Kapitel 28: Cosmos bipinnatus

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Ich wusste nicht genau, was ich mit dem Rest der Zeit anfangen sollte. Von meinem Zimmer aus konnte ich die Einfahrt des Hauses nicht sehen, also nahm ich mir ein Buch und suchte mir einen gemütlichen Platz im Gang, von dem aus ich das Fenster im Blick hatte.

Doch gerade als ich mein Buch aufschlagen wollte, kam Brian um die Ecke. Als er mich sah, blieb er stehen und sollte sofort wieder umdrehen.

„Warte."

Ich stand auf und ging auf ihn zu.

„Ich muss dir etwas erzählen."

Auch wenn er offensichtlich lieber an jedem anderen Ort der Welt gewesen wäre, lies er sich schlussendlich doch noch dazu überreden mir zuzuhören. Zusammen setzen wir uns auf den Boden und ich erzählte ihm von Poppy und unserer Entdeckung. Er hörte mir schweigend zu, dann fuhr er sich durch die Haare.

„Scheisse."

Das konnte er laut sagen.

„Brian... es tut mir leid. Wegen... wegen allem. Ich wollte einfach nicht, dass dir etwas passiert."

Brian schwieg einen Augenblick, als müsste er sich seine Worte zuerst noch zurechtlegen.

„Ich kann verstehen warum du es getan hast. Und jetzt wo Viona weg ist... vielleicht habt ihr Recht. Es hat keinen Wert mehr hierzubleiben. Ich werde niemals ein Hexer sein."

Er lächelte mich traurig an.

„Ich habe mich entschieden doch zu studieren."

Ich lächelte ihn glücklich an.

„Das ist toll. Ich freue mich für dich."

Und ich meinte es ehrlich. Schweigend sassen wir im Gang und lauschten auf die Geräusche um uns herum.

Das Quietschen von Reifen liess mich aufschrecken. Ich war als Erste am Fenster und drückte mir sehr erwachsen die Nase an der Scheibe platt. Brian stelle sich hinter mich und schaute auf den mit hellem Kies gestreuten Vorplatz. Die drei Personen die aus dem alten Auto stiegen, hätte ich ehrlich gesagt eher in ein Alterszentrum als in den Rat der Hexen getan.

Die Frau am Steuer war mindestens hundertzwölf, hatte schneeweisse Haare, die ihr hoch über den Kopf aufragten und trug eine Mischung aus einem hellen Anzug und einem Kartoffelsack. Sie hatte farbige Filzkosmeen in die Haare gesteckt und trug eine viel zu grosse Kette aus Holzperlen.

„Das soll Grandmas ehemalige beste Freundin sein? Die sieht ja aus als wäre sie in einem alternativen Bioladen verloren gegangen."

Ich sah Brian genervt an.

„Ist das die Vorsitzende des Rates?"
Brian zuckte nur mit den Schultern und beugte die nächste Hexe, die den Wagen verliess. Diese sah schon eher aus, als könnte sie sich mit Grandma verstehen. Sie trug ein dunkles Kostüm und hatte die grauen Haare zu einem einfachen Zopf gebunden. Sie war spindeldürr und ich konnte noch aus dieser Distanz ihr Schlüsselbein herausstehen sehen.

„Die sieht..."

„Garstig aus?"

Grinsend sahen Brian und ich uns an. Das passte ja. Dann packte mich Brian am Arm und zeigte erschrocken nach draussen.

Die letzte Person die aus dem im hellen Sonnenlicht blendenden Auto ausstieg, war keine Frau.

Der Hexer sah aus wie die männliche Version der zweiten Ratshexe. Auch er war spindeldürr, trug einen Anzug mit Krawatte und hatte die grauen Haare zurückgelt. Sein verkniffenes Gesicht musterte wachsam seine Umgebung und irgendwie erinnerte er mich an einen Raubvogel.

Hexenstunde: Der ZirkelWhere stories live. Discover now