache auch ein ziemlich eigenartiges Gefühl. War es falsch, was ich tat? Schließlich würde ich dem Jungen helfen, der ständig meine Freunde beleidigte. Er bezeichnete Hermine als Schlammblut und als ihre beste Freundin sollte ich ihn eigentlich komplett ignorieren oder fertig machen, doch ich tat genau das Gegenteil. Ich traf mich mit ihm und war deswegen verdammt aufgeregt.
Um kurz vor 19 Uhr machte ich mich auf den Weg in die Bibliothek und betete dafür, dass kein Schüler jetzt da sein würde. Ich konnte mir schon genauestens vorstellen, was sie denken würden, wenn sie Malfoy und mich sehen würden. Hermine hatte ich noch das Versprechen geben müssen, egal wo ich jetzt hingehen würde, auf mich aufzupassen und nichts zu tun, was mich in Schwierigkeiten bringen könnte.
In der Bibliothek angekommen, setzte ich mich an einen der hintersten Tische, an denen eigentlich niemand saß und wenn mal jemand an ihnen saß, dann wusste man, dass dieser Jemand etwas nicht ganz so richtiges tat. Ich packte meine Bücher und Blätter aus, die ich für den Aufsatz in Zaubertränke brauchte und machte mich schon mal an die Arbeit. Es gab viele Sorten von Gegengiften, aber ich fand dieses Thema definitiv einfacher, als das Letzte.
„Bei Merlins Bart!" Ich schreckte hoch, als plötzlich jemand neben mir seine Sachen auf den Tisch fallen ließ. Malfoy lächelte mich nur schräg an, bevor er sich zu mir setzte und ein Stück Pergament hervor holte.
„So und wie machen wir das jetzt?", fragte er und sah erst sein leeres Blatt und dann mich an. Ich räumte meine Sachen etwas zur Seite, bevor ich mir durch meine Haare fuhr und mich zu Malfoy drehte.
„Also du überlegst erst einmal, was für Gegengifte du kennst", wies ich ihn an. Malfoy guckte kurz an die Wand, an welcher der Tisch stand, bevor er wieder mich anguckte und nur ahnungslos mit den Schultern zuckte. Das konnte jetzt nicht sein ernst sein, oder? Der kann mir nicht erzählen, dass er komplett gar nichts davon weiß. „Ok, vielleicht kannst du mir wenigstens sagen, was man im Allgemeinen unter Gegengiften versteht?"
„Gegengifte sind speziell zusammengestellte magische Mixturen, die einem bestimmten Gift entgegen wirken sollen", antwortete mir Malfoy und ich nickte zustimmend, bevor ich ihn anwies das gerade gesagte aufzuschreiben. „Sie werden benutzt, um magische Vergiftungen durch Zaubertränke, magische Gegenstände, magische Giftpflanzen und -pilze oder Verletzungen durch Tierwesen entgegenzuwirken und erfolgreich zu bekämpfen", sagte er noch und schrieb auch das auf.
„Bist ja doch nicht so dumm, wie ich gedacht hatte", lachte ich und erntete sofort einen geschockten Blick.
„Ich bin nicht dumm!" Empört riss Malfoy seine Arme in die Luft, was mich zum Lachen brachte, da er gerade wie ein kleines Äffchen mit weißen Haaren aussah, das sich aufregte, weil man ihm seine Banane weggenommen hatte.
„Oh du müsstest dich jetzt mal sehen! So bescheuert!" Ich lachte immer noch herzlich, doch verstummte plötzlich, als mich Malfoys ernster Blick traf. Oh, da mochte es aber jemand gar nicht, wenn man über ihn lacht.
„Wissen eigentlich deine Freunde, dass du mit mir hier bist?", fragte er plötzlich aus dem Nichts heraus. Ich schüttelte nur meinen Kopf, woraufhin sich ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen abspiegelte. „Also bin ich so etwas, wie dein Geheimnis?"
„Nein, Malfoy, du bist nicht so etwas, wie mein Geheimnis", antwortete ich und guckte ihm direkt in die Augen. Es entstand plötzlich eine ganz komische Spannung zwischen uns, weshalb ich die nächsten Worte auch nur flüsterte. Ich hatte Angst, dass jemand uns hören konnte, für den diese Worte nicht bestimmt waren. „Du bist mein Geheimnis." Das kleine Lächeln auf seinen Lippen vergrößerte sich und auch ich begann zu lächeln. Wir saßen einfach nur da, guckten einander an und lächelten. Wir lächelten, weil niemand hiervon wusste. Es war ein komisches Gefühl so etwas wie ein Geheimnis zu haben. Einerseits fühlte es sich unglaublich gut an, aber andererseits, fühlte ich mich gegenüber meinen Freunden schlecht. Ich lächelte hier schließlich gerade mit unserem eigentlichen Feind um die Wette. Verdammt!
„Und dann schreibst du einfach noch paar Gegengifte auf und dann bist du fertig." Ich hatte mich aus meiner Starre losgerissen und guckte jetzt auf den Tisch. Natürlich hätte ich so weitermachen können, aber - nein, ich durfte nicht. „Das solltest du alleine schaffen, oder?" Fragend zog ich eine Augenbraue hoch und sah Malfoy an, welcher auch einfach nur auf das Blatt vor sich starrte und benommen nickte. Ich verstaute meine Bücher und Pergamentblätter einfach irgendwie in meiner Tasche und stand auf. So schnell, wie mich meine Beine nur tragen konnten, lief ich durch die dunklen Gänge zurück zum Gemeinschaftsraum. Es fühlte sich auf einmal so merkwürdig an, den mittlerweile leeren Raum, zu betreten. Ich guckte mich um und hoffte inständig, dass jetzt niemand hier sitzen würde und ich alleine sein könnte, doch natürlich war ich es nicht.
Hermine und Ron saßen vor dem Kamin und schienen gerade über etwas ausgelassen zu diskutieren. Ich atmete tief durch, bevor ich zu ihnen ging und mich daneben setzte.
„Es ist eine gute Idee!", sagte Ron, der dabei wild mit den Armen fuchtelte.
„Um was geht es?", fragte ich und legte meinen Umhang ab. Hermine belegte mich mit einem neugierigen Blick, bevor sie mir ausführlich erzählte, dass Ron und sie gerade an einer Lösung arbeiteten Umbridge loszuwerden. Während Hermine auf meine Idee zurückkam, war Ron der Meinung, man könnte Umbridge auch gleich vergiften, dann wäre man sie definitiv los.
„Ron, sei realistisch. Wir werden sie einfach nicht los und das Beste, was wir machen können ist einen eigenen Kurs zu gründen", konterte ich seine Rede, mit welchen Giften man am schnellsten Umbridge umbringen könnte. Schließlich knickte Ron ein und so saßen wir bis um Mitternacht im Gemeinschaftsraum und redeten, während wir darauf warteten, dass Harry zurück von nachsitzen kam. Zu meinem Glück hatte Hermine meinen geheimen Ausflug, wenn man das so bezeichnen konnte, noch nicht angesprochen, was ich auch begrüßte. Mein Kopf stellte sich schon so genug Fragen, welche sich größtenteils nur um Malfoy drehten, und da wären Hermines Fragen über meine geheimen Aktivitäten viel zu viel gewesen.
Als Harry schließlich zu uns stieß, blutete seine Hand so sehr, dass das Blut schon fast auf den Boden getropft wäre, wenn Hermine ihm nicht ein weiteres Taschentuch gereicht hätte. Zudem hatte sie für seine Hand auch eine kleine Schale mit einer bestimmten Lösung an gemischt, damit der Schmerz gelindert werden würde.
„Ich denke immer noch, dass du dich darüber beschweren solltest", sagte Ron leise und sah Harry unsicher an.
„Nein", antwortete Harry einfach nur und damit war das Thema auch beendet.
„McGonagall würde die Wände hochgehen, wenn sie das wüsste", flüsterte ich und sah Harry ernst an. Er jedoch schüttelte den Kopf und signalisierte uns somit, dass wir das Thema lieber fallen lassen sollten.
„Jetzt mal ehrlich, wir sollten etwas gegen Umbridge unternehmen", sagte Hermine schließlich. „Diese Frau ist furchtbar!" Wir stimmten ihr alle zu, doch dann stand wieder die Frage im Raum, wie wir sie loswerden könnten. Während Ron immer noch nicht von seiner Idee mit dem Gift losließ, schlug Hermine vor, einen eigenen Kurs zu gründen. Und mit dieser Idee fing eine lange Diskussion an. Wir wussten nicht, wann wir diesen Kurs machen sollten, da wir unter der Last der Hausaufgaben kaum noch Zeit für irgendetwas anderes hatten. Dazu kam auch noch die Frage wer uns unterrichten könnte. Diese Frage war für Hermine, Ron und mich sehr schnell beantwortet, doch Harry war dagegen. Er wollte nicht unser Lehrer sein und war der Auffassung, dass alles was er erreicht hatte, nur pures Glück gewesen sei.
„Ihr habt keine Ahnung!", schrie Harry plötzlich und sprang auf. Hermine, Ron und ich verstummten sofort und sahen Harry erschrocken an. „Ihr musstet ihm nie gegenübertreten, oder? Ihr stellt euch das alles so leicht vor! Ein paar Flüche auswendig lernen und sie ihm dann gegen den Hals schleudern. Stellt ihr euch das so vor?" Es war still geworden und niemand von uns traute sich Harry anzugucken. Er hatte so viel durchgemacht und natürlich war es nicht so wie im Unterricht, wenn man gegen Voldemort kämpfte. Und genau das erzählte uns Harry jetzt auch. Während er erzählte, wie es war gegen Voldemort zu kämpfen, Cedric sterben zusehen und meinte, dass wir das alles nicht verstehen würden, sammelten sich einige Tränen in meinen Augen. Wie konnte jemand nur so viel durchmachen und trotzdem so eine wundervolle Person wie Harry sein? Und das machte mir, klar, dass wir Harry brauchten. Wir brauchten ihn jetzt viel mehr, als jemals zuvor.
„Harry", fing ich an und sah ihn vorsichtig an. „Wir brauchen dich. Nur du weißt, wie es ist gegen ihn zu kämpfen... genau deshalb brauchen wir dich."
„Victoria hat Recht, Harry", stimmte mir Hermine zu. „Wir müssen wissen, wie es wirklich ist ... sich gegen ihn zu stellen ... gegen Voldemort." Erschrocken sahen wir alle plötzlich Hermine an, die gerade zum ersten Mal seinen Namen ausgesprochen hatte. Harry nickte leicht und ließ sich dann zurück in den Sessel fallen.
„Denke einfach mal darüber nach, Harry, ja?", fragte ich ihn und stand auf, um mich auf die Lehne seines Sessels zu setzten. Harry summte zustimmend und sah mich dann an. „Und denk daran, wir sind immer für dich da." Ich wusste nicht, warum ich das sagte, aber es schien Harry irgendwie zu beruhigen und er zog mich in seine Arme.
„Ich denke, wir sollten schlafen gehen", sagte Hermine schließlich und ich stimmte ihr zu. Wir verabschiedeten uns von den Jungs und gingen dann hoch in unseren Schlafsaal. Ginny schlief bereits schon, weshalb wir extrem leise waren, als wir uns Bettfertig machten.
„Also wo warst du heute?", fragte Hermine, als wir uns gerade die Zähne putzten. Sie könnte zwar auch in das Bad der Vertrauensschülergehen, doch entschied sich meistens bei uns zu bleiben.
„In der Bibliothek", antwortete ich monoton und wusch mir mein Gesicht. Ich spürte Hermines fragenden Blick und wusste, dass ihr diese Antwort nicht reichte. „Ich hab jemandem geholfen", sagte ich schließlich und Hermine nickte mit einem wissenden Lächeln.
„Ihr werdet bestimmt ein hübsches Paar", flötete sie leise, als sie wieder zurück in unser Zimmer gehen. Ich sah ihr geschockt nach. Oh Gott, wenn Sie nur wüsste, wer es wirklich war. Aber andererseits müsste sie es auch nie erfahren, da Malfoy und ich nie ein Paar werden würden. Niemals!