Liebesdreher

25.5K 1.5K 185
                                    

Natürlich habe ich genau dann, wenn ich euch eine Lesenacht in Aussicht stelle, so viel um die Ohren, dass ich kaum was zu Papier kriege... Aber jetzt kann's los gehen :D (Ich hoffe ihr verzeiht mir :b <3)
___________________

Schwer atmend bückte Annika sich nach dem Ball, der sich im Netz des Tores verheddert hatte. Dann richtete sie sich wieder auf, drehte sich zum Tor am anderen Ende der Halle und lief dribbelnd darauf zu. Sie sprang ab, warf und traf die Innenseite des Pfostens.

Tor.

Wieder bückte sie sich nach dem Ball, wieder drehte sie sich zum anderen Tor, doch diesmal blieb sie stehen und dribbelte lustlos vor sich hin. Das dumpfe Geräusch des Balles, der auf dem Boden aufkam, hallte gegen die hohen Seitenwände wider. Das daraus resultierende Echo wirkte ohrenbetäubend.

Sie war ganz alleine in der Sporthalle, um sich auf das bevorstehende Training vorzubereiten. Sie wollte bereit sein, wenn Nick jeden Moment durch die Tür kam und sie trainieren sollte. Sie wollte nicht die erste viertel Stunde damit verbringen, ihren Puls wieder zu beruhigen oder sich auf seine Anwesenheit einzustellen.

Müde ging sie zum Geräteraum und holte eine gelbe Hindernisstange hervor, die sie mit sich zum anderen Tor schleifte. Sie stellte sie links vor das Tor, ziemlich auf der Höhe des Pfostens, aber einen halben Meter davon entfernt. Dann positionierte sie sich auf links außen. Es war mal wieder an der Zeit einen Dreher zu üben.

Mit einem Dreher ein Tor zu erzielen, galt in der Handballwelt als Königsdisziplin. Es forderte Feingefühl und haarscharfe Technik. Beim Dreher versetzte man den Ball beim Wurf so in Rotation, dass er die Richtung änderte, nachdem er auf dem Boden aufkam. Diese Methode war besonders bei den Außenspielern sehr gefragt, die meist von spitzen Winkeln warfen. Der Ball kam ungefähr seitlich neben dem Torwart auf dem Boden auf und sprang dann hinter ihm ins Tor. Einfach nur göttlich.

Annika hatte selten in einem Spiel einen Dreher verwendet, trotzdem wollte sie auch diese Disziplin bis zur Perfektion beherrschen. Die Hindernisstange musste jetzt also einfach als Torwart herhalten.

Nach zahlreichen Versuchen war sie mit ihren Übungen zufrieden. Ihr Handgelenk war ein wenig eingerostet, aber die Technik hatte sie nicht verlernt.

Ein letztes Mal stellte sie sich in Position, als sie hörte, wie hinter ihr die Hallentür aufging. Das sofortige Knistern auf ihrer Haut ließ sie ahnen, wer soeben die Halle betreten hatte. Sie vollführte erst einen nahezu perfekten Dreher und holte dann ihren Ball aus dem Tor, bevor sie sich zu Nick umdrehte, der mit den Händen in den Hosentaschen da stand und sie neugierig beobachtete. In dieser riesigen leeren Halle, wirkten sie wie Ameisen. Und trotzdem füllte Nicks Anwesenheit den gesamten Raum aus.

„Nicht schlecht", meinte er anerkennend und ging einige Schritte auf sie zu. Ihr Herz flatterte wie verrückt, als sie ihn einfach nur ansah, wie er ihr immer näher kam. Die Liebe zu ihm überrollte sie in dem Moment und machte sie unfähig, irgendetwas zu sagen. Doch wo sonst sollte die Erkenntnis, dass sie ihn liebte, sie auch treffen, wenn nicht hier in der Sporthalle?

„Kannst du auch einen Luftdreher machen?", fragte er und musterte sie ruhig. Ein Luftdreher war ein Wurf, bei dem der Ball die Flugrichtung ein wenig änderte. Das sah man im Fußball oft bei Freistößen, im Handball aber mehr als selten. Wenn ein Dreher die Königsdisziplin war, dann war ein Luftdreher die majestätische Variante davon.

Langsam schüttelte Annika den Kopf. „Das habe ich leider nie gelernt", sagte sie ehrlich. „Du?" Eigentlich war die Frage überflüssig; sie war sich ziemlich sicher, dass Nick so gut wie alle Wurftechniken beherrschte.

„Naja, es klappt so ungefähr ein Mal bei zehn Versuchen oder so", antwortete er ehrlich und lächelte dabei irgendwie unbeschwert und jungenhaft. Ohne dabei, eine Fassade aufrechtzuerhalten.

Spiel der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt