1. Treffen

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Damiens p.o.v.

Ich traute Lilly nicht. Gerade eben noch hatte sie sich umbringen wollen - umbringen, verdammt! - und jetzt war plötzlich alles wieder okay?
Natürlich. Weil das auch so einfach ging.

Nein, ich hatte sie vielleicht vor dem Fall bewahrt, aber sie stand immer noch nahe am Abgrund.
So war sie mir nicht nützlich. Ich brauchte Lilly stark, zwar nicht stark genug, um sich mir zu widersetzen, aber auch auf keinen Fall schwach.

Noch immer war ich schockiert. Ich hatte nie damit gerechnet, dass es so weit kommen könnte.
Wäre ich eine Sekunde zu spät gekommen...ich wollte es mir gar nicht vorstellen.
All meine Pläne wären zunichte gewesen.

Hoffentlich schaffte ich es irgendwie, sie wieder genügend aufzubauen.
Wenn ich Glück hatte, hatte es auch einen positiven Nebeneffekt auf sie gehabt, als ich sie gerettet hatte, nämlich dass sie nun eher geneigt war, mir zu vertrauen.

Mittels Internet hatte ich mich ein wenig über Hypnose schlau gemacht.
Es würde nicht einfach werden. Aber machbar, besonders für mich, der letztendlich immer bekam, was er wollte.
Nun, leider würde der Prozess langwieriger sein, als ich es mir gewünscht hätte.

Lilly musste sich geborgen und sicher fühlen, wenn ich sie hypnotisierte.
Tja, wie ihre Panikattacke vorhin bewiesen hatte, waren wir bei weitem noch nicht an diesem Punkt.
Aber ich war zuversichtlich, sie so weit zu bringen.

Immer wieder warf ich ihr verstohlene Blicke zu. Auf den ersten Blick sah sie normal aus. Aber wenn man genauer hinsah, konnte man die leichte Anspannung in ihren Schultern und ihrem Kiefer sehen.
Und dann waren da noch ihre Augen. Man musste gut sein, um den Schatten in ihnen erkennen zu können.
Die meisten würden an ihr wahrscheinlich nichts bemerken.
Aber ich hatte mir früh angewöhnt, genau hinzusehen. Jeder verriet sich schon durch die kleinsten Zeichen, man musste nur lernen, sie zu erkennen und richtig zu deuten.

Besonders als Alpha war diese Fähigkeit wichtig.
Schließlich musste ich wissen, welche Leute innerlich gegen mich rebellierten und sich meiner Kontrolle entziehen wollten.
Ich musste wissen, bei wem ich aufzupassen hatte und wer gänzlich von der Angst, die ich verbreitete, eingenommen war.

Lilly war eine derjenigen gewesen, die ganz von ihrer Angst beherrscht gewesen war.
Leicht zu kontrollieren.
Doch obwohl nur wenige Monate nach ihrer Flucht vergangen waren, in Anbetracht der vielen Jahre bei mir und meinem Rudel eine lächerlich geringe Zeit, hatte sie sich verändert.

Sie mochte noch von ihrer Vergangenheit heimgesucht werden, aber sie ließ sich nicht mehr so sehr von ihrer Angst beherrschen wie früher.
Wenn sie sich nicht verändert hatte, hätte ich nur einmal mit dem kleinen Finger winken müssen und sie wäre zu mir gekommen.
Doch das hatte sie nicht getan.

Ich war mir sicher zu wissen, woran es lag.
Diese kurze Zeit mit ihrem Mate hatte ihr einen Teil der Stärke zurück gegeben, die schon immer in ihr geschlummert hatte.
Umso erstaunlicher war es, dass sie bereit gewesen war, ihr Leben auszulöschen.
Nur wegen ihres Mates. Er hatte eine unglaubliche Macht über sie. Eine Macht, die ich gerne hätte.

Aber was soll's, ich würde auch so zu meinem Ziel gelangen.
Ich hatte es geschafft, sie von ihrem Suizidversuch abzubringen. Vorerst. Ich war mir nicht sicher, ob sie es nicht wieder tun würde.

Verdammt, überhaupt war es knapp gewesen.
Zufällig war ich in dem Gang gewesen, in dem Lilly diese Veronika fertig gemacht hatte. Ich hatte mit angesehen, wie sie Ben nachgelaufen war.
Ich war den beiden unauffällig gefolgt, aber nur bis zum Waldrand, damit sie mich nicht bemerkten.

Ich hatte nicht geglaubt, dass Lilly zurück zur Schule gehen würde, also war alles, was ich hatte tun müssen, abzuwarten gewesen.
Und das hatte ich getan, kaum war Ben an mir vorbeimarschiert und außer Hörweite hatte ich Lilly angerufen und war langsam zu ihr gelaufen.
Es war alles so verdammt knapp gewesen.
Ich hätte nie damit gerechnet, dass sie so etwas tun würde.

I wanna be free, MateHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin