Neue beste Freundin?

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Lillys p.o.v.

Ich weiß nicht, woran es lag, dass ich Olivia so viel enthüllt hatte.
War es, weil ich mich an Rias Worte erinnert hatte? Kurz bevor wir uns getrennt hatten, hatte ich sie noch etwas gefragt.

"Ria.", meine Stimme klang immer noch so leblos, leise.
Und doch hörte sie mich.
"Ja?", fragend sah sie mich an.
Es dauerte, bis ich die Frage formulieren konnte. Aber irgendwie interessierte es mich, drang durch den Nebel um mich herum.
"Wie schaffst du es, so stark zu sein? Ich meine, wie schaffst du es, zu kämpfen?"
Für einen Moment blickte sie mich nur stumm an. Sie schien nicht mich zu sehen, sondern etwas, das weit weg lag.
Dann fokussierte sich ihr Blick wieder. Ruhig sah sie mich an.
"Was bleibt einem denn anderes übrig als zu kämpfen?", fragte sie.
"Lieber sterbe ich in dem Wissen, dass ich gekämpft habe, alles gegeben habe als in dem Wissen, dass ich aufgegeben habe, ohne zu wissen, ob ich Erfolg haben könnte."
Sie zuckte mit den Achseln.
"Es ist nicht leicht zu kämpfen. Aber wenn du es nicht tust, wird sich wahrscheinlich nichts ändern. Die Chancen, dass sich etwas ändert, stehen viel höher, wenn du etwas tust. Ich habe schon lange aufgehört, an Wunder zu glauben. Ich glaube nur noch an mich."
Ernst sah sie mich an.
"Und das solltest du auch tun, Lilly."

Der Nebel, der mich gestern gefangen gehalten hatte, war nicht über Nacht verschwunden.
Die tröstende Dunkelheit hatte ihn nicht einfach vertrieben.
Er war immer noch da. Noch immer umhüllte er mein Herz. Aber er war nicht mehr so undurchdringlich wie zuvor.
Er hatte sich ein wenig gelichtet.

Ich wusste es nicht, aber ich glaubte, Olivia spielte dabei keine kleine Rolle.
Sie sprühte solch eine Lebensfreude aus, behandelte mich nicht, als wäre ich minderwertig oder so.
Sie war wie ein Sonnenstrahl, der durch den Nebel in mir strahlte.

Ich hatte sie ja nie sonderlich gemocht. Am Anfang hatte ich sie beinahe schon verachtet. Ich hatte nicht verstanden, wieso sie Alesssandro nicht akzeptierte. Schließlich schienen ihre Eltern okay zu sein. Ihr Rudel genauso.
Sie schien also eine gute Kindheit gehabt zu haben, anders als ich.
Wieso sollte sie Alessandro also nicht akzeptieren?
Ich hatte nicht über meinen eigenen Tellerrand hinausgeschaut. War nicht auf die Idee gekommen, dass es noch andere Dinge geben konnte, die einen daran hindern konnten, seinen Mate zu akzeptieren.
Wer weiß, ist es nicht immer so? Dass man nur das Äußere sieht. Und sich so vorschnell ein Urteil bildet, obwohl dies angesichts der Tatsache, dass man nicht alles sehen kann, gar nicht gerechtfertigt ist.

Nun, schließlich war mir dann ja klar geworden, dass Olivia einfach nur total selbstlos war.
Auch jetzt zeigte sich diese Eigenschaft wieder. Sie würde wirklich eine hervorragende Luna werden.
Sie kümmerte sich um mich, obwohl sie es nicht musste. Obwohl wir uns nicht einmal richtig leiden konnten.
Allerdings fragte ich mich so langsam, ob das überhaupt noch zutraf.

Olivia war seit langer Zeit eine der wenigen, die bereit war, mir zu helfen.
Die es tatsächlich tat. Klar, Ben und Macella hatten mir auch helfen wollen, ich hatte sie nur nicht gelassen. Ich war noch nicht bereit dazu gewesen.
Und doch...ich wusste nicht genau, was es war...aber Olivia hatte so etwas an sich, was mir das Gefühl gab, dass sie eine von den Guten war.
Dass sie vertrauenswürdig war. Zuverlässig.
Eine von diesen Personen, die es lange zu suchen galt.

Sie hatte nicht nur wegen mir einen Tag frei genommen, hatte mir nicht nur ein Ohr zum Zuhören angeboten, nein, sie half mir jetzt auch noch, mir einen Plan zurechtzulegen, wie es weitergehen sollte.

"Also....", Olivia hatte ein Word-Dokument geöffnet und tippte nun nachdenklich mit dem Fingernagel auf die Touch-Fläche des Laptops.
"Vielleicht schreiben wir uns erst einmal auf, was zwischen dir und deinem Glück steht, okay?"

I wanna be free, MateWhere stories live. Discover now