An Tagen wie diesen ...

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Es fällt mir schwer, einen Schritt vor den anderen zu setzen, denn am liebsten würde ich einfach zusammenbrechen und weinen.
Übertrieben?
Ich denke, es ist nicht übertrieben, wenn man weiß, dass man seine große Liebe in zu naher Zukunft verliert.

So geht es mir zumindest und deshalb brauche ich Beistand. Ich brauche jemanden, bei dem ich mich ausweinen kann und der nicht gleich losstürmt und ihn zusammenschlägt. Damit wäre Cat keine Option.

Nein, ich brauche jemanden, der mich versteht und einfach für mich da ist.
Und meine Biscuit ist da ideal.

Ich schleppe mich also noch die letzten Schritte zu ihrer Haustür und klingle sturm. Ich weiß, dass sie zu Hause ist, immerhin ist sie schwanger.

Kurz darauf wird die Tür geöffnet und ich falle ihr mit tränenberströmten Wangen um den Hals.

~Mags!~, ruft Clary, kurz Biscuit, überrascht, schließt mich aber sofort fest in ihre Arme,~Was ist denn los?~

~Ich glaube, Alexander will sich von mir trennen!~, schluchze ich aufgelöst.
~Was? Komm erstmal rein.~

In kürzester Zeit werde ich mit einer Kuscheldecke um die Schultern und einer Taschentuchbox auf das Sofa verfrachtet, während Clary in der Küche geschäftig rumwerkelt.
Jetzt kommt sie mit einem großen Eisbecher und zwei Flaschen in der Hand zurück. Sie legt alles auf den Couchtisch und lässt sich dann neben mich fallen, um die Hauspantofeln, die sie seid Neustem trägt, von den Füßen zu kicken.

Dann nimmt sie mich wieder in den Arm und ich klammere mich förmlich an ihre schmalen Schultern. Die Wölbung ihres Bauchs kann man bereits gut spüren und kurz lächle ich, aber dann erinnere ich mich wieder daran, wie sehr sich Alexander darauf gefreut hat, Onkel zu werden und das treibt mir erneut die Tränen in die Augen.

Allein der Gedanke, ohne ihn zu sein, bereitet mir beinahe körperliche Schmerzen und bisher habe ich geglaubt, dass es ihm ähnlich geht, aber dem scheint wohl nicht so.

~Warum glaubst du, will Alec sich von dir trennen?~, fragt sie nach einer Weile.

Jeder nennt ihn Alec, nur ich darf ihn Alexander nennen. Ich liebe dieses Privileg, das ich mir selbst erkämpft habe und so oft hat er mir gesagt, wie sehr ihm das gefällt.

~Er redet nicht mehr mit mir, geht mir aus dem Weg. Du weißt, dass wir beide viel arbeiten und deshalb die wenigen Augenblicke zu zweit genießen, aber selbst in denen ist er so distanziert. Ich weiß, dass ihn etwas beschäftigt, aber er will mir partout nicht sagen, was es ist. Er entfernt sich von mir.~, erzähle ich tonlos, während ich mir einmal über die Nase wische.

Glücklicherweise habe ich heute auf Make-Up verzichtet, als hätte ich gewusst, dass ich mir noch die Augen ausheulen werde.

Das Make-Up ist eine weitere Sache, die Alec an mir geliebt hat und überhaupt nicht seltsam oder falsch gefunden hat.

~Gerade ist einfach viel los. Er will sich bestimmt gar nicht trennen und ich bin sicher, dass er dich über alles liebt.~
~Und warum gibt er dann vor an unserem Jahrestag zu arbeiten? Und warum ist es schon über drei Wochen her, dass er mir gesagt hat, dass er mich liebt?~, frage ich und neue Tränen bahnen sich ihren Weg an die Oberfläche.

~Vielleicht ging es nicht anders oder er hat es einfach vergessen?~, versucht Biscuit mich zu beruhigen. Erfolglos.

~Ein Alexander Gideon Lightwood vergisst so etwas nicht. Versteh doch, er hat mir noch nicht einmal die Karte geschrieben!~, schluchze ich verzweifelt.

Ich bin jetzt schon sieben Jahre mit Alexander zusammen und nicht ein einziges Mal hat er unseren Jahrestag vergessen. Er ist etwas Besonderes.
Jedes Jahr hat Alec sich etwas Neues für diesen Tag einfallen lassen, ein romantisches Abendessen, ein Kurztripp nach Paris, einen Spaziergang bei Sonnenuntergang, bei dem er mich gefragt hat, ob wir zusammenziehen.
Es war immer anders und aufregend, aber eine Sache blieb immer gleich.

Jedes Jahr hat er mir eine kleine Karte geschrieben und am Morgen unter meinem Kopfkissen versteckt, wie die Zahnfee, die nie bei mir war. Auf der Karte stand immer, dass er mich liebt und dass ich das beste bin, das ihm je passiert ist. Das hat mir jedes Mal Freudentränen in die Augen getrieben, aber heute ... nichts.

Es war ein Tag wie jeder andere. Alec war nicht da, sondern hat mir nur eine knappe Whatsapp geschrieben, dass er schon zur Arbeit musste. Dabei weiß ich ganz genau, dass er heute frei hat.

Alec ist Fotograf und hat als dieser ganz schön viel zu tun, aber nicht heute. Das hat mir seine Assistentin und eine gute Freundin von mir, Maia, gesagt. Warum nur lügt er mich an?

~Vielleicht hat er etwas von dir erwartet?~
~Ich bin für unser Halbjähriges zuständig. Das haben wir ausgemacht. Außerdem weiß er, wie wichtig mir so etwas ist!~
~Soll ich Jace anrufen? Vielleicht weiß der etwas?~

Ich schnaube genervt.
~Natürlich weiß er das! Alexander zieht es schließlich vor, mit ihm zu reden, statt mit mir!~

~Das ist kein Grund gegen Jace zu schießen.~, verteidigt sie ihren Verlobten.

Ich reibe mir übers Gesicht.
~Ich weiß und es tut mir leid. Mich macht es einfach fertig, dass Alexander mir aus dem Weg geht und nicht mit mir über seine Probleme spricht. Wir haben uns doch immer geschworen, die Wahrheit zu sagen. Ich verstehe einfach nicht, warum er keinen klaren Schlussstrich zieht. Warum lässt er mich so leiden?~, frage ich mit erstickter Stimme.

Clary streicht mir sanft über den Rücken.

~Eis oder lieber gleich Whisky?~
~Ohne Eis?~
~Ja, genauso wie du ihn magst.~
~Du bist die Beste. Das weißt du, oder?~, frage ich und sehe sie an.

Das Lächeln will zwar noch nicht in mein Gesicht, aber ich glaube, sie kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich sie sonst anlächeln würde.

~Na klar.~, meint sie lächelnd, wärend sie mir ein Glas rüberschiebt.
Sie selbst darf schließlich keinen Alkohol trinken und als ihr bester Freund ist es auch meine Pflicht, sie immer wieder daran zu erinnern.

Ich bin so froh, sie zu haben, denn sie ist immer für mich da, auch wenn ich mal unaustehlich bin. Sie ist eine wahre Freundin.

Malec-One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt