In Liebe, dein Romeo Teil 1

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Willkommen zu meiner bislang längsten Kurzgeschichte. Ich wollte mich nur schnell für die gigantischen 4,91 k bedanken. Das ist mega!

Schwungvoll manövriere ich mein Auto in die Parklücke und steige aus.

Ich weiß, jeder, der an einem Montagmorgen gut gelaunt ist, steht kurz vor einem Nervenzusammenbruch, aber ich freue mich schließlich auch nicht auf den Unterrricht. Nein, ich freue mich auf die neue Nachricht von meinem Romeo.

Absolut kitschig und einem schlechten Film entsprungen? Ja, aber ich finde es einfach wundervoll.

Das geht nun schon seit ein paar Wochen so. Jeden Schultag finde ich eine kleine Nachricht in meinem Spind, in der irgendetwas Süßes steht, ein Kompliment oder Ähnliches.

Ich habe keinen blassen Schimmer, wer er ist. Ich weiß nur, dass er auf meine Highschool geht. Naja, und dass er ziemlich romantisch ist und sehr genau auf seine Wortwahl achtet, denn bei ihm kommen die Komplimente nicht wie plumpe Anmachsprüche rüber.

Und außerdem ist mein Romeo ein begnadeter Zeichner, denn auf der Rückseite seiner Nachrichten ist immer eine sehr detaillierte und wunderschöne Zeichnng. Meist sind es Landschaften, die er zeichnet, aber oft sind es auch Zeichnungen von mir, die mich immer erröten lassen, da sie so gelungen sind.

Natürlich will ich wissen, wer Romeo wirklich ist, denn eigentlich müsste mir ein so besonderer Charakter ja auffallen, aber das tut es nicht. Ich weiß nicht, wer er ist, auch wenn er mich sehr gut zu kennen scheint.

Oder er sieht einfach nur sehr genau hin, denn nicht jeder bemerkt die kleine Narbe an meiner Augenbraue, die ich mir als kleines Kind zugezogen habe, als ich gegen eine Tischkante gelaufen bin.

Allerdings scheint er sich nicht ewig hinter seinem Synonym verstecken zu wollen, denn, ab der zweiten Nachricht hat er immer einen Buchstaben am unteren Ende seiner Zeichnung geschrieben. Natürlich habe ich all seine Nachrichten behalten und in chronologischer Reihenfolge habe ich bisher TRIFF MICH IN DER STADTBIBLEOTHE.

Natürlich habe ich erst geglaubt, dass man mir einen Streich spielt, denn wahrscheinlich kennt mich nicht mal ein Fünftel der Schule beim Namen, aber bei der zweiten Nachricht habe ich meine Zweifel beiseite geräumt.

Vielleicht bin ich auch blind vor Verliebtheit, aber ich will meinen Romeo umbedingt kennenlernen.

~Und, was steht drin?~, fragt mich Izzy neugierig.

Blinzelnd erwache ich aus meinen Tagträumen. Meine Schwester ist die Einzige, die von meinem Romeo weiß und sie zieht mich ständig damit auf.

Nur, weil ich noch nie verliebt war und meine erste Liebe wohl ein Synonym aus der Liebesgeschichte ist. Aber das ist mir egal.

Verwirrt schüttel ich den Kopf, denn, ohne genau darauf zu achten, habe ich bereits meine Spindtür geöffnet und seine Nachricht ist auf dem Boden gelandet. Ich will mich gerade bücken, um die Nachricht vom Boden aufzulesen, als mir eine bleiche Hand zuvor kommt.

~Was haben wir denn da, Lightwood?~, fragt eine gehässige Stimme und mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken.

Langsam richte ich mich wieder auf und sehe direkt in Sebastian Morgensterns scheinbar kohlschwarze Augen.

Sebasian ist selbsternannter Badboy und ist quasi der beinahe-Boss der Beliebten. Eigentlich sieht er mit seinen breiten Schultern durchaus attraktiv aus, aber da gibt es noch eine weitere Komponente, die sich Charakter nennt, und den hat er nicht oder wenn, nur einen ganz schlechten.

~Etwas, das dich nicht interessieren und ich gerne wiederhaben würde.~, sage ich ruhig, obwohl ich innerlich schon Panik schiebe.

Er darf die Nachricht nicht lesen! Er darf nicht erfahren, dass ich schwul bin!

Das ist ein Wissen, welches nur meine Familie haben darf. Natürlich würde ich mich auch in der Schule outen, aber nur mit dem Richtigen an meiner Seite.

Sebastian grinst mich nur bösartig an, hält die Nachricht aber sofort außer Reichweite, als ich versuche, sie ihm abzunehmen.

~Na, na, na. Warum denn so ungeduldig?~
~Sebastian! Seit wann belästigst du unschuldige Schüler?~, fragt eine Stimme ausgelassen und im nächsten Moment legt Magnus Bane einen Arm um Sebastians Schulter.

Magnus Bane ist eine sehr auffallende Persönlichkeit mit seiner bunten und nicht selten auch glitzernden Kleidung, dem Eyeliner, dem dunklen Lidschatten und den kunstvoll gestylten Haaren. Wahrscheinlich gerade deswegen ist er der Anführer der Beliebten und Captain des Schwimmerteams, was man ihm auch deutlich ansieht.

Er ist das Selbstbewusstsein in Person und hat immer einen Spruch auf den Lippen. Dennoch ist er single, aber nach den Gerüchten, die beim Fußvolk  -Oberbegriff für jeden, der nicht zu den Beliebten gehört- kusieren, ist er ohnehin kein Typ für Beziehungen, sondern ein Player, der mit nahezu jedem mal ins Bett gesprungen ist. Vor allem seine monatlichen und stets legendären Partys in seinem großen Haus sollen ihm die Gelegenheit dazu geben.

Sein Player-Image unterstützt er mit seiner offenen Bisexualität, denn er flirtet wirklich an allen Ecken und Enden.

Ich persönlich kenne ihn nur über die Gerüchte, denn wirklich mit ihm gesprochen haben ich nie, auch wenn wir mehrere Kurse zusammen haben.

Er scheint nämlich immer von einer Traube aus Anhängern umgeben zu sein und ich hasse Menschenmengen. Auch will ich nichts mit so oberflächlichen und überheblichen Personen zu tun haben, selbst wenn sie nicht schlecht aussehen.

~Ich bezweifle, dass Lightwood so unschuldig ist, wie er tut. Aber, wenn es dich so interessiert, ich habe etwas gefunden.~, meint Sebastian.
~Das aber nicht dir gehört. Gib's her.~, befielt er plötzlich und streckt auffordernd eine Hand aus.

Beide liefern sich ein stummes Blickeduell.

Anscheinend soll es zwischen den einst so guten Freunden ordentlich kriseln, denn Sebastian will schon lange der Anführer der Beliebten werden, aber Magnus ist nicht gewillt, diesen Posten aufzugeben. Auch soll ein Mädchen die beiden entzweit haben, aber das weiß ich nicht so recht.

Ich weiß auch gerade nicht, was mir lieber ist. Soll meine Nachricht lieber in Sebastians oder doch in Magnus' Händen sein? Beides wäre denkbar schlecht.

Schließlich gibt Sebastian mit einem Grinsen nach und überlässt Magnus den Zettel, bevor er davonstolziert.

Magnus verdreht nur die Augen, bevor er sich uns zuwendet. Mit einem entschuldigenden Lächeln hält er mir den Zettel hin.

~Ich glaube, der gehört dir, oder?~, fragt er mich lächelnd.

Ich nicke und reiße ihm den Zettle förmlich aus der Hand und drücke ihn an mich.
~Ja. D-danke.~, stottere ich und erröte leicht.

Seit wann spricht bitte Magnus Bane mit mir?

Aber eigentlich kann man das ja nicht als Gespräch werten, immerhin hilft er mir ... was genauso seltsam wäre.

Er wirft mir noch ein sanftes Lächeln zu, bevor er beschwingt weitergeht und mich mehr oder weniger sprachlos zurücklässt.
Bevor Izzy auch nur auf die Idee kommen kann, mich etwas zu fragen, falte ich auch schon den Zettel auseinander.

Lieber Alexander,
Ich bin sicher, man hat es dir schon hunderte
von Malen gesagt, aber dein Lächeln ist schlichtweg
umwerfend. Es steht dir so gut und lässt
deine wundervollen Ozeanaugen erstrahlen.
Das trifft mich jedes Mal ins Herz und ich hoffe,
dass du in Zukunft öfter so strahlst.
Möglicherweise sogar irgendwann einmal
wegen mir?

In Liebe,
dein Romeo

Tatsächlich stiehlt sich ein Lächeln auf meine Lippen, während ich das Blatt langsam umdrehe und einer Zeichnung von mir entgegenblicke.

Auch sie lächelt und man kann förmlich das Funkeln in den Augen sehen. Unten rechts steht ein K.

Jetzt fehlt nur noch eine Uhrzeit, die ich Morgen bekommen werde.

Lächelnd drücke ich die Nachricht nochnal an meine Brust. Ich bin ja so aufgeregt!

Malec-One ShotsWhere stories live. Discover now