Tanzkurs Teil 1

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~Warum nochmal müssen wir euch zu eurem Tanzkurs begleiten?~, fragt Izzy und sieht Mom mehr als schlecht gelaunt an. Ich pflichte ihr bei, denn mir wären ad hoc gleich fünf Dinge eingefallen, die ich an einem Samstag Mittag lieber machen würde, als mit meiner Familie zu einem Tanzkurs zu gehen.

Allerdings bin ich so taktvoll, meine Gedanken nicht laut auszusprechen. Anders als Izzy, die immer gleich sagt, wenn ihr irgendetwas nicht passt.

~Ganz einfach, eine Ehe wird nicht alle Tage erneuert und da wir bei der ersten Hochzeit keine richtige Feier hatten, holen wir das jetzt nach. Es ist doch nicht zu viel verlangt, wenn unsere Kinder uns zu so etwas begleiten. Schließlich müssen wir ein gutes Gesamtbild abgeben und das können wir nicht, wenn der Großteil von uns nicht anständig tanzen kann. Außerdem wirst du noch genug Möglichkeiten haben, unser Geld auszugeben, Isabelle, also mäßige deinen Ton bitte.~, belehrt Mom sie ruhig.

Ich kann da nur die Augen verdrehen.
Gutes Gesamtbild. Als ob es nichts Wichtigeres gäbe.

~Also ich liebe Tanzen.~, gesteht Lydia mit einem breiten Lächeln in meine Richtung.

Noch ein Aspekt, warum ich heute lieber nicht zum Tanzkurs gegangen wäre. Meine Eltern waren wohl der Meinung, meinem Liebesglück auf die Sprünge zu helfen, indem sie Lydia Branwell, die Tochter von einem ihrer Geschäftspartner, eingeladen haben.

Aber wenn es nach ihnen gehen würde, wäre ich wahrscheinlich auch schon längst verheiratet und das erste Kind wäre auf dem Weg.
Zum Glück gibt es Dinge, die Eltern nicht beeinflussen können.

Wir betreten einen hellen Raum mit einer breiten Fensterfront, die auf den nahegelegenen Park hinausgeht. Eine weitere Wand besteht nur aus Spiegeln und eine Reckstange ist davor aufgebaut, was mich ein wenig an Ballett erinnert. Der helle Holzboden passt gut zu den cremfarbenen Wänden und lässt den Raum sehr freundlich erscheinen.
In der Mitte des Raums steht ein junger Mann und lächelt höflich.

Sofort lasse ich meinen Blick über ihn gleiten, denn er sieht wirklich unglaublich gut aus. Seine muskulösen Beine stecken in einer engen, tief sitzenden Trainingshose und sein regenbogenfarbenes Muskelshirt -er weiß auf alle Fälle, wie man Statements setzt-  betont seine Oberarme. Seine Haare sind locker nach oben gestylt und wenn ich mich nicht irre, trägt er Make Up, das ihm ausgesprochen gut steht.

Hängen bleibe ich bei seinen Augen, die in dem Licht, das von den Fenstern hereinfällt, regelrecht zu strahlen scheinen. Sie sind sehr schön. Ach, was rede ich denn da, er ist sehr schön.

~Sie sind der Tanzlehrer?~, fragt Dad mit einem skeptischen Unterton.

Wahrscheinlich hat er einen Mann mittleren Alters oder so erwartet, aber bestimmt niemanden, der kaum älter als sein Sohn und offensichtlich nicht heterosexuell ist.

~Wenn Sie Robert Lightwood sind, dann bin ich Ihr Tanzlehrer. Ich bin Magnus Bane.~, stellt er sich mit einem charmanten Lächeln vor und hält Dad die Hand hin. Der schüttelt sie, obwohl sein Blick ziemlich angewidert ist.

Die Begrüßungsrunde geht weiter, bis er vor mir steht. Mein Herz klopft unnatürlich schnell und das Blut rauscht nur so hinter meinen Ohren.

~Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?~
~Alec.~, antworte ich und ergreife mit heißen Wangen seine Hand.

Sie ist warm und passt perfekt in meine. Der Kontrast zwischen seiner karamellfarbenen und meiner blassen Haut ist stark, aber das stört mich nicht im geringsten. Kurz versinke ich in seinen braunen Augen, die von unzähligen grünen und goldenen Tupfern durchsetzt sind.

Als sich jemand lautstark räuspert, komme ich schlagartig zurück in die Realität und entziehe ihm meine Hand. Sofort ist sie kalt, aber es wäre zu auffällig, wenn ich nochmal nach seiner greifen würde.

Magnus zwinkert mir noch kurz zu, bevor sich seine Mimik glättet und  wieder dieses beinahe proffesionelle Lächeln zeigt.
~Aus Ihren E-Mails ging hervor, dass Sie auf Ihrer Hochzeit zunächst einen einfachen Walzer tanzen wollen, ehe es gegen Abend möglicherweise etwas romantischer und lebendiger mit einer Rumba werden darf. Ich schlage vor, dass wir mit Ersterem beginnen, weshalb ich Sie bitte, sich in zwei Reihen aufzustellen, Männer links Frauen rechts.~

~Ist Walzer nicht ein Paartanz?~
~Selbstverständlich, Miss Branwell. Allerdings kann man nicht zusammen tanzen, wenn man die Schritte nicht kennt. Das wäre in etwa so, als würde man ein Haus auf einem sumpfigen Boden bauen. Das Haus würde früher oder später einsinken. Hat man stadessen einen stabilen Bauuntergund, steht auch das Haus der wie eine eins. Genauso ist es mit dem Tanzen. Man braucht erst eine solide Grundlage und das sind nunmal die Schritte.~, erklärt er ruhig und sieht Lydia dabei fest an.

Diese nickt schließlich, sieht allerdings ziemlich betreten aus.

Wir tun also, was Magnus uns gesagt hat.
Ich bringe es irgendwie nicht fertig, ihn auch in meinen Gedanken zu siezen. Er ist doch kaum älter als ich!

Ich beobachte ihn also interessiert, wie er erst meiner Mom und dann Izzy eine einfach Schrittfolge zeigt und sie sie immer wieder wiederholen lasst.

Dann wendet er sich Lydia zu, die sich von ihm aber nicht wirklich helfen lassen will.
~Ich weiß, wie das geht!~, behauptet sie stur, schaut kurz zu meiner Schwester und macht ihre Schritte dann nach.

Als sie fertig ist, sieht sie Magnus herausfordernd an, der sich aber nicht aus der Ruhe bringen lässt.

~Aber wenn Sie es wissen, warum sind Sie dann hier? Natürlich wirkt mein Charme auf viele anziehend und ich bin auch mehr als attraktiv, aber hat so eine Frau wie Sie an einem Samstag nichts Besseres zu tun, als sich die Erklärungen eines Profis anzuhören, die sie ja schon alle kennt?~, fragt er ruhig.

Lydia schnappt nach Luft, bevor ihr Blick kurz zu mir huscht.

Sie will etwas von mir, wird es mir endlich klar. Deshalb hat sie sich auch von meinen Eltern bequatschen lassen. Es wäre also auch in ihrem Sinne, wenn wir zusammenkommen würden, was aber nicht passieren wird, weil ich da auch noch ein Wörtchen mitzureden habe.

Lydja ist bestimmt nett und so, aber mich erinnert sie einfach zu sehr an die Klischeeblondine aus diesen schlechten Witzen. Und sie ist eine Frau ...

~Anscheinend habe ich nichts Besseres zu tun!~, zickt sie.
~Dann können Sie die Schritte ja weiterüben, denn manche hier haben nicht diesen Vorteil wie Sie und sind hier, weil sie wirklich tanzen lernen wollen.~, meint er mit einem kleinen Lächeln, bevor er sich meinem Vater zuwendet und auch ihm die Schritte beizubringrn versucht.

Mit der Betonung auf versucht, denn mein Dad hat zwei linke Füße, über die er bei der einfachen Schrittfolge, ständig stolpert. Aber Magnus beweist eine Engelsgeduld und geht immer wieder dasselbe mit ihm durch, bis selbst er es einigermaßen hinbekommt.

Dennoch kann ich mir ein Grinsen bei seiner Ungeschicklichkeit nicht verkneifen. Der große Robert Lightwood tut sich mal in etwas schwer. Dass ich das noch erleben darf ...

Ok, das klingt jetzt fies. Immerhin ist er mein Dad, aber er ist auch derjenige, der sich einen perfekten Sohn zu seinen Vorstellungen wünscht.
Dass besagter Sohn vielleicht ganz andere Pläne hat, interessiert in nicht und deshalb finde ich es durchaus gerechtfertigt, zumindest in meinen Gedanken, über ihn zu lästern.

Schließlich kommt Magnus zu mir und wieder schlägt mein Herz rasend schnell.

~Dann wollen wir mal sehen, wie Sie sich schlagen, Alexander.~, meint er und seine Augen funkeln herausfordernd.

Nahezu problemlos vollführe ich die Schritte -das ist beinahe schon zu einfach.
Siegessicher grinse ich ihn an und kurz schleicht sich ein Grinsen auf seine Lippen, bevor sein entspannter Gesichtsausdruck zurückkehrt.
~Sehr gut. Mal schauen, wie es mit Level zwei funktioniert.~

Malec-One ShotsWhere stories live. Discover now