Kapitel 17: Pulmonaria officinalis

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Der nächste Morgen war, nun ja... still. Niemand von uns Cousinen hatte wirklich Lust, nach den Ereignissen gestern mit dem Unterricht weiterzumachen. Daireann hingegen liess sich nicht anmerken, ob Merissas Auftauchen sie aus dem Tritt gebracht hatte. Und der Unterricht blieb uns auch nicht erspart.

Ich hatte trotz Dandelions Protest darauf bestanden, dass Brian und Viona von nun an auch Eisen am Körper tragen sollten. Brian trug nun ein dickes Lederarmband, in dem er ein kleines Messer aus Eisen versteckt hatte. Das sei ein Geschenk seines Vaters gewesen, doch Grandma Aignéis hätte immer kritisiert, dass Männer „Schmuck" trugen, so hatte er es irgendwann gelassen. Auch für Viona hatte ich ein Fusskettchen aus meinem eigenen Schmuckkästchen gefunden das aus Eisen bestand, doch sie hatte es nur kurz getragen und dann gefunden, dass sie Dandelion damit wehtun würde. Aber da sie heute hohe Socken trug wusste ich nicht genau, ob die es vielleicht einfach darunter versteckt hatte.

Wir setzen uns an unsere Plätze und sahen mehr oder weniger aufmerksam zu, wie Daireann Zutaten für einen einfachen Heiltrank aufschrieb. Ich kannte die Liste bereits auswendig, da Beth eine Vorliebe für Tränke gehabt hatte. Auch wenn ich ziemlich enttäuscht gewesen war, als ich herausgefunden hatte, das Hexentränke nicht in dem Sinn magisch waren, sondern sich auf Jahrhundertealtes Wissen über Pflanzen stütze. Der Heiltrank war also eigentlich mehr eine Mischung aus Heilpflanzen, eigentliche Magie war dafür nicht nötig. Trotzdem freute ich mich, dass wir endlich mal etwas Neues machten. Nun, ich hätte zwar lieber einen Liebestrank oder so angefertigt, doch die meisten Hexen schreckten vor der komplizierten Zubereitung zurück und beschränkten sich auf die verschiedenen Heiltränke. Zudem war der Rat kein Fan von Liebestränken. Aus ziemlich offensichtlichen Gründen.

Andererseits musste ich auch zugeben, dass ich mir Spannenderes vorstellen konnte. Anscheinend schien es Ceara ähnlich zu gehen.

„Daireann. Wir haben diesen Trank doch schon hundert Mal durchgenommen. Wir haben keine Zeit für noch eine Wiederholung."
Daireann sah von der Tafel auf.

„Und Kira? Soll sie etwa ohne diese Wissen auskommen müssen, nur weil du dich langweilst?"

Ich schluckte.

„Also eigentlich... Ich kenne die Zutaten ja eh schon auswendig..."

Sie sah mich erstaunt an.

„Ich kenne sie aus einem Buch..."

Zum Glück rettete mich Ceara davor, mich erklären zu müssen.

„Wir haben wichtigeres zu tun!"
„Und was wäre das?"
Ceara sah sie mit einem genervten Blick an.

„Ja was wohl? Wir haben noch immer keinen Zirkel geformt. Der Grund weshalb Kira hier ist. Der Grund weshalb wir im Herbst an die verfluchte Schule gehen werden!"

Um Daireanns Blick zu entgehen, zerbröselte ich die getrockneten Blüten des gefleckten Lungenkrauts vor mir. Das violette Kraut mit dem irgendwie gruseligen Namen half laut Beths Buch bei Husten. Passend.
Meine Tante schwieg einen Augenblick.

„Meinetwegen."

Daireann sah nicht begeistert aus, allerdings hatte sie auch schneller zugestimmt, als ich erwartet hatte. Irgendwie machte mich das plötzlich nervös.

„Stellt euch in einem Kreis auf. Ceara, du stellst dich neben mich."

Wortlos gehorchten wir.

„Es ist eigentlich ganz einfach. Ceara, du beginnst mit der Aufrufung, dann macht Kira weiter, danach Enya und Sharni. Das ist mehr oder weniger schon alles."

Ceara schnaubte, allerdings strich sie sich unablässig eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie atmete einmal tief ein und rief dann laut das Element Feuer an.

Hexenstunde: Der ZirkelWhere stories live. Discover now