„Hey!", zischte die ältere Frau mit den tiefen Falten in der Stirn. „Ich habe hier drin schon viele psychisch kranke Menschen behandelt, aber viele von Ihnen haben auch nur ein Trauma wie Sie erlitten und anstatt dass sie behandelt werden, wurden sie in die Anstalt von diesem Gefängnis verlegt. Wissen Sie wieso? Weil die da oben kein Geld für Behandlungen ausgeben möchten und sie einen lieber als Psychopathen einstufen und wegsperren. Glauben Sie mir, das wollen Sie nicht. Da drin drehen Sie durch."

Ich zitterte am ganzen Körper und starrte in das faltige Gesicht der Frau.

Sie nahm meine Hände in ihre und sagte mit fester Stimme. „Sie hören mir jetzt genau zu. Rasten Sie nicht aus und schlucken Sie ihr Trauma oder was auch immer Sie hier drin gerade erlebt haben, runter. Wenn Sie das nicht tun, fesseln die Sie ans Bett und Sie kommen aus der Anstalt des Gefängnisses nicht mehr raus."

„Warum tun Sie das?", hauchte ich verwirrt.

„Hier wird man zu unrecht behandelt - besonders die Frauen. Dieser Ort hat Ihr Leben in der Hand."

Ich schluckte schwer und dann sah ich zwei breite Gestalten in das Krankenzimmer kommen. Ich blinzelte mit meinen Augen, dann erkannte ich, dass es zwei Wärter waren.

„Also?", fragten diese mit dunkler Stimme und sahen die Ärztin erwartungsvoll an.

„Ihr geht es blendend", meinte die Ärztin.

„Gut", sagte der eine von ihnen und packte mich am Arm. „Dann los! Wir bringen dich wieder zu deinen Gleichgesinnten!"

Ich warf panisch einen Blick zu der alten Ärztin, die mich mitleidig ansah. In dem Moment wurde mir klar, dass sie mich vor einer Höllenqual bewahrt hat - vielleicht sogar mein Leben gerettet hat.

◇◇◇◇◇◇◇

Ehe ich mich versah, wurde ich wieder in meine Zelle geschupst.

„Oh mein Gott, was ist gestern auf dem Hof passiert?!", kroch Drew aufgeregt aus ihrem Bett und sprang herunter, so wie sie es immer machte.

Ich zitterte noch immer am ganzen Körper. Schweiß brach aus meine Poren und mir war schwindelig. Benommen setzte ich mich auf meine Bettkante, stützte meine Ellenbogen auf meine Beinen und vergrub mein Gesicht in meine Hände. „Wie lange war ich weg?", flüsterte ich.

„Einen Tag."

Ich fuhr mir durch mein Haar und versuchte meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen, doch keine Chance. Ich war noch immer zu sehr im Schockzustand, als dass ich mich hätte beruhigen können.

„Rachel?", fragte Drew vorsichtig.

„Hör auf dich um mich zu kümmern!", zischte ich. „Misch dich nicht in mein Leben ein, klar?!"

Drew gab einen lachenden Ton von sich. „Hier drin hast du kein Leben."

Von ihrer Stimme verschlimmerten sich meine Kopfschmerzen! Meine Knie schlotterten und mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Immer wieder sah ich das Gesicht meiner kleinen Schwester Riley vor mir... Es war so real gewesen, aber sie war tot. Das war unmöglich.

Drew verschränkte ihre Arme und lehnte sich an die Stange des Hochbettes. „Warst du von Ri Ri etwa so geblendet, dass du ohnmächtig geworden bist?"

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