Angst

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Endlich bin ich wieder zu Hause! Wie sehr ich Geschäftsreisen doch verabscheue, aber als Kopf einer großen Hotelkette ist man leider gezwungen, die heimischen vier Wände oft zu verlassen.

Versteht mich nicht falsch, ich liebe meinen Job. Es ist das, was ich immer wollte und die Arbeit macht auch Spaß, aber bei dem Gedanken, wen ich hier immer zurücklassen muss, spüre ich einen Stich im Herz.

Eigentlich sollte ich froh sein, dass er damit einverstanden ist, so zu leben, selten mit, aber oft ohne mich. Und das bin ich auch, aber natürlich ist da immer so eine Restangst.

Was, wenn ihm dieses ganze Hin und Her doch einmal zu viel wird? Was ist, wenn er mich betrügt? Das könnte ich nicht ertragen, denn ich liebe ihn von ganzen Herzen.

Deshalb kommt mir noch nicht einmal der Gedanke, ihn auch nur in irgndeiner Hinsicht zu hintergehen. Zwar werde ich bei Reisen, die mich nicht selten ins Ausland führen, oft angesprochen und bekomme haufenweise zweideutige Angebote, aber ich habe stets abgelehnt.

Ich will schließlich nur ihn. Das ist auch der Grund, warum wir heiraten werden. Irgendwann im Herbst, denn wir beide mögen diese Jahreszeit am liebsten.

Farbenfroh, aber nicht so bunt wie ihm Frühling. Frisch, aber nicht zu kalt, aber auch nicht zu heiß. Irgendwie genau richtig.

Ich freue mich schon riesig darauf und ich hoffe, er tut es mir gleich. Ich sollte ihn das fragen, sobald ich oben ankomme, überlege ich.

Endlich erreiche ich den vierten Stock, in dem unser geräumiges Apartment ist. Noch stehen die beiden Namen getrennt auf der Klingel neben der Tür, aber das werden sie nicht mehr lange. Zumindest, wenn es nach mir geht.

Ich drücke den Schlüssel ins Schloss und schließe die Tür auf.
Noch auf der Schwelle rufe ich~Ich bin zu Hause!~

Dann warte ich auf die hastigen Schritte, die sonst immer auf mich zukommen, bevor mich mein Verlobter in die Arme schließen wird. Er wird mir sagen, wie sehr er mich vermisst hat und wie sehr er mich liebt, bevor er mich in einen zuckersüßen Kuss verwickeln wird.

Doch nichts von dem vertrauten Szenario tritt ein.

Stadessen höre ich ein ängstliches~Alexander?~

Ich werde misstrauisch und schlüpfe schnell aus meinen Schuhen und Mantel, bevor ich die Tür schließe und den Koffer einfach in der kleinen Garderobe stehen lasse.

Ich vertraue ihm vollkommen und er vertraut mir, aber das hier ist seltsam. Ich könnte nicht ertragen, ihn zu verlieren. Das würde mir das Herz brechen.

Auf den Anblick, der sich mir in der Küche bietet, bin ich aber nicht vorbereitet.

Dort steht mein Verlobter auf einem Stuhl und hält drohend eine zusammengerollte Zeitschrift hoch. Ich glaube, es geht um Gartenmöbel, aber das kann ich nicht genau beurteilen.

Dennoch atme ich bei seinem Anblick erleichtert auf, denn endlich fällt die Angst vor mir ab, er könnte mich doch auf irgendeine Weise hintergangen haben.

Ihr dürft mich nicht falsch verstehen, Magnus genießt mein ganzes Vertrauen, aber sein Vorgänger hatte das ebenfalls getan. Und dieser hatte das völlig ausgenutzt und mich betrogen, mehrmals, während ich auf Geschäftsreisen war. Ich habe mich daraufhin von ihm getrennt und später dann Magnus in einer Tanzschule kennengelernt, zu der mich Izzy geschleppt hatte, weil sie bei ihrem Hochzeitstanz mit Simon unbedingt eine gute Figur machen und nicht alleine hingehen wollte.

Was tut man nicht alles für seine Schwester?

Jedenfalls war das mit Magnus etwas völlig anderes. Er liebt aus ganzem Herzen und auch wenn er oft eine Dramaqueen ist, liebe ich ihn auch.

Jetzt jedoch mache ich mir Sorgen.
~Magnus? Was machst du auf dem Stuhl?~

Magnus lächelt mich freudig an, auch wenn ihm die ganze Situation mehr als unangenehm zu sein scheint.
~Witzige Geschichte .. Also Chairman hat eine vermeindlich tote Maus angeschleppt. Keine Ahnung, woher er die hat. Jedenfalls, als er sie losließ, ist sie aufgesprungen und davongerannt. Sie war also gar nicht tot und jetzt irrt sie irgendwo hier rum und ich habe mich vorsorglich bewaffnet.~, erklärt er mit niedlichen rosa Wangen.
~Mit einem Katalog für Gartenmöbel?~, frage ich lächelnd, bevor ich auf ihn zugehe und vor ihm stehen bleibe.

Jetzt ist er um einiges größer als ich, aber sein Lächeln ist so süß wie immer.

~Gartenmöbel können Mäuse zerquetschen.~, antwortet er achselzuckend, woraufhin ich leise lache und seine Hüfte mit meinen Armen umschließe und mich an ihn lehne.

~Ich habe dich vermisst.~, murmel ich leise.
~Und ich dich.~, antwortet er und ich spüre eine Hand unter meinem Kinn, die mein Gesicht sanft hochdrückt.

Magnus beugt sich weit zu mir herunter und drückt mir einen kleinen Kuss auf die Lippen, als plötzlich ein lautes Krachen, sowie ein entrüstetes Miau ertönt. Dann flitzt auch schon ein kleines graues Etwas in die Küche und ich erschrecke mich so sehr, dass ich ebenfalls auf den Stuhl hüpfe.

Damit überrasche ich Magnus, der nach hinten kippt und verzweifelt versucht, sich an mir festzuhalten, doch es ist zu spät. Der Stuhl kippt um und wir fallen der Länge nach auf den Boden. Ich schaffe es nur gerade so, uns so zu drehen, dass Magnus weich auf mir landet.

Wir bleiben allerdings nicht lange auf dem Küchenboden, sondern springen sofort auf die Arbeitsplatte eines niedrigen Küchenschranks.

Magnus klammert sich erschrocken an mich und ich kichere leise bei seinem schockierten Blick. Wieder ertönt ein Fauchen und kurz darauf huscht unser Kater Chairman Meow in die Küche, um den Übeltäter zu finden. Als er jedoch seinen gefüllten Napf entdeckt, scheint er das Interesse an der Maus zu verlieren und wendet sich stadessen seinem Futter zu.

Ich und Magnus sehen uns an und fangen an zu lachen. Wahrscheinlich so laut, dass es selbst die Nachbarn noch hören.

Chairman ist einfach unverbesserlich und genau so wie mein Verlobter, wenn er seine Diva-Phase hat.

~Meinst du, Charmain kriegt die Maus noch oder sollen wir lieber Simon rufen? Als Kammerjäger kennt er sich bestimmt damit aus.~, überlegt Magnus und sieht mich fragend an.

Ich hingegen lächle nur, während sich mein Gesicht seinem nähert.

Mit tiefer Zufriedenheit beobachte ich, wie ihm auch nach den vollen dreieinhalb Jahren der Atem stockt und sich sein Blick auf meine Lippen heftet, als würde er von ihnen angezogen werden.

~Das hat noch Zeit. Erst will ich einen richtigen Willkommen-zurück-Kuss.~

Magnus' Blick klebt noch immer an meinen Lippen, über die ich einmal provokant lecke. Er keucht leise und kommt mir langsam entgegen.

Ich liebe den Moment, in dem er die Kontrolle an mich abgibt und mich in unserer eigentlich sehr ausgeglichenen Beziehung dominant werden lässt. Beim Kontrollverlust funkeln seine Augen einmal hell auf, bevor sie sich verdunkeln und einfach nur noch abzuwarten scheinen, was ich jetzt mit ihnen machen würde.

~Willkommen zurück.~, haucht Magnus und vereint unsere Lippen dann zu einem leidenschaftlichen Kuss, bei dem es im Nachhinein nicht bleiben sollte.

Malec-One ShotsWhere stories live. Discover now