Epilog

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Eine Woche nach Lucans Tod sass ich mit Dandelion vor Poppys Grab und pflanzten einen Lindenbaum in die trockene Sommererde.

Die kleine Blumenfee hatte sich recht schnell wieder von dem Energieangriff erholt. Doch sie hatte es nicht mehr ausgehalten, im Haus zu bleiben. So hatte ich ihr in unserem Graten ein Nest aus Zweigen und Kissen gebastelt, in dem sie noch so lange wohnen würde, bis sie sich wieder stark genug fühlte, zurück in die Anderswelt zu gehen. Meine Tanten hatten es schweigend ignoriert. Genauso wie wir den Vorfall am Abend der Ankunft des Rates ignorierten. Oder den Umstand, dass meine Mutter und ihre Schwestern Mörderinnen waren.

Ich hatte gerade das letzte Häufchen Erde über die feinen Wurzeln geschoben, als ich laute Stimmen von Haus her hörte.

Alarmiert sah ich auf. Seit dem Vorfall lagen meine Nerven ziemlich blank. Als Enya gestern Abend ihr Glas hatte fallen lassen, hätte ich beinahe den ganzen Esssaal abgefackelt. Seit ich wusste, dass sich unsere Kräfte nicht nur auf ein Element beschränkten, musste ich ständig aufpassen, nicht aus Versehen Feuermagie anzuwenden.

Doch diesmal war ich wirklich nur paranoid gewesen. Die Stimmen gehörten meinen Cousinen, die fröhlich kichernd auf uns zukamen. Ceara hatte eine grosse Decke unter den Arm geklemmt und Enya trug einen viel zu grossen Korb über dem Arm.

Und neben ihnen ging Sharni, den rechten Arm ein einem dicken Gips verpackt. Ich sprang glücklich lächelnd auf.

„Sharni!"

Ich rannte auf meine Cousine zu und fiel ihr um den Hals, vorsichtig darauf bedacht, ihren Arm nicht zu berühren.

„Seit wann bist du den wieder zurück?"

Sharni lachte und strich sich eine Strähne ihres blonden Haares aus dem Gesicht.

„Seit etwa einer halben Stunde. Mutter hätte mich zwar am liebsten noch eine halbes Jahr in meinem Zimmer eingesperrt, aber nach diesem schrecklich grauen Krankenhauszimmer brauchte ich endlich wieder etwas frische Luft."

Ich grinste sie glücklich an, dann deutete ich auf das Gepäck.

„Und was soll das hier werden wenn es fertig ist?"
Ceara schmiss die Decke, die ein potthässliches Schottenmuster aufwies, einfach auf den sonnengewärmten Boden und liess sich elegant darauf nieder.

„Dandelion hat uns von Poppy erzählt. Und auch davon, dass Feen normalerweise ein riesiges Fest veranstalten, wenn sie ihre Verwandten beerdigen. Also..."

Sie schnappte sich den Korb von Enya und fing an, wahre Berge von Essen auszupacken.

Ich sah erstaunt zu meinen Cousinen. Ich wusste wirklich nicht was ich sagen sollte.

Doch Enya schien zu verstehen.

„Schon gut. Das sind wir Poppy doch wohl schuldig."

Dann setzte sie sich neben Dandelion, die vor lauter Freude angefangen hatte, durchsichtige Tränen zu weinen und strich ihr tröstend über den Kopf.

Doch die grösste Überraschung hatte Sharni für uns bereit. Sobald Ceara endlich alles Essen ausgepackt und auf der Picknickdecke ausgebreitet hatte, zog sie ihren Geigenkasten aus dem Korb. Verwirrt sah ich sie an.

„Was soll das werden?"
Sharni hob das Kinn an.

„Dandelion hat gesagt, dass sie bei Beerdigungen immer Musik spielen."

Ceara sah sie bedauernd an.

„Sharni, ich weiss nicht..."

Doch Sharni ignorierte ihre Cousinen einfach und begann etwas umständlich, ihre Geige auszupacken. Doch als Enya ihr helfen wollte, bedachte sie diese mit einem so bösen Blick, dass Enya den Kopf einzog und die Finger von dem Geigenkasten liess.

Hexenstunde: Der ZirkelWhere stories live. Discover now