Egoistische Ereignisse

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"Hey", sagte sie langsam und ihre Lippen verzogen sich zu einem vorsichtigen, aber zuversichtlichen Lächeln.

Sie machte die Tür weiter auf und Nick betrat das Cottage ohne seinen Blick von ihr abzuwenden. Die anderen waren schon weiter ins Wohnzimmer gegangen, weshalb sie jetzt alleine im Flur standen und sich ansahen.

Annika fühlte sich so erleichtert und glücklich, dass sie kurz davor war, in Tränen auszubrechen. Was tat er hier? Wieso hatte er nicht gesagt, dass er kam?

"Nick", flüsterte sie und realisierte dabei, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Wie falsch es sich anfühlte, keinen Kontakt zu ihm zu haben. "Was machst..."

"Shhht", hauchte er, zog sie ein klein wenig zu sich und ließ den Blick über ihren Körper schweifen. "Nicht jetzt", flüsterte er sanft. Annika nickte langsam, plötzlich verlegen wegen seiner Nähe. Sie hatte nie im Leben damit gerechnet, dass er nach Cornwall kommen würde. Sie war überhaupt nicht vorbereitet.

Unsicher rückte sie ihren Pulli zurecht, in dem sie sich auf einmal formlos und unfeminin vorkam. Doch Nick lächelte unbeirrt, auch als er seine Tasche abstellte und seine Jacke und Schuhe auszog.

"Hattet ihr eine angenehme Fahrt?", fragte sie und verschränkte nervös die Arme vor der Brust, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte. Ihre Hände waren kalt, ihr Körper wie unter Strom. Sie hatte tausend Fragen, aber wenn er nicht jetzt darüber reden wollte...

Nicks Lächeln wurde breiter und sie bekam ein klein wenig das Gefühl, dass er sie auslachte. Es war doch unnatürlich, jetzt einen auf Smalltalk zu machen, wenn so viel unbesprochen zwischen ihnen stand?

"Nick!" Caro kam in den Flur und strahlte bis über beide Ohren. "Da bist du ja. Willkommen in Cornwall!", sagte sie und umarmte ihn zur Begrüßung. Über seine Schulter hinweg zwinkerte sie Annika zu, die auf einmal verstand.

Caro hatte es gewusst.

Sie hatte es geplant!

Wieso hatte sie nichts gesagt? Hatte sie gedacht, dass Annika ihn abweisen würde? Wenn sie es gewusst hätte, hätte sie sich wenigstens darauf einstellen können.

"Das Essen ist fertig, also kommt jetzt", herrschte sie sogleich weiter und ließ den beiden keine Zeit, noch alleine zu sein.

"Komm." Nick legte seine Hand in Annikas Rücken und sie zeigte den Weg ins Wohnzimmer.

"Ich hole noch schnell einen Teller und Besteck", murmelte sie, als sie auf den Tisch sah, der nur für vier Personen gedeckt war. Caro hatte ihre gespielte Unwissenheit bis zur letzten Minute ausgeführt.

Mit klopfendem Herzen ging sie in die Küche, mit zitternden Händen nahm sie einen Teller, ein Messer und eine Gabel. Vorsichtig atmete sie tief durch.

Nick war hier. Er war tatsächlich gekommen.

Das konnte nur bedeuten, dass er ihnen noch eine Chance geben wollte. Dass sie vielleicht endlich die Dinge zwischen ihnen klären konnten.

Endlich.

Hier war die benötigte Ruhe, die benötigte Zeit, um sich auszusprechen.

Dass Caro das geplant hatte und auch Gab und Simon davon wussten, bedeutete aber auch, dass sie sich darüber im Klaren waren, wo Nick und sie gerade standen. Irgendwie war ihr das peinlich. Sie wollte eigentlich keine Zuschauer, wenn sie sich endlich komplett mit Nick versöhnte.

"Entspann dich", flüsterte er plötzlich dicht hinter ihr und sie erschrak, da sie nicht gehört hatte, wie er die Küche betreten hatte. Sie spürte seine Hände an ihren Hüften, als er sich an der Küchentheke vor ihr abstützte. Langsam drehte sie sich zu ihm um und versuchte, seinen Rat umzusetzen. So dicht wie er vor ihr stand, war das jedoch ziemlich schwer.

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