Neue Schule - Neues Leben?

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Die Schulausbildung dauert sechs Jahre... Schüler werden im Alter von siebzehn Jahren angenommen...

Sie brauchte nichts mehr zu lesen.

"Sechs Jahre?" Annika schaute ihre Großmama entgeistert an.

"Annika, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du deine Sätze ordentlich zu formulieren hast! Und nein, mein Liebes, du wirst nur fünf Jahre auf diese Schule gehen, du bist ja schon achtzehn Jahre alt."

Annika schaute nachdenklich auf das Faltblatt, während sie noch einmal alles durchging, was sie gerade erfahren hatte. Sie hob den Blick und schaute Diana an. "Ist es schon entschieden?" Annika wandte ihren Blick von ihrer Oma ab. Diese konnte ein breites Lächeln nicht unterdrücken.

"Heute ist die Bestätigung per Post angekommen, du bist angenommen worden!" Diana lächelte siegessicher, der Klang ihrer Stimme zeigte, dass alles schon geregelt war und es kein Zurück mehr gab. "Deine guten Noten haben sich wieder einmal gelohnt." Sie schaute Annika erwartungsvoll an, wartete auf eine Reaktion, die jedoch verzögert und nicht sehr überzeugend kam.

Annika lächelte gezwungen, während ihre Gefühle in ihrem Inneren wühlten. Hoffnungslosigkeit lag wie eine Maske auf ihrem Gesicht. Sie überlegte kurz zu rebellieren, sich gegen die Entscheidung zu sträuben, ihre Mündigkeit als entscheidendes Argument au nennen. Doch noch bevor sie den Gedankengang zu Ende geführt hatte, wusste sie, dass es eine Unmöglichkeit war, sich dem Willen ihrer Großmutter zu widersetzen.

Als sich ihre Gefühle in ihrem Inneren überschlugen, vermochte sie es endlich, diese genau zu deuten.

Es waren Entsetzen und Verzweiflung.


***


Nach einer Viertelstunde hielt der Zug an. Annika schaute von ihrem Buch auf und betrachtete mit einer gewissen Neugierde die Menschen, die in den Zug einstiegen. Eine schwangere Frau. Zwei jugendliche Mädchen, die kicherten und sich gegenseitig anscheinend spannende Sachen zuflüsterten. Ein älterer Herr mit großem Schnauzer. Ein junger Mann fiel ihr sofort auf. Er hatte unglaublich schwarze Haare, die ihm ein wenig ins Gesicht hingen und er trug einen drei Tage Bart. 

Es war jedoch nicht sein unverschämt gutes Aussehen, das Annika auffiel, sondern eher die Art und Weise, wie sich der Mann zu benehmen wusste. Gleich als er zu seinem Platz ging, meinte Annika einen arroganten Unterton in seinem Wesen zu spüren. Er setzte sich hin und holte sofort seinen MacBook aus seiner Umhängetasche heraus. Als das Kind, das ihm gegenübersaß, zu quengeln anfing, sandte der Mann dem kleinen Jungen einen genervten Blick. Annika schüttelte leicht den Kopf. Solche Menschen kannte sie nur allzu gut. Die meisten Bekannten ihrer Großmutter führten sich so auf. Anscheinend konnte man diesen Leuten nicht aus dem Weg gehen. Um nicht an ihre Oma denken zu müssen, versuchte sie sich auf das Buch zu konzentrieren.

Nach wenigen Minuten schwirrten Annikas Gedanken jedoch davon und sie beschloss mit dem Lesen ein anderes Mal fortzufahren. Sie packte das Buch in ihre Tasche und lehnte sich gemütlich in ihrem Sessel zurück. Ihr Blick fiel wieder auf den unsympathischen Herren, der reichlich beschäftigt mit seinem PC war.

Um Himmels Willen, dachte Annika. Hoffentlich würden sich auf der Carmelot Schule nicht alle so aufführen. Wieso saß sie eigentlich in diesem Zug? Wieder einmal fragte sie sich, ob sie sich nicht gegen ihre Oma hatte wehren können. 

Annika kannte die Antwort. Natürlich konnte sie sich nicht gegen Diana Cullum wehren. Familienoberhaupt und Erziehungsberechtigte zugleich. Keine Chance. Auch wenn das hieß, dass sie 250 Kilometer entfernt eine Schule besuchen musste, auf die sie überhaupt keine Lust hatte! Sie musste aus der Situation einfach das Beste machen, eine andere Wahl hatte sie nämlich nicht.

Spiel der LiebeWhere stories live. Discover now