Wiedersehen macht Freude Teil 5

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Es ist vier Uhr nachmittags und ich stehe vor dem Kino, um auf das Unmögliche zu warten.

Ich habe Jace' Rat befolgt und versucht, meine einzelnen Gefühle zu identifizieren.

Die Wut und die Trauer kann ich relativ schnell in meine Vergangenheit verschieben, in der Magnus mich einfach von jetzt auf gleich verlassen hat. Die Verwirrung lastet deshalb auf mir, weil ich nicht verstehe, warum Magnus sich hat von mir küssen lassen, wenn er doch wusste, dass wir ehemals beste Freunde waren.

Und das Gefallen ... naja. Ich versuche mich noch immer damit abzufinden, dass ich nicht hetero, sondern, nach gründlicher Recherche, sowohl in meinen Erinnerungen, als auch im Internet, wahrscheinlich schwul bin. Zwar hatte ich in der Vergangenheit etwas mit verschiedenen Mädchen, aber das hat mich nie in irgendeiner Weise wirklich interessiert oder berührt.

Es hat mir zwar nichts ausgemacht, aber wenn man sich küsst, sollte es einem doch irgendwie gefallen oder nicht? Und auch, wenn man weiter geht, sollte man doch irgendetwas fühlen oder nicht? Bisher habe ich dieses Desinteresse darauf geschoben, dass einfach noch nicht die Richtige vor der Tür stand, aber jetzt? Jetzt kommt mir das ganze irgendwie wie eine schlechte Lüge vor.

Mir hat der Kuss oder eher die Knutscherei mit Magnus mehr als gefallen, dabei habe ich ihn kaum gekannt oder eher wiedererkannt.

Ich kenne Magnus ursprünglich schon aus Kindertagen. Wir waren in der Grundschule die besten Freunde und auch am Anfang der Middleschool war noch alles gut zwischen uns. Magnus war immer etwas schüchtern und hat meistens mich vorgeschickt, wenn er sich nicht traute zu sagen, wann er etwas nicht wollte.

Er wollte einfach niemanden enttäuschen und mir hat es gefallen, dass ich ihn beschützen konnte. Ich war schon immer sehr fürsorglicher und beschützerischer Natur, was vor allem meine kleine Schwester Izzy regelmäßig zu spüren bekommt.

Doch als Jace zu uns kam, hat sich Magnus verändert. Er hat angefangen, sich von mir zu entfernen und hat sich vor mir zurückgezogen. Anfangs habe ich das überhaupt nicht bemerkt, denn in meiner Familie war wegen Jace' Ankunft eine Menge los.
Dennoch habe ich nie aufgehört, mich für Magnus zu interessieren.

Dann, eines Tages, als ich ihn mit Jace und Izzy von zu Hause für die Schule abholen wollte, hat uns seine Mutter gesagt, dass sie und Magnus' Vater sich haben scheiden lassen und er jetzt bei seinem Vater lebte. Er ist einfach abgehauen, ohne Erklärung oder Abschied.

Ich war am Boden zerstört, immerhin war er mein bester Freund. Ich war einfach enttäuscht, traurig und später auch wütend auf seine Feigheit.

Dann habe ich ihn systematisch aus meinen Gedanken verbannt. Wahrscheinlich war ich dabei so erfolgreich, dass ich mich bis heute nicht an ihn erinnern konnte.

Jetzt ist es anders, denn gerade kommt alles wieder hoch und nur mit Mühe schaffe ich es, nicht in den ganzen Erinnerungen zu versinken.

~Ich hätte nicht erwartet, dass du kommen würdest.~, begrüßt mich eine samtige Stimme und ich drehe mich um.

Magnus steht vor mir und lächelt mich leicht an.

Vielleicht habe ich ihn auch nicht erkannt, weil er so anders ist.
Nicht nur, dass er sich schminkt und so extravagant anzieht und stylt. Seine ganze Haltung und Ausstrahlung ist anders. Er wirkt so selbstsicher und offen, charmant und witzig. Er sprüht förmlich vor Lebensfreude und das ist nahezu das komplette Gegenteil von früher.

~Ich auch nicht~, gebe ich zu,~Aber wir müssen reden.~
~Ach ja? Ich wüsste nicht, worüber.~, meint er und plötzlich wirkt seine Miene sehr verschlossen.

Malec-One ShotsWhere stories live. Discover now