Blutige Gefühle

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St. Alberts hatte Anpfiff und kam auf die Abwehr zu getrampelt wie eine Herde Elefanten. Die wogen alle mindestens doppelt so viel wie Annika, dachte sie erstaunt und amüsiert. Der Ball wurde langsam durch die Angriffskette gespielt. Annika trat einen Schritt aus der Abwehr raus und stellte sich leicht diagonal hin. Ihre direkte Gegenspielerin wich ein wenig zurück und wartete darauf, den Ball zu bekommen. Sie spielte ihn an die Außenspielerin weiter, bekam ihn zurück und drehte sich zum Playmaker um. In dem Moment, wo sie in Zeitlupe den Ball zu ihr passte, sprang Annika nach vorne und schnappte sich den Ball in der Luft. Sie dribbelte auf das gegnerische Tor zu, wurde aber von keinen Gegenspielern eingeholt, sprang ab und setzte den Ball gekonnt ins Netz.

Die Zuschauer flippten wegen der schnellen und einfachen Führung aus, Annika hob eine zur Faust geballte Hand in die Luft und klatschte mit Nora und Megan ab, als sie wieder in der Abwehr stand.

"Geht einen Meter zurück!", rief die Trainerin der gegnerischen Mannschaft ihren Spielern zu. Noch so einen Ballverlust wollte sie nicht riskieren. Annika blieb diesmal in der Abwehr hinten und ging nur raus, wenn ihre Gegenspielerin den Ball bekam.

Die Carmelot-Spieler waren konzentriert in der Abwehr und verhinderten, dass die St. Alberts Spieler ungehindert an ihnen vorbeikamen. Auf einmal kam einer der Trampeltiere angelaufen, bekam den Ball und setzte zu einem Sprungwurf an. Sie schaffte es gerade einmal zehn Zentimeter hoch zu springen und nicht sehr überraschend blockten Nora und Sandra den Wurf ab. Der Ball prallte ab, fiel Annika in die Hände und schnell warf sie ihn Megan zu, die schon längst nach vorne gesprintet war. Sie ergriff den Ball und auch sie konnte frei ein Tor erzielen. 

Zwei zu null, ohne selber einen Angriff gestartet zu haben.

Annika warf Nick einen Blick zu. Er stand mit verschränkten Armen da und betrachtete das Geschehen. Er konnte zufrieden sein. Sie setzten das um, was er von ihnen verlangt hatte.

St. Alberts schien jetzt schon verbittert zu sein. Tatsächlich erzielten sie ein Tor, als eine Sperre gesetzt wurde und Sandras Gegenüber durch die Lücke donnerte. Die wenigen angereisten Zuschauer von St. Alberts jubelten halbherzig, während Nora und ihre Mannschaft sich für ihren ersten richtigen Angriff bereitstellten.

Ihr Spiel war deutlich schneller als St. Alberts. Sie passten den Ball durch die Reihe, Tanja lief am Kreis ein, was für gehörige Verwirrung sorgte und Nora schmetterte den Ball mit einem Unterhandwurf in das obere Eck des Tores.

So einfach ging das.

Jubelnd liefen die Spieler in die Abwehr zurück und rüsteten sich für einen erneuten Angriff von St. Alberts. Ihre Trainerin schrie und fluchte jetzt schon auf der Bank und wedelte mit der Time Out Karte, als würde sie jeden Moment das Spiel unterbrechen wollen. Ihr schwante wahrscheinlich schon, wie dieses Spiel ausgehen würde.

Nach zwanzig Minuten stand es zwölf zu fünf für die Carmelot-Schule. Sechs der zwölf Tore waren durch Konterstöße zustande gekommen. Die St. Alberts-Spieler waren frustriert und legten physisch einen Zahn zu. 

Sie waren wieder im Angriff und versuchten mit aller Kraft durch die Abwehr zu kommen. Sie wurden immer genervter, immer aggressiver. Sie schnauzten sich gegenseitig an, wurden von ihrer Trainerin zur Sau gemacht und waren halb am Aufgeben. 

Annikas Gegenüber bekam den Ball und bretterte in einem verzweifelten Versuch schreiend auf die Lücke zwischen ihr und Nora zu. Flink stellten sie sich in den Weg, wurden beide jedoch mit voller Wucht umgehauen. Während Nora nur an der Schulter getroffen wurde und sich im Sturz noch abfangen konnte, hatte Annika die volle Breitseite abbekommen. Sie fiel mit vollem Karacho nach hinten, landete hart auf ihrem Rücken, schlug den Kopf auf und spürte im gleichen Moment das Blut, das von ihrer pochenden Lippe rann. Als wäre das nicht genug, stolperte die Gegenspielerin noch über Annikas Finger und fiel halb auf ihre Hüfte und ihrem Knie drauf.

Spiel der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt