Mädelszeit

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Lillys p.o.v.

Letztendlich hatten wir uns dazu entschlossen, Marvel Filme zu gucken. Gerade waren wir bei einem Film zu Thor, den ich zwar schon gesehen hatte, aber hey, die Marvel Filme konnte man schließlich nicht oft genug sehen, oder?

Es war eine gute Ablenkung von allem.
Zwar spürte ich, dass Olivia darauf wartete, dass ich begann, mir alles von der Seele zu reden, aber das war nicht so einfach.
Es war vielleicht dumm, aber ich hatte jahrelang alles für mich behalten. Ich konnte also mit Recht behaupten, wenn ich sagte, dass es mir nicht gerade leicht fiel, etwas von meiner Vergangenheit zu erzählen.

Im Nachhinein kann ich nicht sagen, woran es lag. Aber je länger wir den Film sahen und Olivia mir immer wieder Blicke von der Seite zuwarf....ich weiß nicht, ob es wirklich daran lag, oder einfach an dem simplen Fakt, dass sich mit der Zeit so viel in mir angestaut hatte, dass es einfach rausmusste.
Jedenfalls machte ich irgendwann den Mund auf.

"Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.", sagte ich schließlich leise.
Olivia wusste sofort, was ich meinte.

"Wie wäre es mit dem Anfang?", fragte sie mitfühlend.

Ich sah immer noch auf den Fernsehbildschirm. Es fiel mir so einfach leichter, zu reden.
Ich konnte mir beinah einreden, sie wäre nicht da.
Als würde ich mit dem Fernseher sprechen.
Außerdem musste ich mich so nicht dem Mitleid in ihren Augen stellen.

Ich dachte nach. Was war denn der Anfang von allem?
War es der Tag, als ich zum ersten Mal meine Gabe entdeckte?
Oder der Tag, als meine Eltern mich einfach so Damien übergaben?
Vielleicht war es auch der Tag, als ich zum ersten Mal jemanden folterte?

Letztendlich entschied ich mich einfach von ganz vorne anzufangen.

"Mein ehemaliges Rudel ist nicht so wie Alesssandros oder wie deins, Olivia. Das bloody Death Rudel ist grausam. Die Alpha-Familie herrscht wie früher eine Königsfamilie geherrscht hat, nur noch grausamer. Wir waren praktisch ihre Sklaven. Und wir haben nichts dagegen getan. Wir hatten einfach zu viel Angst, gegen sie zu rebellieren. Das konnten sie nämlich richtig gut: Angst einjagen."

Ich lachte bitter auf.

"Man konnte gut überleben, wenn man unsichtbar war. Wenn man nicht auffiel, alles machte, was von einem verlangt wurde, dann war alles gut. Tja. Aber manchmal kann man nicht selbst entscheiden. Manchmal entscheidet das Schicksal für einen."

Bis heute fragte ich mich, warum ich diese Gabe hatte. Sie hatte meine Unsichtbarkeit zerstört.
Und noch so viel mehr.
Warum ich? Womit verdiente ich das? So oft hatte ich mir diese Fragen gestellt. Und nie eine Antwort erhalten.
Es dauerte, bis ich wieder weitersprach.
Mein Blick war immer noch auf den Fernseher gerichtet, und doch irgendwie auch nicht.
Vor mir sah ich wieder mein altes Zuhause. Mitten im Wald hatte Damiens Familie Häuser aufstellen lassen. Das Grundstück gehörte schon lange ihnen.
Es war ein schöner Ort. Und doch war er überschattet von der Grausamkeit, die sich dort abspielte.

"Meine Familie und ich waren perfekt darin, unsichtbar zu sein. Na ja, bis zu dem Tag, als ich herausfand, dass ich eine Gabe habe."

Olivia musste überrascht sein, doch sie unterbrach mich nicht. Kein einziger Mucks entkam ihr, während ich redete.
Es war fast so, als wäre sie gar nicht da.
Und irgendwie machte es das leichter.
Auch je länger ich sprach, desto leichter gingen mir die Worte über die Lippen.
Jetzt wo die Schleuse geöffnet war, flossen sie nur so heraus.

"Damien und seine Familie wurden auf mich aufmerksam. Meine Gabe ist nicht schlecht. Sie kann auch Gutes bewirken. Glaube ich zumindest. Ich hatte nicht gerade die Möglichkeit, es herauszufinden. Damien sah seine Chance darin, mehr Macht und noch mehr Angst zu verbreiten, wenn er mich und damit meine Gabe an seiner Seite hatte. Und ich hatte ihm ja immer gehorcht. Hatte immer getan, was er wollte. Ich wusste, dass er die Leute hart bestraft, die sich ihm und seinem Willen verweigern. Selbst bei kleinen Dingen. Seine Köchin hat einmal die Suppe versalzen. Am nächsten Tag konnte sie nicht mehr ohne Schmerzen gehen."

I wanna be free, MateWhere stories live. Discover now